
Von Zither-Maxl bis Frau Thomas Mann
Heimatführerin Elisabeth Schönleben lauscht dem Spiel des Zither-Maxl. Foto: IW
Jubiläum in Gmund
In Gmund gibt es zum Jubiläum der 950-Jahrfeier eine Ortsführung der besonderen Art. Die Tegernseer Heimatführer und die Gmunder Seegeister lassen gemeinsam an unterschiedlichen Stationen die Ortsgeschichte anhand von Theaterszenen aufleben.
„Was für ein Theater – 950 Jahre Gmund“ heißt die Führung mit Stationstheater, die die Tegernseer Heimatführerinnen und Heimatführer zusammen mit den Seegeistern entwickelten. Auf einem etwa anderthalbstündigen Spaziergang durch den Ort am Nordufer des Tegernsees lernen die Gäste der Führung auf kurzweilige Art die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse, Gmunder Erfindungen und Persönlichkeiten kennen.
Die ersten Sommerfrischler treffen am Gmunder Bahnhof ein. Foto: IW
Los geht’s am historischen Bahnhofsgebäude in Gmund, in dem sich auch die Tourist-Information befindet. Die ersten Sommerfrischler aus Berlin treffen ein und halten Ausschau nach den Gepäckträgern, sie wollen Urlaub machen am idyllischen Tegernsee. Aber es riecht ein wenig, mit der Landluft haben sie wohl nicht gerechnet. Im Jahr 1883 endete die Fahrt mit der Tegernsee Bahn aus München in Gmund, erst 1902 wurde die Strecke nach Tegernsee verlängert. Familie Thomas Mann, von der später noch zu hören sein wird, nahm auch die Tegernseer Bahn.
Der Kanzler und sein Architekt
Eher mit der Dienstlimousine reiste Ludwig Erhard an das Tor zum Tegernsee, wo er sich vom Gmunder Architekt Sep Ruf einen Bungalow bauen ließ, der übrigens auch den Kanzlerbungalow in Bonn plante. Warum es dem Kanzler des Wirtschaftswunders in Gmund so gut gefiel und welche Zigarren ihm die liebsten waren, lässt sich an der Ludwig-Erhard-Skulptur des Bildhauers Otto Wesendonck aus Waakirchen erfahren.
Pestträger vor der Totenkapelle – die Pest wütete grausam in Gmund. Foto: Bettina Prestel, Gemeinde Gmund
Aus welchem Grund die Pestkapelle auch Maria-Hilf-Kapelle und Kriegerkapelle heißt, darum geht es an der nächsten Station, an der man auch erfährt, dass nur neun Einwohner Gmunds dereinst den schwarzen Tod überlebten. Gleich daneben, im Schutz der Unterführung, werden weitere Gmunder Persönlichkeiten und Errungenschaften vorgestellt, wie der Turmuhrenbauer Johann Mannhardt – sie sind auf Wandgemälden verewigt. Doch, Vorsicht! Platz da! Ein nächster Pesttoter wird davongetragen, also besser weiter zur nächsten Station.
Heimatführerin Elisabeth Schönleben freut sich, dass die Totenkeuchel eine Station der besonderen Ortsführung ist. Foto: IW
Die Totenkeuchel am Gmunder Gemeindefriedhof wird nur zu besonderen Gelegenheiten oder Ortsführungsterminen geöffnet – natürlich auch zu dieser besonderen Tour. Auf dem Friedhof liegen auch berühmte Gmunder Bürger begraben, wie der Metzgersohn Max Obermayer, der die Miesbacher Alpenfleckviehzucht mit Rindern aus dem Schweizer Simmental begründete, die er auf mehreren Fußmärschen ins Oberland und schließlich sogar nach St. Petersburg führte.
Die erste Pipeline der Welt stammt aus Gmund
Ein weiterer verdienter Gmunder wird beim Rathaus lebendig: Hanns Reiffenstuel, der Erbauer der ersten Pipeline der Welt, präsentiert persönlich sein spektakuläres Projekt. Gemeinsam mit seinem Sohn Simon wurde er im Jahr 1617 mit dem Bau einer 32,5 Kilometer lange Soleleitung beauftragt. Und das sollte nicht ihr einziger herausragender technischer Verdienst bleiben.
Den Erbauer der ersten Pipeline der Welt treffen wir beim Reiffenstuelbrunnen am Rathaus. Foto: IW
Nicht technischer, sondern musikalischer Natur ist die nächste Station, an der der Zither-Maxl, Herzog Max in Bayern und Vater der berühmten Sisi, aus dem Nähkästchen plaudert und dazu auf seinem Lieblingsinstrument spielt. Nach ihm ist der Gasthof Maximilian in Gmund benannt, von wo es weiter zum Jagerhaus geht.
Beim Jagerhaus fliegen die Fäuste: Jager und Wilderer geraten aneinander. Foto: IW
Dort bloß nicht in ein hitziges Handgemenge geraten! Die Jägerschlacht im Grund 1833 und das Leben des „wilden Jagers von Gmund“ sind Gegenstand dieser vorletzten Station. Das Museum im Jagerhaus ist im Anschluss der Tour auf jeden Fall noch einen Besuch wert, aber zuvor geht es noch hinab zur Mangfall, wo an der Statue des Schriftstellers und seines Hundes schon Frau Thomas Mann wartet …
Ortsführung eine gelungene Idee
Die Idee zu den inszenierten Ortsführungen stammt von der Dritten Bürgermeisterin Christine Zierer. Bei einem Besuch in einer anderen Stadt hatte sie an einer ähnlichen Führung begeistert teilgenommen und brachte den Vorschlag in die Ideenwerkstatt zur Jubiläumsvorbereitung ein. „Alle waren sofort begeistert!“, erzählt Bettina Prestel, die das Jubiläumsprogramm in der Gemeinde Gmund koordiniert.
Die Ortsführung endet bei der Thomas-Mann-Skulptur an der Mangfall. Foto: IW
Drei Tegernseer Heimatführerinnen und Heimatführer – Elisabeth Schönleben, Anna Scharlipp und Eckart von Zons – und etwa 20 Mitglieder der Gmunder Seegeister bestreiten abwechselnd diese äußerst lebendige Ortsführung. Noch bis in den September hinein gibt es die Gelegenheit, die liebevoll in Szene gesetzten historischen Ereignisse und Erinnerungen an Gmunder Persönlichkeiten zu erleben.
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