
„Politics“ – bewegende Bilder
Vorher/Nachher Politik, Acryl auf Leinwand, 2021. Foto: KK
Ausstellung in Bad Aibling
Eigentlich hätte die Ausstellung „Politics“ des zeitgenössischen Künstlers bereits vor einigen Jahren gezeigt werden sollen. Doch Corona kam dazwischen. Nun sind die Bilder im Rahmen der Max Mannheimer Kulturtage in der Galerie im Alten Feuerwehrhaus in Bad Aibling zu sehen – sie sind hochaktuell, aufwühlend und auf jeden Fall sehenswert.
Burkhart Braunbehrens, 1941 in Freiburg geboren, hat sich schon in jungen Jahren der bildenden Kunst verschrieben und Unterricht in Malerei bei Willi Geiger in München genommen. Nicht weniger leidenschaftlich verfolgt er zeit seines Lebens die deutsche und internationale Politik und mischt sich ein. Als Student engagierte sich Braunbehrens aktiv in der Freiburger Studentenbewegung, später in der politischen Linken und geriet dabei auch in Konflikt mit der Staatsgewalt, was ihm einige Monate Haft einbrachte.
Lesetipp: Max-Mannheimer-Kulturtage schlagen Brücken zur Gegenwart
Nach einer Tätigkeit als Industriearbeiter und Betriebsrat in Mannheim und Abschluss der Druckerlehre wandte er sich Anfang der 1980er-Jahre wieder verstärkt der bildenden Kunst zu und beteiligte sich an Ausstellungen im In- und Ausland. Schließlich richtete er sich 1985 ein Atelier in Ebertsheim bei Bad Dürkheim in einem alten Druckereigebäude ein, wo er bis heute lebt und wirkt.
Politisches Geschehen in der Bundesrepublik
1983, zeitgleich mit der von Helmut Kohl ausgegebenen Losung der „geistig-moralischen Wende“, begann Braunbehrens, das politische Geschehen in der Bundesrepublik in dokumentarischen Bildern einzufangen. Er selbst bezeichnet diese als „politics“ und setzt sie bis heute fort.
Kohl und Honecker, Aquarell, 1983. Foto: KK
Die Bilder zeigen oft Szenen, die dem Betrachter bekannt zu sein scheinen und an Pressefotos erinnern: Gruppenbilder von Politikertreffen oder Szenen aus der Bonner und Berliner Republik. Oft sind die Personen eindeutig identifizierbar, aber der Wiedererkennungseffekt stellt sich auch bei jenen Bildern ein, auf denen die Personen zwar in staatsmännischer Pose, aber „gesichtslos“ dargestellt sind. Allein die Körperhaltung und Position der dargestellten Figuren lassen den Betrachter die klischeehafte, wiederkehrende Situation erfassen. Die Bilder erinnern an Karikaturen, greifen wie diese Stereotypen auf.
Trauerversammlung, Aquarell, 1983. Foto: KK
Braunbehrens malt Aquarelle, allerdings verwendet er bewusst kein Aquarell-, sondern Zeichenpapier, auf dem die nassen Farben teilweise stark auslaufen. Die Motive sind dennoch deutlich erkennbar. Auch Bunt- oder Bleistift werden immer wieder eingesetzt. Durch zahlreiche eng aneinander gesetzte, gekritzelte Querstriche entstehen klar konturierte Gesichter, Körper oder auch mehr oder weniger gutsitzende Anzüge. Größere Bilder werden meist mit Acrylfarben auf Leinwand und oft in grellen, aufeinander abgestimmten Farben gemalt.
Honecker und Mielke machen rüber, Aquarell, 1991. Foto: KK
Aus diesem Fundus an Gemälden wurden etwa zwei Dutzend für die Aiblinger Ausstellung ausgewählt, die in Verbindung zu den Max Mannheimer Kulturtagen stehen. Entsprechend stark sind der Ausdruck und hochpolitisch die Themen: Gezeigt werden beispielsweise ein Diptychon zum KZ Neuengamme (1991), eine Friedensdemonstration in Frankfurt (1984) oder eine Szene aus dem Irakkrieg (1988).
KZ Neuengamme, Acryl auf Leinwand, 1997. Foto: KK
Daneben sind zahlreiche Politikerportraits zu sehen, wie das von Edmund Stoiber mit dem Titel „Das Leiden“ (2005), die Augen zugekniffen, die Hände aneinanderpresst, man meint, das Fingerknacken zu hören. Auch Helmut Kohl, ein dankbares Motiv für bildende Künstler, ist in mehreren Bildern, mal realistisch, mal karikiert, mal abstrakt dargestellt. Schließlich Angela Merkel, kurz vor einer Rede im Bundestag, mit Schutzmaske – da ist sie wieder, die Zeit der Corona-Pandemie.
Merkel rot, Aquarell, 2021. Foto: KK