Oliver Pötzsch, Lesung, Henkerstochter, Schlierseer Kulturherbst 2025

Vom Henkersnachfahren zum Schriftsteller

Der Erfolgsautor Oliver Pötzsch in Schliersee. Foto: CS

Lesung im Schlierseer Heimatmuseum

Im Rahmen des Schlierseer Kulturherbsts trat der Münchner Erfolgsautor Oliver Pötzsch vergangene Woche im Heimatmuseum Schliersee auf. Er las aus seiner Romanreihe „Die Henkerstochter“, musizierte und erzählte Schauriges aus dem Leben des Henkers Jakob Kuisl, der sein Vorfahre war.

Es ist eine beachtliche schriftstellerische Bilanz, die Oliver Pötzsch vorlegt: Weit über 20 Bücher hat der Münchner Autor bisher veröffentlicht. Von der historischen Krimiserie „Die Totengräber“ bis hin zu Kinder- und Jugendbüchern wie „Ritter Kuno Kettenstrumpf“ und „Die schwarzen Musketiere“. Sein Debütroman und gleichzeitig sein bekanntestes Werk: der historische Kriminalroman „Die Henkerstochter“, der 2008 erschien. Mittlerweile umfasst die Saga zehn Bände und wurde in über 20 Sprachen übersetzt.

„Die Amerikaner denken, ich sei ein Star, aber daheim muss ich ganz normal den Müll runterbringen“, scherzt der 54-Jährige bei seiner Lesung anlässlich des Schlierseer Kulturherbsts im Heimatmuseum Schliersee. „Irgendwas ist mit diesen Henkern, dass das auf der ganzen Welt interessant ist.“

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Oliver Pötzsch stammt aus einer Henkersdynastie

Schon von Kindesbeinen an erzählte und schrieb Oliver Pötzsch leidenschaftlich gerne Geschichten. Nach der Journalistenschule arbeitete er beim Bayerischen Rundfunk. Unter anderem für die satirisch-politische Sendung „Quer“ mit Christoph Süß.

Ein Schlüsselerlebnis inspirierte Oliver Pötzsch schließlich zum Bücherschreiben: Der Ahnenforscher der Familie, ein Cousin seiner Großmutter, war bei seinen Eltern zu Gast und hatte Stammbäume, Unterlagen und Stiche dabei. Sie reichten bis ins 16. Jahrhundert zurück und belegten, dass eine ganze Henkersdynastie aus Schorndorf zu seinen Vorfahren gehörte: die Kuisls.

„Ich habe das gesehen und wusste, das ist das Buch, das ich immer schreiben wollte“, erzählt er. Das tat er dann auch, kündigte später seinen Job und widmete sich ganz der Schriftstellerei. „Mit den Kuisls hat sich mein Leben komplett verändert.“

Oliver Pötzsch, Lesung, Henkerstochter, Schlierseer Kulturherbst 2025
Oliver Pötzsch erzählt von seinen Henkers-Vorfahren. Foto: CS

In seiner Romanserie dreht sich alles um den Henker Jakob Kuisl, der von 1612 bis 1695 in Schongau lebte, folterte und tötete. Und um seine Tochter Magdalena, eine kluge und mutige junge Frau. Gemeinsam mit dem Medicus Simon klärt das Vater-Tochter-Gespann Morde und mysteriöse Geschehnisse auf. „Die Namen stimmen alle, aber was sie erlebt haben, habe ich erfunden“, erläutert Oliver Pötzsch.

Im ersten Buch etwa geht es um einen Jungen, der sterbend mit seltsamen Tätowierungen aus dem Lech gezogen wird. Sofort gerät eine unschuldige Hebamme unter Verdacht. Jakob Kuisl soll sie foltern, um ihr ein Geständnis zu entlocken. Stattdessen macht sich das Trio auf die Suche nach dem wahren Täter.

Oliver Pötzsch – ein Künstler mit vielen Facetten

Bei der Lesung zeigt sich deutlich, dass Oliver Pötzsch ein hervorragender und vielseitiger Entertainer ist. So trägt er nicht nur auf fesselnde Art und Weise Passagen aus Bänden der Henkerstocher-Saga vor, er spielt auch Gitarre, Mundharmonika und singt dazu: vom „Brandner-Kasper-Blues“ bis hin zum „Galgenbichl-Song“. So professionell, dass man ihm anmerkt, dass er neben der Schriftstellerei regelmäßig musiziert und mit einer Band auftritt.

Um die Geschichten von seinen Henkersvorfahren ein Stück weit zu veranschaulichen, bringt Oliver Pötzsch auch mittelalterliche Kräuter-Tinkturen, Salben und Gifte mit, zu denen er amüsante und schaurige Geschichten erzählt. Denn neben der Hinrichtung waren Scharfrichter im Mittelalter unter anderem auch als Heiler aktiv. „Von Jakob Kuisl weiß man, dass er in einer Kammer des Hauses einen Apothekerschrank hatte, vollgestellt mit allerlei Tiegeln, Töpfen und Pulvern“, erzählt der Schriftsteller. Verkaufsschlager sei das sogenannte „Arme-Sünder-Fett“ gewesen, das die Scharfrichter aus dem Fett der Hingerichteten gewannen und an die umliegenden Apotheken verkauften.

„Manchmal gibt es zum Schluss noch eine gescheite Hinrichtung“

Auch ein Richtschwert enthält der Schriftsteller dem Publikum an diesem Abend nicht vor. Es sei zwar kein Original, aber käme dem sehr nahe. „Das Original-Schwert meiner Vorfahren ist in den 70er-Jahren aus dem Schongauer Stadtmuseum gestohlen worden“, erzählt er. Mittlerweile sei es aber wieder aufgetaucht und könne dort besichtigt werden. „Manchmal gibt es am Ende meiner Lesungen noch eine gescheite Hinrichtung“, droht er schmunzelnd und hebt das Schwert.

Oliver Pötzsch, Lesung, Henkerstochter, Schlierseer Kulturherbst 2025
Oliver Pötzsch singt und spielt Gitarre. Foto: CS

Im vergangenen Jahr beendete der Schriftsteller seine Henkerstochter-Saga mit dem 10. Band. „Nach fast zwanzig Jahren mit den Kuisls brauchte ich eine Zäsur“, begründet er diesen Schritt. Dass er die Roman-Serie eines Tages vielleicht fortsetzt, will er nicht ausschließen. „Viele meiner Leser waren total geknickt, als sie hörten, dass es nicht mehr weitergeht“, bedauert er. „Jetzt schau mer mal“, sagt er verheißungsvoll und liest mit seiner tiefen Stimme aus dem letzten Band vor.

Am 25. Juni 2026 erscheint Band 5 von Oliver Pötzschs Totengräber-Serie mit dem Titel „Der Totengräber und der Orden des Teufels“. Die Krimi-Serie spielt in Wien Ende des 19. Jahrhunderts. Mehr Info unter oliver-poetzsch.de.

Das Programm des Schlierseer Kulturherbsts finden Sie unter www.kulturherbst-schliersee.de

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