LebensStücke

LebensStücke in Bild und Text

Sonja Still und Sabina Bockemühl (v.l.) bei der Vernissage am Donnerstagabend. Foto: Isabella Krobisch

Ausstellung in Miesbach mit Buchvorstellung

Mit ihrem Kunstprojekt „LebensStücke“ haben Sabina Bockemühl und Sonja Still ein Gemeinschaftswerk geschaffen, das Betrachtende aus zwei Perspektiven anspricht. Sie erzählen berührende Geschichten vom Leben in all seinen Facetten.

Das Kunstprojekt ist für Interessierte in zwei Formaten verfügbar. Zum einen lädt die Ausstellung in der Galerie im Kulturzentrum Waitzinger Keller zum Verweilen vor den Bildern von Sabina Bockemühl ein, zum anderen ist das Buch mit den Geschichten von Sonja Still als Begleitung erhältlich.

Die Gäste der Vernissage durften beides erleben, Bilder betrachten und die dazugehörigen Texte hören, das Ganze stimmig begleitet von Nestan Heberger und Sarah Kober, dem Duo Millefleur an Klavier und Saxofon.

LebensStücke Nestan Heberger und Sarah Kober – Duo Millefleur. Foto: Isabella Krobisch

Miesbachs Bürgermeister Dr. Gerhard Braunmiller sprach in seiner Begrüßung von einer besonderen Veranstaltung, einer Vernissage mit Lesung. Besonders ist auch der Entstehungsprozess dieses Projektes, den die beiden Protagonistinnen launig in ihrem Face-to-face-Gespräch erzählten.

Zunächst habe man sich sympathisch gefunden, dann habe Sonja erfrischend anders über Sabina geschrieben und so entstand eine Freundschaft. Und dann kam die Pandemie.

LebensStücke
24 Bilder in 40×40 cm. Foto: MZ

„Wie überleben“, habe sie sich gefragt, sagte die Malerin Sabina Bockemühl, die üblicherweise in großen Formaten tätig ist und in Ausstellungen und als Dozentin den Diskurs mit Menschen führt. Sie habe sich entschieden, in dieser Zeit kleine Formate zu malen, 40 mal 40 Zentimeter, berichtete sie. Und um diese Bilder an die Öffentlichkeit zu bringen, habe sie sich entschieden, über eine Online-Plattform die Bilder zu versteigern.

„Seitdem wird alle 14 Tage ein Bild versteigert“, sagte die Künstlerin. „Hier sehen Sie 71 Reproduktionen dieser Arbeiten, die schon Käufer gefunden haben.“


21 Bilder im Kleinformat. Foto: MZ

Eigentlich, so ergänzte Sonja Still, habe sie zu diesen Arbeiten für einen Katalog erklärende Texte schreiben sollen, aber das habe nicht funktioniert. Sie hätte sich dann in das Übliche „wir sehen was und reden, ohne dass wir was wissen“ einreihen müssen.

Geschichten, die beim Betrachten entstehen

Deshalb sei die Idee entstanden, dass sie ihre jeweilige Geschichte erzählt, die ihr beim Betrachten der Bilder einfällt. Das könne durchaus auch ein Kontrast zum Bild sein, sagte Sonja Still, wie etwa bei dem Bild vom Mann mit dem Kind am Meer, bei dem sie die Assoziation Ukraine hatte. Ein bitterer, trauriger, wütender Text.


Buch „LebensStücke“. Foto: MZ

Im Buch sind 55 der kleinformatigen Arbeiten von Sabine Bockemühl mit den Kurzgeschichten von Sonja Still vereint. Am Ende sind diese Texte auch in englischer Sprache, übersetzt von Heidi Grüger, verfügbar.

Die Pandemie habe sich besonders auf ihre Texte ausgewirkt, denn sie habe in dieser Zeit Abschied nehmen müssen, sagte die Autorin. So ist auch die Geschichte zum Bild „Brücke ins Licht“ besonders berührend, die sie mit einigen anderen zur Vernissage verlas.

LebensStücke Sonja Still liest ihre Texte. Foto: Isabella Krobisch

„Du bist nicht weg. Nur nicht sichtbar“, schreibt Sonja Still zu demjenigen, der jetzt auf der anderen Seite ist, der den Raum gewechselt hat. Und sie fragt: „Hast Du Deinen Lebensplan erfüllt? Kannst Du mir sagen, was ich noch tun muss, damit ich meinen schaffe?“ Das Zwiegespräch, der Gruß, das Licht, die Brücke hinüber, das zählt.

Rollende Steine

Es gibt aber auch heitere Geschichten, etwa die vom „Girlie“, in der sich Nelly unter die Decke an Keith schmiegt, obwohl sie gerade von Mick kommt und so kommt der Stein ins Rollen.


Aufgang zur Kunstgalerie. Foto: MZ

Jede einzelne Geschichte des Buches „LebensStücke“ ist es wert, achtsam gelesen zu werden. Und jedes einzelne Bild dazu ist es wert achtsam betrachtet zu werden, eigene Geschichten entstehen dabei im Kopf oder Herzen, die sich nicht inhaltlich mit denen von Sonja Still decken müssen.

Figurative Malerei

Jedes Bild berührt in seiner Weise in der starken expressionistischen Malweise Sabina Bockemühls. Ihre figurative Malerei macht es dem Betrachtenden leicht, hineinzuspazieren, denn die Künstlerin gibt zwar die Motive vor, lässt aber reichlich Spielraum für eigene Assoziationen.


Was wäre, wenn? Foto: MZ

Da sind Bilder der Prominenten, etwa von John Lennon, der auch als großformatiges Bild im Treppenhaus zu sehen ist. Wenn ihm Marc Chapman nicht begegnet wäre, dann würde er vielleicht heute Wladimir und Wolodymyr einladen zum gemeinsamen Singen von „Give peace a chance.“ Welch wunderbare Idee.

Da ist die Queen und da ist Gorbatschow, da ist Frida Kahlo und Georg Harrison, aber es sind auch Bilder aus dem ganz normalen Leben, auf der Straße und am Strand, mit Maske unterwegs oder das Kind mit Christbaumkugeln. Geschichten aus dem Leben: LebensStücke.

Das Buch ist im Michael Imhof Verlag erschienen. Die Ausstellung im Kulturzentrum Waitzinger Keller ist bis zum 11. August Mo-Fr 9-13 Uhr, Do 14-16 Uhr, sowie bei Veranstaltungen zu sehen.

Zum Weiterlesen:
Joseph Stieler – der Maler in Bildern und Geschichten
Ein Bild als Fundament

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf