
Pater Paetz haut auf den Tisch
Holger Paetz als strenger Geistlicher Pater Paetz. Foto: Veranstalter
Kabarett in Waakirchen
Mit seiner berühmt-berüchtigten Buß- und Fastenpredigt als Pater Paetz ließ der bekannte Kabarettist Holger Paetz auch die Waakirchner Kleinkunstbühne nicht ungeschoren davonkommen und las „den politischen Pappnasen und Sich-selbst-Erhöhern“, wie er respektfrei über die Politprominenz urteilt, gehörig die Leviten. Als Geistlicher konnte er es sich erlauben, kräftig draufzuhauen und nichts und niemand zu schonen.
Es hat sich ja einiges aufgestaut in letzter Zeit. Und so konnte das Münchner Kabarett-Urgestein, das schon seit vielen Jahren den Oberen standpaukt und heimleuchtet, aus dem Vollen schöpfen. Seine Expertise holte er sich als vielfach ausgezeichneter Kabarettist, als Mitglied des Ensembles der Münchner Lach- und Schießgesellschaft und vor allem auch als langjähriger Schreiber des Singspiels beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg. Eine Koryphäe also, die es sich leisten kann, auf alles und jeden satirisch loszugehen, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Und deshalb kann er sein Programm völlig zu Recht „Fürchtet euch!“ nennen.
Der geistliche Kabarettist in Aktion. Fotos: Veranstalter
Hugo Eder, Chef der der Kleinkunstbühne, eröffnete den Abend kernig in kurzer Lederhose und einem Seidl Fastenbock von Hoppe Bräu. Das Vereinsheim des SV in Riedern diente als passende Location für die etwa 100 Freunde des gepflegten und messerscharfen Kabaretts. Der langjährige Vorsitzende konnte stolz verkünden, dass es weitergehen werde mit der Veranstaltungsreihe, dass das Jahresprogramm in trockenen Tüchern sei, dass pro Woche um die fünf Anfragen eintrudeln von Künstlern, die auftreten wollen, und dass sich so eine reichhaltige Auswahl ergebe.
Backenstreiche für die große Politik
Hugo Eder erzählte, dass der schlacksige Schwabinger zum ersten Mal im Jahr 2018 in Waakirchen auftrat, als er eine Auftrittsmöglichkeit für seine Vorpremiere im Passauer Scharfrichterhaus suchte. Seitdem ist er am Faschingsdienstag Stammgast in Waakirchen. Eder beschrieb den strengen „Geistlichen“ als witzig, gnadenlos, wortakrobatisch und als einen, der kein Blatt vor den Mund nehme. All dies sollte sich als genau richtig erweisen, zog der 72-Jährige doch ein zweistündiges Satirefeuerwerk vom Feinsten ab, das sich gewaschen hatte.
Veranstaltungsplakat. Foto: Veranstalter
Alle bekamen ihr Fett weg, auffällig war jedoch, dass er die Grünen verschonte und etwa Robert Habeck als einzigen Politiker bezeichnete, „der ohne Beleidigungen auskam und auch Fehler zugab“. Friedrich Merz bezeichnete er als „Mini-Trump“ und „längliches Rumpelstilzchen“ und gab ihm den Tipp, das viele jetzt fehlende Geld „am Ende eines Regenbogens“ zu suchen, wo es sich doch oft in einer großen Kiste befände. Über Markus Söder wagte der Pater eine steile These zum Willy Brandt imitierenden Kniefall in Warschau: Beim Besuch des Weihnachtsmarkts sei ihm seine Bratwurst heruntergefallen, die er dann auf Knien suchte und aufhob. Dabei sei er fotografiert und das Ganze mit KI bearbeitet und zusammen montiert worden.
Zu Hubert Aiwanger: Wenn man sagt, der habe einen Vogel, dann sei das zu kurz gegriffen: „Sein Kopf ist eine Volière!“ Wenn er an Sara Wagenknecht und die BSW denke, müsse er immer „an eine Rinderkrankheit“ denken. Außerdem sei sie eine „selbstverliebte Diva aus längst vergangenen Filmen. „Einen Osc(k)ar hat sie ja schon.“
Natürlich bekam auch Christian Lindner seinen „Backenstreich“ verpasst. „Er hat die FDP erfolgreich geführt – aus dem Bundestag hinaus. Er reißt eine große Lücke, die ihn völlig ersetzen wird!“ Bundeskanzler Scholz sei einer der wenigen Politiker, „der Reden mit geschlossenem Mund halten kann“ und „ein Kommunikationsgenie“. Bei ihm gelte eine alte indianische Weisheit: „Man kann lange vor einem Huhn sitzen und warten, bis es bellt.“
Der Pater mit vollem Körpereinsatz. Foto: RS
Zur AfD meinte er: „Die AfD aus Protest zu wählen ist so, wie wenn man in einem Restaurant aus dem Klo trinkt, weil der Wein nicht schmeckt!“ Und wegen Donald Trump, dem die „Washington Post“ acht Lügen am Tag nachwies, müsse er sein Programm täglich umschreiben bei all dem, was er in kurzen Abständen so von sich gibt.
Hohe Qualität als Sänger, Poet und Schauspieler
Doch es war nicht nur die große Politik, die in dem Satirefeuerwerk voller explosiver Humorraketen eine Rolle spielte. Es ging auch um Autos, das Anwohnerparken, um das Thema Gesundheit, genau gesagt um die Homöopathie, von der Holger Paetz meinte: „Je verdünnter, desto wirk!“ Das Abnehmen wurde ebenso thematisiert wie der für Deutschland enttäuschende Medaillenspiegel bei der Olympiade in Paris, um Doping und – wieder ernsthafter – um die Klimakonferenz 2024 in Aserbeidschan: „Das ist so, wie wenn man ein Veganertreffen im Schlachthof macht!“
Bei all den vielen Themen, die Holger Paetz in seiner Geistlichkeit mahnend anspricht: Immer tut er das als glänzender Redner und Rezitator, der mit Lautstärke, Sprechtempo und -dynamik virtuos spielt, der seine Mimik als fast ebenso scharfes Schwert einsetzt wie seine Worte und der auch als Schauspieler einiges zu bieten hat. Seine Sprache ist geschliffen, in seinen Gedichten wie etwa über die Münchner U-Bahn oder den deutschen Sommer lyrisch und literarisch. Im priesterlichen Gewand redet er sich manchmal schwer in Rage, um sogleich wieder eindringlich und ernst zu werden. Und dies alles mit beeindruckender Präsenz, immer sprachlich brillant und messerscharf auf die satirische Spitze getrieben.
Mit der Empfehlung „Fürchtet euch vor der Furcht, denn sie könnte euch ängstigen!“ beendete Pater Paetz einen erbaulichen und geistreichen Abend.
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