Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen?

Freuen sich über einen gelungenen Thementag „Künstliche Intelligenz“: Andreas Wolkenstein, Sebastian Schleidgen, Jaromir Konecny, Kulturbrückengründer Peter Coreth, Kuratorin Monika Ziegler, Tamara Trombitas (v.l.). Foto: Hannes Reisinger

Thementag in Fratres/NÖ

Der letzte diesjährige Thementag in der Kulturbrücke Fratres widmete sich der Frage „Künstliche Intelligenz – Fluch oder Segen für die Menschheit?“ Die von KulturVision e.V. gestaltete Veranstaltung beleuchtete das Thema unterhaltsam, in Austausch mit dem Publikum und ergänzte mit handgemachter Musik.

„Da lob‘ ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht“, eröffnete Tamara Trombitas den Nachmittag mit einem Lied von Reinhard Mey, in dem er auch heißt „Halt ein Stück Musik aus Fleisch und Blut“ und eins, das man auch bei Stromausfall hören kann. Die Musikerin bereicherte die Veranstaltung mit ihrer klangvollen Stimme und ausgewählten Liedern, die einen warmen Gegenpol zu dem technikaffinen Thema bildeten.

Künstliche Intelligenz
Tamara Trombitas erfreute mit handgemachter Musik. Foto: Hannes Reisinger

Technikaffin ist auch die Kunst, die zu diesem Thementag gezeigt wurde und den Start zu einer Kooperation zischen der Galerie Reinberg und der Kulturbrücke Fratres bildet. Die Bilder der Wiener Künstlerin Ana Vollwesen waren vorher in der Galerie ausgestellt und fanden jetzt ihren Platz im Stadel des Gutshofes. Sie erzeugten zum einen einen Spannungsbogen zu der präsenten afrikanischen Kunst und zum anderen präsentierten sie die Möglichkeit, Kunst mit Künstlicher Intelligenz zu erzeugen. Ana Vollwesen erzeugt einen Prompt, also eine Textnachricht und lässt die KI ein Bild generieren. Dieses verfeinert sie durch weitere Texte so lange, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden ist.

KI
Kunst von Ana Vollwesen, generiert mit Künstlicher Intelligenz. Foto: MZ

Lesetipp: Kunstformen werden überleben

Die Bilder polarisierten das Publikum. „Seelenlos“, die einen, „spannend“ oder „witzig“ die anderen.

Mit Jaromir Konecny war ein Vortragender eingeladen, der als Professor für KI nicht nur ein profunder Kenner des Themas ist, sondern auch ein begnadeter Science Slammer. Wer befürchtet hatte, bei seinem Thema tief in die Gesetze der neuronalen Netze einsteigen zu müssen, wurde angenehm überrascht, denn der Redner überraschte mit seiner humorvollen Präsentation, die dennoch eine Menge an Informationen enthielt.


Jaromir Konecny vor der KI-Kunst von Ana Vollwesen. Foto: Hannes Reisinger

Er unterschied „Mensch und Maschine“, etwa so: „Menschen lernen Wörter im Leben, Maschinen im Satzbau“. Die Maschine werte Billionen an Sätzen statistisch aus, dabei aber gehe die Fähigkeit zu überraschen verloren. „Maschinen können nur nachahmen, aber nicht interpretieren“, betonte er. Sie lernen aus allen Werken, die zur Verfügung stehen.

Während der Mensch aus seiner Erfahrung Schlussfolgerungen ziehe, könne dies die Maschine nur anhand vorhandener Sprachmodelle tun. Er zeigte das anhand eines Fotos, auf dem ein Mann seine Hand am Fahrrad hält, auf dem eine Person sitzt. Die KI sagt dazu: „Der Mann repariert das Fahrrad“, währenddessen jeder Mensch weiß „Der Mann schiebt das Fahrrad an“.


Der Vortragende faszinierte durch seinen Science Slam. Foto: Hannes Reisinger

Dennoch, die derzeitige Welt sei so voller komplexer Probleme, dass wir Lösungen nur mit KI schaffen. Der kreative Teil des Menschen betreffe dabei die Auswahl, das was wir fragen, das was wir beisteuern. Denn die KI liefere eben auch immer wieder Halluzinationen.

„Wir müssen alles extrem kritisch sehen, unser Denken und unsere Sinne schärfen“, forderte Jaromir Konecny. Als positives Beispiel für die Anwendung der KI nannte der Experte die Kernfusion. Mithilfe der KI könne das Problem vermutlich in drei Jahren gelöst werden, eine saubere Kernenergie zur Verfügung zu stellen.

Wer sich genauer informieren will, was KI kann und was nicht, wo die Grenzen sind und was Menschen besser als die KI können, dem sei sein Buch „Ist das intelligent oder kann das weg“ empfohlen.


Live-Podcast von Andreas Wolkenstein und Sebastian Schleidgen. Foto: Hannes Reisinger

Der zweite Teil wurde mit einem Film der ZDF-Reihe „Deep Fake Diary“ über Rosa Luxemburg eingeleitet. „Ein Leben für die Revolution“ zeichnet anhand von historischen Bildern und Aussagen einer Schauspielerin das Leben nach, wobei das Gesicht der Mimin mit KI generiert wurde, also ein Fake. Die beiden Philosophen Andreas Wolkenstein und Sebastian Schleidgen hatten diesen Film als Ausgangspunkt für ihr Gespräch ausgewählt. Seit eineinhalb Jahren haben die beiden Experten für Ethik der KI einen Podcast, den sie „Dissenspflege“ nennen, weil sie sich gepflegt streiten.


KI-generierte Rosa Luxemburg. Foto: Hannes Reisinger

In der Kulturbrücke Fratres boten sie als Premiere einen Live-Podcast, der jetzt im Netz abrufbar ist. Ihr erster Streitpunkt betraf die Frage inwieweit die Genese, also die Erzeugung eines Werkes für dessen Resultat von Bedeutung ist. Das KI-generierte Gesicht von Rosa Luxemburg erzeuge eine gewisse Nähe, da waren sie sich noch einig.

Spiele es aber eine Rolle bei Bildern, etwa wie denen von Ana Vollwesen, ob das ein echter Mensch oder eine KI produziert habe. Wichtig sei doch das Resultat. Nein, wichtig sei auch der Urheber und warum und wie das Werk entstanden sei. So spiele es doch bei einer traurigen Ballade durchaus eine Rolle, wenn man weiß, dass der Komponist in einer schwierigen Lebensphase gesteckt habe.

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Andreas Wolkenstein. Foto: Hannes Reisinger

Ein zweiter Punkt betraf die Frage, ob KI kreativ sei, ob sie Perplexität, also Überraschung erzeugen könne. „Es kann sein, dass mich die Nonnen in den Bildern schockieren“, hieß es, also durchaus überraschen, dies hänge von der Situation des Rezipienten ab. Allerdings, da waren sich beide einig, Neues könne KI nicht hervorbringen, sondern nur auf Vorhandenes zurückgreifen.

Dissens herrschte auch bei der Frage, ob Künstliche Intelligenz eine Intention habe. Konsens indes bei der Frage, ob KI gekennzeichnet werden muss. Insbesondere in der Technik müsse ein KI-Label darauf hinweisen. Dies halte dann wachsam, denn Menschen würden die Fähigkeit verlieren genau hinzuschauen. „Technik ist nicht unfehlbar“, war die Warnung.

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Sebastian Schleidgen im Austausch mit dem Publikum. Foto: Hannes Reisinger

Letztlich ging es um die Frage des Urheberrechtes. Auch da herrschte Konsens, man könne mit eigenen Texten einen wertvollen Beitrag leisten, allerdings hänge es immer davon ab, wofür sie dann benutzt würden.

In der Diskussion ging es um die Frage, dass Kunst Kommunikation bedeute, Künstliche Intelligenz aber davon weit entfernt sei. Sie sei sogar ein Sabotageakt an der Menschlichkeit.

So war es sinnvoll, dass Tamara Trombitas den Tag mit dem bekannten Lied von Reinhard Mey „Über den Wolken“ beschloss, in dem es heißt: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man, blieben darunter verborgen.“

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