Dreiviertelblut D. Glöbl, S. Horn, B. Schäfer, G. Baumann, Florian Rein, L. C. Goetze (v.l.)

So facettenreich tickt die neue bayerische Musikszene

Text. Dreiviertelblut D. Glöbl, S. Horn, B. Schäfer, G. Baumann, F. Rein, L. C. Goetze (v.l.). Foto: Ines Wagner

Konzert in Bad Tölz

Vor dem ausverkauften Saal des Kurhauses startete am Freitag Abend das „1. Bavarian Beats Festival“. „Bad Tölz, Ihr seids komplett da Wahnsinn!!“ war das Kompliment ans Publikum, das war außer Rand und Band, die Stimmung war gigantisch.

Organisiert hat das Festival Florian Rein: Musiker, Produzent und Tausendsassa der Bayerischen Musikszene, ein Mann, dessen Tag mehr als vierundzwanzig Stunden zu haben scheint. Jedenfalls ist er gerade noch mit den „Bananafishbones“ unplugged getourt, hat mit „Dreiviertelblut“ das Singspiel am Nockherberg gerockt, plant die nächsten Auftritte von „The Heimatdamisch“ und unterstützt mit seinem Bergbeat Studio allerlei Musiker. Daher ist er bestens vernetzt und konnte mit dem „1. Bavarian Beats Festival“ zeigen, wie vielschichtig die neue bayerischsprachige Musikszene derzeit ist.

„Mogst Schmusn, mia wad´s Wurscht“

Das Festival startete Gitarristin und Sängerin Karin Rabhansl. Solo und ohne Aufwärmphase schaffte es die junge Niederbayerin mit ihrer sagenhaft offenen Art mühelos, gleich beim ersten Stück das Publikum zu packen und mitzunehmen. Alltagsbegegnungen, persönlichen Helden, kuriose Anmachsprüche oder skurrile Ratschläge auf dem Weg der Musikkarriere hat sie zu fröhlichem Mundart-Pop verarbeitet, mal rockig, mal balladenhaft. Grandios die Version von Joni Mitchells „Big Yellow Taxi“! Ihre klare, kraftvolle Stimme erzeugte Gänsehaut. Ihre Authentizität, Präsenz und fröhliche Energie ebenso. Inzwischen hat sie sich längst einen Namen gemacht, mit Auftritten unter anderem mit LaBrassBanda, Stefan Dettl, Schmidtbauer & Kälberer.

Gefühlskarussell beim Erwachsenwerden

Mathias Kellner aus Straubing ist auch kein Unbekannter. „Zeitmaschin“ heißt sein neues Album. Gemeinsam mit dem Gitarren-Genie Luke Cyrus Götze hat er das Publikum hingerissen mit seiner wortwitzigen Reise in die 80er und 90er. Seine folkigen Indie-Pop-Rythmen, gepaart mit kuriosen Anekdoten aus der Kindheit, brachten den Saal so richtig in Schwung. Kellner ist nicht nur Singer-Songwriter sondern auch begnadeter Entertainer.

Er besingt und erzählt Geschichten aus dem Alltag eines Jugendlichen in Niederbayern, vom ersten, blauen Ford Fiesta mit roter Beifahrertür, Kassetten-Aufnehmen am Radio und Schmusn in der Disko. Bairisch, genial, urkomisch, mit eingängigen Sound und groovigen Rhythmen.

„Mia san ned nur mia!“

Heiß erwartetes Highlight am Freitagabend war der Auftritt von „Dreiviertelblut“, gegründet als Duo-Projekt von Filmkomponist Gerd Baumann und Sebastian Horn, dem Sänger der „Bananafishbones“. Beide verbindet eine tiefe Liebe zur bayerischen Heimat, aber ohne das farbenfroh-laute Täterätä des Trachtenbrauchtums. Vielmehr sind die Songs düster und melancholisch, mit augenzwinkerndem Drift ins Skurrile. Denn hervorgegangen sind sie aus einer Zusammenarbeit an Niederbayern-Krimis.

D. Glöbl, S. Horn, B. Schäfer, G. Baumann, Florian Rein, L. C. Goetze (v.l.) Dreiviertelblut
D. Glöbl, S. Horn, B. Schäfer, G. Baumann, F. Rein, L. C. Goetze (v.l.) Dreiviertelblut. Foto: Ines Wagner

Und was läge bei Sebastian Horns tiefer Stimme auch näher, als die wohlige Finsternis düsterer Lieder, die von der Heimat im Isarwinkel erzählen und zu einem zeitlosen Sound verschmelzen? Florian Rein (Schlagzeug und Posaune), Luke Cyrus Goetze (E-Gitarre), Benjamin Schäfer (Kontrabass) und Dominik Glöbl (Trompete) ergänzen „Dreiviertelblut“ mit ganzem Herzblut. Beim diesjährigen Nockherberg Singspiel trafen sie auf die „Perlseer Dirndl“: Michaela Oswald, Christina Wiesholzer und Susanne Brückner. In Bad Tölz bereicherten die Dirndl spontan den Auftritt von „Dreiviertelblut“ mit ihrem klaren Dreigesang.

Für das Danke-Konzert „WIR. Stimmen für geflüchtete Menschen“ in München 2015 hatten Baumann/Horn eigens ein Stück geschrieben, das in seiner Wahrhaftigkeit unter die Haut geht: „Mia san ned nur mia“. Ein Statement, in dem es auch um Dankbarkeit geht, in diesem idyllischen Teil der Welt zu leben, und dass es uns alle bereichern wird, mit den Flüchtlingen unser Leben zukünftig zu teilen. Starke Aussage, starke Musik. Bavarian Beats vom Feinsten und eine grandiose Stimmung im Saal. Ebenso ging es auch am Samstag Abend weiter. Mit „Dicht & ergreifend“, „Mundwerkcrew“, „Lenze und de Buam“ und „Alex Cumfe und Band“.

 

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