Ukrainische Fotografin

Mein Leben passt in einen Rucksack

Ukrainische Fotografin im Deutschen Bundestag. Foto: Yulia Usikova

Ausstellung in Schliersee

Seit dem Schlierseer Kultursommer sind in der Vitalwelt Fotografien von Yulia Usikova zu sehen. Sie zeigen die Verbindung ukrainischer Flüchtlinge mit Schlierseer Bürgern und strahlen Hoffnung der Solidarität aus.

Wir treffen uns am 2. März. „Heute vor einem Jahr habe ich Odessa verlassen“, sagt die junge Ukrainerin. Am Morgen des 24. Februar sei sie durch Explosionen wach geworden. In dem nahe gelegenen militärischen Flughafen hätten mehrere Raketen eingeschlagen. Mit ihrer Familie habe sie dann über eine Flucht nach Deutschland gesprochen und ihren Rucksack mit Fotoapparat, Laptop, einer Hose, Socken und Schokolade gepackt. Ihr Mann Sascha musste bleiben, die Schwiegereltern wollten bleiben.

Ukrainische Fotografin
Yulia Usikova. Foto: MZ

Mit dem Auto fuhren sie Freunde an die moldawische Grenze, an der lange Schlangen von Flüchtlingen standen. Zu Fuß ging sie über die Grenze, blieb drei Tage in Moldawien und konnte dann mit einem Bus nach Frankfurt am Main fahren. Eine angenehme Fahrt sei es nicht gewesen, zum Schluss habe der übermüdete Fahrer sogar noch einen Unfall verursacht, erzählt Yulia Usikova.

Fähigkeiten als Fotografin beweisen

Von dort aus kam sie mit dem Zug nach Schliersee. Hier lebt ein Cousin und sie hoffte auf Unterkunft und Arbeit. Durch die Unterstützung der Schlierseer Ukrainehilfe gelang es nach einigen Problemen schließlich, ihr eine Wohnung zu beschaffen. Jetzt möchte sie gern ihre Fähigkeiten als Fotografin beweisen.

Ukrainische Fotografin
Ukrainische Mädchen in Tracht. Foto: Yulia Usikova

Sie wurde in Isjum bei Charkiw geboren und absolvierte die Kunstuniversität Charkiw im Bereich „Design“ mit Schwerpunkt Fotografie. Yulia sieht ihre Zukunft in Bayern. „Ich möchte hierbleiben“, sagt sie. In Schliersee habe sie so viele freundliche Menschen getroffen, die ihr geholfen haben, und auch die Infrastruktur sei besser als in der Ukraine. „Ich weiß nicht, was ich dort machen soll, auch wenn der Krieg zu Ende ist“, sagt die ukrainische Fotografin. Mit dem Begriff „Heimat“ verbinde sie nur die Menschen. Deshalb hoffe sie, dass ihr Mann, mit dem sie jeden Tag telefoniere, nach dem Krieg nach Schliersee kommen könne.

Tradition

„Dann haben wir die Möglichkeit, in der Europäischen Union zu leben“, sagt sie. Insbesondere hat es ihr der ruhige Ort Schliersee angetan. Sie mag, wie die Bayern die Tradition pflegen, wie sie die Tracht tragen. So etwas habe sie noch nie gesehen, das sei sehr schön. In der Ukraine sei es vor allem in den Städten nicht so üblich, Tracht zu tragen.


Rosi und Fritz Polifka. Foto: Yulia Usikova

Für die Ausstellung in der Vitalwelt hat Yulia Usikova ukrainische Flüchtlinge und ihre Helfer in Schliersee fotografiert. Ein junges Mädchen fällt Fritz Polifka dankbar um den Hals, seine Frau Rosi hat die Fotografin beim Deutschunterricht abgelichtet. „Sie ist eine sehr gute Lehrerin“, sagt sie. Yulia selbst hat schon sehr gut Deutsch gelernt und verbessert ihre Kenntnisse jetzt mit einem täglichen Onlinekurs.

Ukrainische Fotografin im Bundestag

Den Nachbarsjungen hat sie mit der ukrainischen Fahne in Schliersee fotografiert, „ein ganz spontanes Bild“, freut sich die ukrainische Fotografin, dass es jetzt im Deutschen Bundestag in Berlin hängt. Helfer Hans Strack-Zimmermann hat es seiner Schwägerin, der Bundestagsabgeordneten der FDP Marie-Agnes Strack-Zimmermann geschenkt.

Das Ehepaar Sibylle und Hans Strack-Zimmermann hat Yulia mit zwei ukrainischen Mädchen in Tracht fotografiert. Auf einem anderen Bild ist die Familie Wasmeier zu sehen und ein kleiner ukrainischer Bub kurvt mit einem Dreirad vor dem Schlierseer Heimatmuseum.

Freude und Dankbarkeit

Allen Fotos ist gemeinsam, dass sie Freude ausstrahlen, Freude in Sicherheit zu sein, Dankbarkeit für die Hilfe vor Ort.

Die Ausstellung wird ergänzt von Fotos anderer ukrainischer Flüchtlinge, die einen Fotowettbewerb gewannen. Sie zeigen die Schönheit Schliersees in verschiedenen Jahreszeiten. Schon ein Jahr sind die Ukrainer jetzt hier.

Lesetipp: Gedenken an den Kriegsbeginn

Das letzte Foto in der Reihe ist wieder von Yulia Usikova. Sie hat es im Museum von Markus Wasmeier aufgenommen, für das sie manchmal arbeitet. Es zeigt eine alte Lederhose und Haferlschuhe. Produktwerbung, das fotografiere sie am liebsten, sagt die ukrainische Fotografin.

Das Portfolio von Yulia Usikova ist auf ihrer Webseite zu sehen. Sie ist über julia.art.dekor@gmail.com erreichbar.

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