Drei Künstler – drei Welten

Drei Künstler – drei Welten: Brigitte Siebeneichler, Jürgen Welker, Suse Kohler (v.l.). Foto: Daniela Skodacek, Kunststiftung Siebeneichler

Ausstellung in Rottach-Egern

„Ins Weite – Umbruch Aufbruch Wandel“ heißt die 2. Ausstellung der Kunststiftung Siebeneichler mit Werken von Suse Kohler, Jürgen Welker und Brigitte Siebeneichler im Seeforum Rottach-Egern, die das vielschichtige Wesen der Kunst und deren Notwendigkeit und Berechtigung in unserer Zeit beweist.

In ihrer Einführung erläuterte Brigitte Siebeneichler die Philosophie ihrer Stiftung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Künstlerinnen und Künstlern Anerkennung und Wertschätzung zu geben, die ein bedeutendes Werk geschaffen haben, aber durch das gängige Raster der Kunstszene fallen.
Drei Künstler - drei Welten
Brigitte Siebeneichler. Foto: Petra Kurbjuhn

Zudem soll ein Austausch regionaler Kunstschaffender mit denen anderer Regionen gefördert werden, wie es derzeit mit der Stadt Altenburg geschieht, wo regelmäßig Ausstellungen stattfinden. Ein Preis, der in regelmäßigen Abständen vergeben wird, soll die Stiftungsarbeit in Zukunft begleiten. Für diese wichtige Arbeit bat die Künstlerin um Unterstützung.

Mit einer tiefgründigen Analyse der Kunst im Allgemeinen und der Werke der drei Künstler führte Kurator Ernst W. Koelnsperger in die Ausstellung ein. Derzeit sei Kunst in aller Munde, sagte er, die Diskussion um den Antisemitismusvorwurf bei der documenta zeige, dass Kunst kein Mauerblümchen sei, sondern eine starke Relevanz habe und Input für die Gesellschaft liefere. „Kunst ist ein seismografischer Anzeiger der gesellschaftlichen Bewegungen“, stellte er fest.

Drei Künstler - drei Welten
Ernst W. Koelnsperger. Foto: Petra Kurbjuhn

Auch die Diskussion um das Humboldt-Museum und Raubkunst zeige den Stellenwert der Kunst in unserer Gesellschaft, dazu komme die Diskussion um cancel culture. „Dürfen wir im bestimmten Kontext der Vergangenheit solche Begriffe wie Neger, Zigeuner oder Krüppel verwenden?“ fragte er. Dürfe man Hitlers Lieblingskomponist Richard Wagner in Israel spielen?

Kunst darf anregen und aufregen

Kunst sei ein wesentliches Vehikel, um gesellschaftliche Situationen aufzuzeichnen, man könne aber auch mit Kunst manipulieren, um neue Wertvorstellungen zu transportieren. „Kunst darf nicht nur schön sein, sie darf auch anregen und aufregen“, konstatierte der Redner.

Könne Kunst die Welt verbessern? Sicher nicht, aber sie helfe bei der Orientierung und gebe Denkhilfen zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Die Werke der drei hier Ausstellenden unterzog er dann einer Befragung in diesem Kontext.

Drei Künstler – drei Welten im Seeforum


Suse Kohler: Wolodymyr Selenskyj. Foto: Petra Kurbjuhn

Suse Kohler sei, so Ernst W. Koelnsperger, dem Politischen verhaftet und habe sich mit ihren Porträtköpfen einen Namen gemacht. Insbesondere sei ihr das Thema Macht wichtig, wie man an den Porträts der Bundekanzler von Erhard bis Scholz sehen könne.

Lesetipp: „Machtköpfe“ und starke Frauen von Suse Kohler


Suse Kohler: Every soldier has a mother. Foto: Petra Kurbjuhn

In der Mitte aber ist ein Porträt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj neben dem Bild einer anklagenden Frau mit dem Titel „Every soldier has a mother“ zu sehen. Und unten ist die „Generation Z“ zu sehen, Jugendliche in Unterwäsche erinnern daran, dass Ukrainer und Russen familiär eng verbunden sind. „Man mag den Ukrainern Land und Besitz genommen haben, ihre Würde und ihre Seele kann man ihnen nicht nehmen“, interpretierte der Kurator.

Blick in die Augen

Er betonte, dass bei diesen Bildern der Blick in die Augen wichtig sei, der den Blick ins Weite öffne, was faszinierend und beklemmend gleichermaßen sein könne.


Jürgen Welker: Technik auf Acrylbasis, auf Nessel. Foto: Petra Kurbjuhn

Ganz anders das Werk Jürgen Welkers, der den Blick in die Tiefe führe, in Landschaften, abstrakte Räume und über die Wirklichkeit hinausgehe. Seine Bilder lösten einen Strudel von Empfindungen bei den Betrachtenden aus, sagte Ernst W. Koelnsperger. Die zahlreichen farbschichtungen in den Bildern eröffneten neue Bildwelten, die zwar an reale Landschaften erinnern, aber letztlich innere Landschaften abbilden.

Eruptive dynamische Bilder

So mancher könne Klima, Wind und Wetter in den eruptiven dynamischen Bildern entdecken und andere könnten sich hineinträumen in die Werke aus Alabastergips, Steinmehl und Acryl. Jürgen Welker habe gesagt, dass er so lange male, bis die reale Landschaft in seinem Kopf verschwinde, verriet der Kurator.


Jüregen Welker: Technik auf Acrylbasis, auf Nessel. Foto: Petra Kurbjuhn

Einerseits könne man apokalyptische Landschaften erahnen, andererseits aber auch tröstende metaphorische Weite spüren, in eine Welt, die hinter der unsrigen aufgepeitschten stehe.

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Gefühle und Impressionen

Auch Brigitte Siebeneichler führe nach gegenständlichen Arbeiten in eine abstrakte Welt, erläuterte der Kunsthistoriker. Ihre Bilder aber resultierten aus erlebten Gefühlen und Impressionen und könnten ihre Herkunft aus dem Gegenständlichen nicht verleugnen.


Brigitte Siebeneichler: Secret I. Foto: Petra Kurbjuhn

Im Gegensatz zu Jürgen Welkers Arbeiten wirkten ihre Bilder heiter, leicht und schwerelos. Entfernt von gestalteter Wirklichkeit führten sie in neue Farb- und lyrische Bildwelten. Ebenfalls im Gegensatz zu Welkers tiefgehendem Werk sei Brigitte Siebeneichler der Fläche verhaftet. In ihren Bildern spüre man Raumstille und Elemente von Zeitlosigkeit.

Oszillieren zwischen konkret und abstrakt

In letzter Zeit indes komme in ihrem Werk wieder ein Realitätsbezug zum Tragen, was aber nicht hieße, dass sie Abbilder der Wirklichkeit schaffe, sondern es sei ein Oszillieren zwischen abstrakt und konkret.

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Brigitte Siebeneichler: Secret II. Foto: Petra Kurbjuhn

„Drei Künstler – drei Welten“, schloss der Redner, jeder der Drei habe eine andere Sicht auf die Gesellschaft und jede habe ihre Berechtigung und zeige die Notwendigkeit des Wesens der Kunst, die nun einmal vielschichtig sei.

Die Ausstellung „Ins Weite – Umbruch Aufbruch Wandel“ von Suse Kohler, Jürgen Welker und Brigitte Siebeneichler ist bis zum 10. Juli im Seeforum Rottach-Egern montags bis freitags 15 bis 19 Uhr und samstags und sonntags 11 bis 18 Uhr zu sehen.

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