
Alle sind verdächtig
Sergeant Trotter (Korbinian Langl) will den Fall in der Pension von Mally (Cathrin Paul) und Giles (Bernd Schmidt) aufklären. Foto: Petra Kurbjuhn
Theater in Holzkirchen
Mit Agatha Christies „Die Mausefalle“ feierte das Sprechtheater des FLTB eine umjubelte Premiere. Das bekannte Detektivstück in der deutschen Fassung von Horst Willems ist ein Garant für intelligente Spannung, die Inszenierung von Ingrid Huber mit einem großartig agierenden Ensemble überaus gelungen.
Der Plot des Stückes hat alles, was eine „Wer war es?“- Detektivgeschichte braucht. Ein abgelegenes, durch Schneesturm abgeschnittenes Haus, darin sieben Personen, alle mehr oder weniger verdächtig, einen Mord begangen zu haben. Dazu ein junger Sergeant, der diesen Mord aufklären soll. Und dann passiert vor den Augen des Publikums ein zweiter Mord.
Der zweite Mord auf offener Bühne. Foto: Petra Kurbjuhn
Der Sergeant setzt alles daran, den dritten Mord zu verhindern. Das Motiv der Morde liegt Jahre zurück, als Maureen Stanning auf der benachbarten Longridge Farm drei ihr anvertraute Kinder vernachlässigte, wobei der Jüngste starb. Und genau diese Maureen Stanning war kürzlich in London ermordet worden. Was aus den zwei anderen Geschwistern wurde, ist nicht bekannt.
Detektivgeschichte von Agatha Christie
Ingrid Huber hat die Detektivgeschichte von Agatha Christie mit ihren spritzigen teils auch humorvollen Dialogen flott und konsistent inszeniert. Sie führt das Publikum gekonnt auf falsche Fährten, denn jeder in der neuen Pension ist verdächtig. Sie versteht es, jeder Figur in Gestik und Mimik ein Charakteristikum zu verleihen, bei jeder Figur den Verdächtigen prinzipiell anzulegen.
Gesamtes Ensemble. Foto: Petra Kurbjuhn
Dazu dienen auch die von Ihr entworfenen Kostüme. Das Bühnenbild von Korbinian Langl entführt in das England der fünfziger Jahre, als Agatha Christie das Stück verfasste. Zunächst als Hörspiel für Queen Mary zum Geburtstag geschrieben, brachte es die Kultautorin später auf die Bühne im Londoner Westend, wo es bis heute nur mit kurzer Coronaunterbrechung pausenlos aufgeführt wird.
Bernd Schmidt und Cathrin Paul. Foto: Petra Kurbjuhn
Da ist also Mollie Ralston, die mit ihrem Mann Giles „Monkswell Manor“ als Pension eröffnet und noch ein wenig unbedarft ihre Gäste erwartet. Cathrin Paul spielt die blutige Anfängerin als Gastgeberin nervös, bemüht und hat ein unausgesprochenes Geheimnis. Mit dem Staubsauger fuhrwerkt sie zwischen den Beinen der Gäste umher, serviert Essen aus Dosen und ist ebenso verdächtig wie ihr Mann, denn beide verschweigen voreinander, dass sie zum Zeitpunkt des ersten Mordes in London waren.
Andrea Roßkopf und Cathrin Paul. Foto: Petra Kurbjuhn
Bernd Schmidt als Giles ist der routinierte, sich um alles kümmernde Ehemann, der Schnee schippt und Koffer schleppt und zu Hochform aufläuft, als er in seiner unbändigen Eifersucht vermutet, dass Mollie ein Verhältnis mit dem jungen Gast Christopher Wren hat.
Der eifersüchtige Giles (Bernd Schmidt) und Fabian Frick. Foto: Petra Kurbjuhn
Der wird von allen Gästen ob seines merkwürdigen Verhaltens als verdächtig eingestuft. Fabian Frick spielt ihn mit Spazierstock umherwirbelnd überdreht, exaltiert und sehr geschwätzig. Warum hat er einen so leichten Koffer, warum wirkt er neurotisch, fast schizophren? Die Pensionswirtin nimmt ihn ein wenig unter ihre Fittiche, was ihrem Mann gar nicht behagt.
Fabian Frick und Andrea Roßkopf. Foto: Petra Kurbjuhn
Eine Paraderolle hat Andrea Roßkopf als Mrs. Boyle. Die Schauspielerin lebt die anspruchsvolle, zickige Schreckschraube von älterem Fräulein, dem gar nichts passt, genüsslich aus und meckert an allem herum. Leider nur im ersten Akt, denn sie ist das zweite Opfer. Warum? Sie hat damals als Richterin die drei Kinder in die Obhut von Maureen Stanning gegeben.
Alois Böhm und Korbinian Langl. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit Major Metcalf kommt eine Figur ins Spiel, die undurchsichtig ist. Alois Böhm spielt den zurückhaltenden, im Keller umherschleichenden Mann distanziert und militärisch-zackig. Was er eigentlich will, wird nicht klar, er bleibt im Hintergrund, verdächtig wie jeder andere auch.
Judith Heimerl und Korbinian Langl. Foto: Petra Kurbjuhn
Unklar bleibt auch, warum Miss Casewell die Pension gebucht hat. Judith Heimerl lässt sich nicht in die Karten schauen, sie verbreitet um sich Geheimnis, wirkt ein wenig gerissen, sehr kühl und lässt die anderen Gäste raten, warum sie aus Mallorca nach England gekommen ist. Was hat sie hier zu erledigen?
Detlef Dauer als Mister Paravicini taucht aus dem Nichts auf. Foto: Petra Kurbjuhn
Aus dem Nichts taucht Mister Paravicini auf und behauptet, sein Auto sei in einer Schneewehe stecken geblieben. Sehr verdächtig. Detlef Dauer gibt den schleimigen Typ mit Rouge und Puder, dessen Gepäck im Auto verbleibt, unsympathisch und auffallend sich in den Vordergrund spielend und permanent Whisky trinkend.
Das Lied von den drei blinden Mäusen
Auf Skiern schafft es Detective Sergeant Trotter zur Pension vorzudringen, um den Fall aufzuklären. Korbinian Langl spielt den noch sehr jungen Beamten entsprechend nervös, fahrig und aufgeregt. Sein nerviges ständiges Feuerzeuggeklimper, sein Anzünden und Wegwerfen von Zigaretten zeigt, dass er mit diesem Fall wohl überfordert ist.
Aber er hat eine Idee. Er lässt alle Pensionsgäste ihr Verhalten zum Zeitpunkt des Mordes an Mrs. Boyle mit vertauschten Rollen nachspielen, um einer falschen Aussage auf die Spur zu kommen. Dabei spielt auch ein altes Kinderlied von den drei blinden Mäusen eine Rolle, das alle Beteiligten kennen, spielen, singen oder pfeifen können.
Schlussappaus mit Ingrid Huber (Mitte). Foto: Petra Kurbjuhn
Zwei der Mäuse sind ermordet, wer ist die dritte? Und wer ist der Mörder oder die Mörderin? Und warum? Wir spoilern natürlich nicht, sondern empfehlen dringend, an der Aufklärung dieses Falles gedanklich mitzuwirken.
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