Leben in einem Lied
Der Flügel steht bereit. Foto: Antonie Huber
Konzert in Warngau
Amadeus Wiesensee und Ansgar Theis gestalteten zum Jubiläum „10 Jahre Kultur in Warngau“ einen Liederabend. Im Mittelpunkt stand das romantische Kunstlied. Eine Gattung, die leider sehr in Vergessenheit geraten ist. Doch die Musiker brennen für diese Musik und ziehen damit auch das Publikum in deren Bann.
Es ist beinah nicht zu glauben, hier auf dem Land solch hochkarätige Musik erleben zu dürfen. Doch Amadeus Wiesensee, Klavierstudent an der Hochschule für Musik und Theater München, macht es möglich. Seit vielen Jahren gibt der gebürtige Waakirchner in der Adventszeit Konzerte im Warngauer Altwirtsaal. Obwohl der Pianist bereits weit über die Grenzen Deutschlands bekannt ist, kommt er immer noch alljährlich an seine alte Wirkungsstätte zurück und beglückt mit seinem Talent das ländliche Publikum.
Amadeus Wiesensee und Ansgar Theis (v.l.). Foto: Antonie Huber
Bisher war Amadeus Wiesensee immer als Klaviersolist im Landkreis unterwegs. Doch für das Jubiläumsjahr von „Kultur in Warngau“ wurde ein neues, ganz besonderes Format ins Programm aufgenommen: ein romantischer Liederabend. Zusammen mit seinem Studienkommilitonen, dem Baritonsänger Ansgar Theis, brachte Amadeus Wiesensee Kompositionen von Schumann, Debussy und Mahler zu Gehör.
Das Lied – die höchste Kunstform
Die beiden waren ganz offensichtlich völlig begeistert von der Musik, die sie dem Publikum vortrugen. In einführenden Worten sprach sich Amadeus Wiesensee überzeugend für diese ins Schattendasein verbannte musikalische Gattung aus, die im Grunde die größte Daseinsberechtigung in sich selbst trägt. Denn das Lied ist die kleinste Form einer in sich geschlossen Komposition. Es ist emotional vielschichtig. Es spricht für sich. Und „das Lied lügt nie“.
Der Bariton überzeugt mit seinen vielen stimmlichen Facetten. Foto: Antonie Huber
Eine große emotionale Vielschichtigkeit besitzen auch die Interpreten. Innerhalb weniger Sekunden stellen sie ihre Gefühlslage, dem Notentext entsprechend, komplett um. Denn in den meist sehr kurzen Liedern aus Robert Schumanns Liedzyklus „Dichterliebe“ sind sämtliche Aspekte der Liebe dargestellt. Ob es nun die verlorene Liebe in „Ich grolle nicht“ oder die hoffnungsstarke Sehnsucht in „Im schönen Monat Mai“ ist, Ansgar Theis weiß seine Stimme stets so geschickt einzusetzen, dass der Zuhörer die Intention des Komponisten definitiv versteht.
Klavier ist seine Passion. Foto: Antonie Huber
Eine ganz andere Art des Kunstliedes stand nach der Pause auf dem Programm. Claude Debussys Komposition „Trois poèmes de Stephane Mallarmé“ unterscheidet sich von Schumanns in hohem Maße. Die Melodien sind für den Zuhörer nur schwer eingänglich, die Klavierbegleitung wirkt etwas diffus. Umso erstaunlicher ist es, mit welcher Präzision die Musiker diese Lieder vortragen. Dadurch ist auch hier der Inhalt sehr gut verständlich.
Großes musikalisches Können
Trotz ihres noch sehr jungen Alters beweisen Amadeus Wiesensee und Ansgar Theis bereits große Souveränität. Sie agieren in einer perfekten Symbiose, die ohne Zeichen oder Blickkontakte funktioniert. Mit ihrer eindrucksvollen Musikalität und Stimmgewalt könnten sie selbstverständlich größere Konzertsäle mit ihrer Musik ausfüllen. Das Warngauer Publikum aber freut sich, dass sie auch hier ihr Gastspiel geben.
Musiker, die in ihrer Musik völlig aufgehen. Foto: Antonie Huber
Zum Schluss des Konzertes standen die „Rückert-Lieder“ von Gustav Mahler. Ein Zyklus, der verschiedene Stimmungen miteinander in Berührung bringt. Es ist vom künstlerischen Genie die Rede und vom lyrischen Ich, das in sich selbst den höchsten Zweck findet. Denn es lebt ausschließlich in seinem Lied. Ebenso sind Amadeus Wiesensee und Ansgar Theis an diesem Abend ausnahmslos im Kunstlied aufgegangen. Zum Träumen schön.