Das Spektakel „Lumpazivagabundus“

Das Jubiläumsstück „Lumpazivagabundus“ im Tegernseer Volkstheater. Foto: SB

Premiere Tegernseer Volkstheater

Schauspielkunst, Musik, Tanz, Gesang und einige Kostüm- und Bühnenbildwechsel – was bei der Premiere der Zauberposse „Lumpazivagabundus oder das liederliche Kleeblatt“ im Tegernseer Volkstheater auf der Bühne geschah, glich einem Feuerwerk. Eine beeindruckende Produktion, die dem Ehepaar Christina und Andreas Kern in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Steffi Baier gelungen ist.

Zum 125sten Geburtstag des Tegernseer Volkstheaters wollte Leiter Andreas Kern mal etwas Neues wagen und hat sich dafür nicht nur einige Darstellerkollegen mit auf die Bühne geholt, sondern auch die Irschenberger Regisseurin Steffi Baier, welche für ihre besonderen Bühnenproduktionen bekannt ist.


Die Tegernseer Blasmusik eröffnete den Premierenabend. Foto: SB

„Lumpazivagabundus“ sollte es sein, die Zauberposse mit Gesang und Musik von Johann Nepomuk Nestroy. Am 11. April 1833 im „Theater an der Wien“ uraufgeführt und bis heute eines der bekanntesten Stücke des österreichischen Dramatikers. „Er ist eines meiner großen Vorbilder“, erklärte Andreas Kern dem Premieren-Publikum. Das durfte zuvor Zeuge einer Inszenierung werden, welche das Theater in der Rosengasse in seinen vielen Jahrzehnten bestimmt noch nicht erlebt hat.

Böser Lumpazivagabundus, gute Feen?

Doch noch bevor sich der Vorhang öffnete, spielte die Tegernseer Blasmusik auf und mussten erst einmal die ersten beiden Sitzreihen aufgefüllt werden. Denn hätte das Wetter gemacht was es sollte, wäre die Premiere auf der Freilichtbühne im Kurgarten gewesen.

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Das ließen sich die Zuschauer nicht zweimal sagen und rückten schnell nach vorne auf. Die Stimmung ließ sich das Ensemble um Andreas Kern jedenfalls nicht verregnen, welcher mit insgesamt 21 weiteren Darstellern, die meisten von ihnen sogar in mehreren Rollen, den „Lumpazivagabundus“ auf die Bühne brachte.


Theresia Benda-Pelzer spielt den Lumpazivagabundus. Foto: SB

Selbiger ist ein böser Geist, der im Feenreich ordentlich Chaos gestiftet hat und ausdrucksstark von Theresia Benda-Pelzer gespielt wird. Lumpazi muss nach den Beschwerden der anderen Geister bei Stellaris (Peter Fritsch) antreten und soll eigentlich Reue zeigen. Doch Fehlanzeige. Der böse Geist provoziert durch seine Art sogar noch einen Streit zwischen der Glücksfee Fortuna (Gabriele Steinberger) und der „Beschützerin der wahren Liebe“ Amorosa (Christina Kern).

Eine Wette mit Folgen

Doch dem nicht genug. Denn nicht nur, dass dadurch die Eheschließung von Fortunas Tochter Brillantine (Ella Dauhrer) und Hilaris (Merlin Schmidt) auf dem Spiel steht. Nein, die Feen lassen sich sogar noch auf eine Wette mit Lumpazivagabundus ein. Er schürt durch seine Machenschaften den Wettkampf zwischen der Glücks- und der Liebesfee und diese soll nun auf dem Rücken dreier Sterblicher ausgetragen werden.


Die Glücksfee Fortuna (Mitte; Gabriele Steinberger) mit ihrer Tochter Brillantine (Ella Dauhrer) und Stellaris (Peter Fritsch). Foto: SB

„Welche Macht ist die Größere? Die des Geldes oder die der Liebe?“, ist die große Frage des Stücks. Die Antwort liefert das Ensemble in einer bunten Mixtur aus Gesangseinlagen und Tänzen, humorvollen Monologen und so vielen Kostümwechseln, dass man nach den drei Stunden bestimmt einiges aus dem Fundus des Theaters bestaunen durfte.

Drei Streuner und das Geld

Die Besetzung der drei Hauptrollen des Schusters Knieriem (Andreas Kern), des Schneiders Zwirn (Florian Bauer) und des Tischlers Leim (Thomas J. Heim) hätte nicht besser gewählt sein können. Der Leiter des Tegernseer Volkstheaters ging völlig in der Rolle des stets beschwipsten Schusters auf, konnte darin wieder einmal seine große Wandelfähigkeit beweisen und begeisterte das Publikum mit der ein oder anderen Gesangseinlage.


Die drei Gesellen (v.l.) Knieriem (Andreas Kern), Zwirn (Florian Bauer) und Laim (Thomas J. Heim). Foto: SB

Beim Stammpublikum ebenfalls bestens bekannt, Florian Bauer, der als überdrehter Schneider wieder jeden Quadratzentimeter der Bühne einnahm und mit seinem unaufhaltbaren Einsatz und genialer Mimik überzeugte. Thomas J. Heim ließ sich durch seine beiden Ensemblekollegen jedoch nicht in den Schatten drängen, gewann er durch seine überzeugend gespielte Rolle als unglücklich verliebter Tischler doch schnell die Herzen des Publikums. Lange wird das klägliche „Oh Peppi“ noch in deren Ohren klingen.

Eine Prüfung, ein Lumpazi

Was die drei umherstreunenden Männer verbindet ist ihre ständige Geldnot und Rastlosigkeit, auf der Suche nach selbigem. Eines Nachts erscheint den Dreien Fortuna im Traum, mit einem Hinweis auf die Lottoziehung am nächsten Tag. Und ganz wie es nach dem Plan der Fee laufen soll, gewinnen die drei Männer die Lotterie.


Dem Schneider Zwirn steigt das Geld zu Kopfe. Foto: SB

Dann beginnt erst die eigentliche Prüfung, denn was passiert mit einem Menschen, der plötzlich zu so viel Geld kommt? Verdirbt es den Charakter? Macht es am Ende wirklich glücklich? Oder treibt es einen noch weiter in den Ruin? Fragen, deren Antworten das große Ensemble auf beeindruckender Weise liefert, ob es nun singt und tanzt, sich liebt oder intrigiert – es gleicht wahrlich einem Feuerwerk, was bei „Lumpazivagabundus“ alles passiert.

Zwei bekannte Fake-Italiener

Ein besonderes Schmankerl ist – nur noch bei den drei geplanten Open Air-Aufführungen im Kurgarten – in diesem Stück der Auftritt der beiden Fake-Italiener Macca und Roni, herrlich humorvoll gespielt von Bernhard Helfrich und Werner Rom. Ersterer ist der Bruder von Andreas Kern und Leiter des Chiemgauer Volkstheaters.


Spielen Gastrollen in „Lumpazivagabundus“: (v.l.) Bernhard Helfrich und Werner Rom. Hier mit Christina Kern als Signora Palpitti, Nikolaus Kollmannsberger als Herr von Windwachel und Florian Bauer als Zwirn. Foto: SB

Letzterer wollte als Jungschauspieler seine ersten Schritte im Tegernseer Volkstheater machen, wurde aber abgelehnt. Mittlerweile ist der Volksschauspieler nicht mehr von den Bühnen und aus dem Fernsehen wegzudenken und gemeinsam mit Bernd Helfrich brachte Werner Rom das Publikum bei seinem Gastauftritt einige Male zum Brüllen vor Lachen.

Die Liebe zum Detail

Besonders macht auch diese außergewöhnliche Inszenierung wieder die Detailverliebtheit der Kerns, da hat sogar der Socken des armen Schusters das Loch an der richtigen Stelle. Oder die einfallsreichen Texte, die nicht nur einmal das Tegernseer Tal, seine illustre Gesellschaft und dessen Besucher auf den Arm nimmt.


Ein buntes Spektakel – der „Lumpazivagabundus“. Foto: SB

Ob nun Szenen à la Karl Valentin oder die eigens komponierte Musik von Manuel Kuthan – das Stück „Lumpazivagabundus“ hält für jeden eine Überraschung bereit. Doch wer gewinnt denn nun am Ende die Wette? Siegt die Liebe oder das Geld? Oder geht vielleicht sogar beides? Nun das sollten alle selbst herausfinden. Aber nicht vergessen, „Lumpazivagabundus“, der Protektor der Spieler, der Trinker und des lustigen Elends, hat sowieso das letzte Wort.

Das Jubiläumsstück „Lumpazivagabundus oder das liederliche Kleeblatt“ wird noch an folgenden Tagen auf der Freilichtbühne im Kurgarten Tegernsee aufgeführt (ab 20 Uhr): 12., 13. und 14. August. Die folgenden Termine finden im Ludwig-Thoma-Saal statt: 26. August, 2., 9., 16., 23. und 30. September sowie 7. und 28. Oktober. Karten gibt es in der Tourist-Info Tegernsee (Telefon: 08022/9273860) sowie beim Kartentelefon des Tegernseer Volkstheaters (Telefon: 08036/7143).

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