Diagnose Demenz

Diagnose Demenz: Ein Schrecken ohne Gespenst

Die Filmemacher Günter Roggenhofer, Anna Daller und Thomas Bogner mit Tom Modlinger im Holzkirchner FoolsKINO. Foto: MZ

Film in Holzkirchen

Mit dem Dokumentarfilm „Diagnose Demenz“ eröffnete die Initiative „anders wachsen“ ihr Filmprogramm im FoolsKINO Holkirchen. Ein gelungener Start, der emotional tief berührende Film eröffnete dem zahlreichen Publikum ganz neue Perspektiven im Umgang mit der Krankheit.

„Wenn man die Diagnose Demenz bekommt, denkt man nicht daran, einen Film zu machen“, begrüßte Günter Roggenhofer, der mit seiner Frau Anna Daller und Thomas Bogner nach Holzkirchen gekommen war, um mit seinem Team den überaus erfolgreichen Film vorzustellen.

„Aber wir mussten, da wir selbständig sind, offen mit der Krankheit meiner Mutter umgehen“, sagte er und so habe man sich auch entschlossen, private Fotos und Videos in diesem Film zu zeigen. „Sie hätte es gewollt“, betonte er am Ende.

Keine Angst vor Diagnose Demenz

Die Botschaften des Films sind eindeutig. Zum einen nehmen sie jedermann die Angst vor einer Demenzerkrankung. Frei von Ballast und Sorge aus dem Leben gehen zu können, wieder in ein kindliches Stadium zu fallen, das sei eine Riesenchance, haben die Begleitenden erfahren. Die Bilder von Günter Roggenhofers Mutter sprechen Bände. Ein solches entspanntes, ja glückseliges Lächeln bis kurz vor ihrem Tod zeigt, dass sie sich aufgehoben, sicher fühlt. Und Günter Roggenhofer sagt: „Wenn sie lächelt, ist das ein Signal, dass sie leben will.“

Diagnose Demenz
Günter Roggenhofer mit seiner Mutter Elfriede. Foto: demenzdoku

Zum zweiten nimmt der Film ebenso die Angst der Angehörigen, wenn die Demenz in der Familie zuschlägt. Es ist ein Schrecken ohne Gespenst. Sohn und Schwiegertochter betonen, es seien die sieben schönsten Jahre ihres Lebens gewesen, die sie mit der Betreuung verbrachten. Auch hier bestätigen die Bilder und Videos die Aussage. Insbesondere das lachende Gesicht von Anna Daller, wenn sie mit der Schwiegermutter schmust, ist berührend.

Zugegeben, nicht jeder kann sein Büro in ein Pflegeheim verlagern, so wie es Günter Roggenhofer und seine Frau fünf Jahre lang praktizierten. Nicht jeder kann sein gesamtes Leben auf diese Pflege und Betreuung umstellen. Andere Menschen haben einen Angestelltenjob, haben Kinder und müssen die Balance zwischen all den Notwendigkeiten finden.

Freude und Spaß im Heim

Aber der Film zeigt, dass der Umgang mit Demenzkranken keine Last sein muss, sondern auch Freude und Spaß beinhaltet. Im Zimmer der Mutter versammelten sich auch andere Erkrankte, deren Angehörige diese Vollzeitumsorgung nicht leisten konnten und konnten an der Betreuung teilhaben. Die Nähe zu wildfremden Menschen habe sie sehr erfüllt, und „wir haben in den fünf Jahren mit den Bewohnern so viel gelacht“.

Der Film ist zu großen Teilen ein Gespräch. Albrecht von Weech, Schauspieler, Puppenspieler, Sänger, Tänzer und vieles andere, interviewt sehr einfühlsam das Ehepaar, das all seine Erfahrungen von den Anfängen bis zum Tod von Elfriede Roggenhofer erzählt. Eingestreut sind Film- und Fotoaufnahmen aus den sieben Jahren ebenso wie Statements von Freunden, Verwandten und medizinischem Personal.

Keine Pauschalkritik

Die Wesensveränderungen, die mit der Demenz einhergehen, seien schwierig zu verkraften, räumten die beiden ein, aber man dürfe nicht schimpfen, sondern eher geduldig wie mit einem kleinen Kind umgehen. Ihrer Angst vor dem Heim habe man mit einer Notlüge begegnet, das sei jetzt nur eine temporäre Kur.

Der Film setzt sich auch mit Vorwürfen gegen Heime auseinander. Günter Roggenhofer sagt dazu: „Wir verlangen viel vom Personal.“ Da müsse sich eine Pflegeperson um 12 Kranke kümmern, sie aber hätten sich zu zweit um eine Kranke gekümmert. Der pauschalen Kritik könne er sich nicht anschließen, es gebe überall gute und weniger gute Pflegekräfte.

„Wir bleiben beieinand“

Elfriede Roggenhofer erlitt hintereinander zwei Oberschenkelhalsbrüche und als sie nach den Krankenhausaufenthalten ins Heim zurückkam kam noch ein Virus hinzu und sie wurde sehr krank. Anna Daller und Günter Roggenhofer entschieden sich, sie zum Sterben nachhause zu holen. Die Bilder der letzten Zeit bewegen die Zuschauenden besonders. Denn die schwache Frau scheint in einem glücklichen Zustand zu schweben. Immer wieder hört man die Stimme des Sohnes „Wir bleiben beieinand.“ Die Fürsorge und Liebe ihrer Kinder ermöglichten ihr noch 21 zufriedene Monate.

Diagnose Demenz
Plakat „Diagnose Demenz“. Foto: demenzdoku

Der Film verschweigt aber auch die Probleme, wie Dekubitus, Verschleimung, Krampfanfälle und anderes nicht, denen das Ehepaar mit Einfallsreichtum und ärztlicher Unterstützung begegnete. „Ich bin dankbar, dass ich dabei sein durfte“, sagt Anna Daller und „Wir hatten ein Riesenglück, wie ein Fünfer im Lotto“, sagt Günter Roggenhofer.

„Das Leben hat eine Chance verdient“, sagte der Filmemacher dem Holzkirchner Publikum, der es als eine Lebensaufgabe sieht, Menschen die Angst vor der Demenz zu nehmen und Zweifel an der Verzweiflung zu haben.

Zum Weiterlesen: Demenz – Theater in liebevoller Haltung

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