TheaterInklusiv

Das erste TheaterInklusiv in Bayern

Mit vollem Einsatz. Foto: MZ

TheaterInklusiv in Holzkirchen

Das Projekt ist in Süddeutschland einzigartig: Menschen mit und ohne geistige und körperliche Beeinträchtigung stehen gemeinsam auf einer echten Theaterbühne und präsentieren sich vor Publikum. Ein Probenbesuch beim TheaterInklusiv im Holzkirchner Foolstheater lässt staunen.

Sehr ernsthaft und konzentriert sitzen die Protagonisten auf der Bühne und warten auf ihren Auftritt. Nur einer nicht. Florian scheut sich und will seinen Part lieber vom Zuschauerraum ausführen. Letztlich aber springt auch er hinauf, traut sich und ist völlig gelöst.

TheaterInklusiv verbindet Menschen mit und ohne Behinderung

Theaterpädagogin Sarah Thompson engagiert sich intensiv zum Thema Inklusion. Vor einem Jahr hat sie eine Gruppe von Theaterbegeisterten mit und ohne Behinderung zusammengestellt, die meisten kommen aus der offenen Behindertenarbeit der Lebenshilfe in Miesbach, zwei gehören zum Stamm des Freien Landestheaters-FoolsTheater.

TheaterInklusiv
Regisseurin Sarah Thompson übt eine Szene mit der Gruppe. Foto: MZ

„Die Kombination von Institution und Theater gibt es sonst nur in Norddeutschland“, erzählt die Regisseurin, ansonsten werde Theater nur in den Einrichtungen gespielt. Hier aber finden Proben und Aufführung am 8. November in aller Öffentlichkeit statt.

Die Erkenntnis, dass Theater nicht unbedingt nur Zuschauen bedeutet, sei ihren Mitwirkenden anfangs schwergefallen, der Schritt auf die Bühne in das Scheinwerferlicht bedurfte langer sensibler Arbeit. Jetzt aber agieren die Schauspieler schon sicher.

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Dazu arbeitet Sarah Thompson insbesondere an den Basics, also Disziplin, Konzentration und Fokus. Am Anfang sei es schwierig gewesen, aber jetzt funktioniert das schon gut. Da fast ohne Sprache gespielt wird, konzentriert sich das Agieren auf Mimik und Gestik.

Das Stück haben sie sich alle gemeinsam ausgedacht. Es geht um Alltagserfahrungen, vor allem um Ärgern. Und so heißt das Stück auch: „Mensch ärger dich doch nicht.“

Sarah Thompson
Sarah Thompson macht zur Lockerung Obstsalat mit ihrer Gruppe. Foto: MZ

Bevor es aber richtig losgeht, machen die Akteure gemeinsam mit dem Publikum einen „Obstsalat“ zur Lockerung. Mango, Kiwi, Ananas, Banane werden mit vollem Körpereinsatz dargestellt. Und dann wird es ernst.

Es geht um die Situation am Bahnhof, wenn man den Zug verpasst. Einer nach dem anderen kommt auf die Bühne, sieht auf die Uhr, erschrickt und rennt los.

Warten auf den ZUg
Warten auf den Zug. Foto: MZ

Dann aber die umgekehrte Situation: Alle warten auf den Zug, er kommt nicht und es wird fad. Plötzlich kommt er doch. Florian rennt vorbei, alle sind entsetzt und suchen einen Schuldigen. Diese Szene ist sehr berührend, der Zuschauer spürt, dass die Akteure dieses Gefühl des Ausgegrenztseins kennen. Oli muss das jetzt ertragen, er verschwindet, kommt wieder, versucht bei jedem zu landen, erfährt aber durchweg ein „Nein.“

Oli singt den Rap
Großartige Leistung: Oli beim Rap. Foto: MZ

Und dann kommt der Höhepunkt. Oli geht sicher nach vorn und singt den Rap „Verloren im Paradies“, drei Strophen, fehlerfrei, viel Text, sehr schnell. „Eine irre Leistung“, sagt Sarah Thompson. Er habe unbedingt einen Rap singen wollen, sei aber ungemein selbstkritisch.

In der Schlussszene tanzen alle vergnügt umher, Oli und Bella kommen sich näher, Auch Uli vom FLTB und Wolfgang nehmen sich gern an die Hand.

Oli und Bella
Bella und Oli unterm Schirm. Foto: MZ

Das sind eigentlich alle. Auch Magdalena sagt, sie habe sich nicht konzentrieren können, weil Florian immer zum Reden anfange. Die Regisseurin kann beruhigend eingreifen und immer wieder bekräftigen, wie gut es sei, weiterzumachen, auch wenn man im Augenblick nicht weiter wüsste. „Das war verdammt gut“, sagt sie zu ihren Mimen. Und Florian ruft aus dem Hintergrund: „Das ist verdammt cool“, während Bella auf die Frage von Sarah Thompson: „Wie ist eure Mimik?“ ruft: „Sehr gut!“

Alle sind mit Eifer, aber auch Konzentration bei der Sache. Sie haben sich daran gewöhnt, angeschaut zu werden, präsent zu sein und fühlen sich sichtlich wohl auf der Bühne, obwohl fremde Leute im Publikum sitzen. Dafür erhalten sie am Ende auch einen ordentlich heftigen Applaus.

Sarah Thompson möchte inklusive Theatergruppen vernetzen. Dazu hat sie jetzt eine Einladung mit ihrer Gruppe nach Kassel angenommen und erwartet die hessische Gruppe danach in Holzkirchen.

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