Miroslav Nemec in der Winners Lounge

So „Nehmet´s“ doch Platz, Herr Tausendsassa!

Miroslav Nemec in der Winners Lounge. Foto:Ines Wagner

Musikalische Lesung in Bad Wiessee

„Miroslav Jugoslav“ ist der Titel des autobiografischen Buches, welches der Miroslav Nemec alias Tatort-Kommissar Ivo Batic geschrieben hat. Dabei gab es mehr als einen Favoriten für den Buchtitel. „Entweder man lebt, oder man ist konsequent“ hätte ihm auch gefallen. War aber zu lang. Wenigstens „Im Faß gereift – wer kann das schon von sich behaupten?“ konnte er unterbringen. Als Lausbuben-Fotografie aus der Kindheit in Kroatien auf der Rückseite des Werkes. Und eine Lausbubengeschichte ist es. Ein Geniestreich auch. Das Programm gestern in der Winners Lounge des Spielcasinos in Bad Wiessee war ein lebhaft-interessanter Querschnitt durch Miroslavs Leben.

Man hätte gern eine Fortsetzung. An einem Abend sind all diese Kalauer aus Ex-Jugoslawien, Wien, Böhmen, Zürich und Bayern nicht erzählt. Er schneidet hier an und dort, schielt auf die Uhr, fragt ins Publikum, ob es allen noch gut geht, und erzählt Anekdote um Anekdote, Witz um Witz, Erinnerung um Erinnerung. Springt von der Gitarre zum Klavier und zurück zum Buch.

Der Onkel ist doch kein Schwein

Das Leben in Titos sozialistischem Jugoslawien war sowohl voller Entbehrungen als auch voller Ironie. Aber die hinter vorgehaltener Hand erzählten Witze machten den Alltag erträglich. So wuchs er hinein in eine Welt „unfreiwilliger Vegetarier“, in der Fleisch teuer war und sogar Eier ein Vermögen kosteten. Aber die Not machte erfinderisch und das Improvisieren offensichtlich Spaß. So wurde in der Welt sozialistischer „Spargefühle“ der Sinn fürs Komische von Kindheit an mitgeprägt, Ironie wurde zum Ventil. Zugleich hatte er schon als Junge Zugang zu verschiedenen Sprachen und Dialekten, beispielsweise anhand seines „rasend gemütlichen“ Onkels aus Wien und der böhmischen Großmutter.
Die Sprache ist sein Metier. Die Musik auch. Und so verbindet er beides, wie auch die Kulturen, die er in sich trägt.

„Ottos Mops kotzt“

Ein proletarisches Gedicht vom Kanalarbeiter, Überbleibsel seiner sozialistischen Kindheit, soll das einzige Lyrikwerk in seinem Kopf gewesen sein, bevor der Gedanke Schauspieler zu werden sich in ihm festsetzte. Dann fußte Ernst Jandl an jener Stelle – als herrliches Experimentierfeld zum Textsprechen. Genau das Richtige für einen, der aufwuchs mit Anekdoten, Aphorismen und Witzen, der seine helle Freude hat am Sprechen. Nemec, der bis dahin wenig Bücher in die Hand genommen hatte, fraß sich gierig durch alle greifbaren Reklamhefte. Und er wäre kein Tausendsassa, wenn er nicht fortan all dies mixte.

Texte, die ihm gefielen, vertonte er für Klavier und Gitarre. Auch davon gab es eine reichliche Auswahl am gestrigen Abend. Von Rio Reiser bis Erich Kästner. Gemixt mit einfachen Liedern aus der kroatischen Kindheit bis zu André Hellers „Schnucki“ als Erinnerung an die Wiener Zeit. Vor allem aber beeindruckte er mit sei nen rockigen Ausflügen am Klavier, denn nebenher spielt er auch noch in zwei Rockbands.

„Tu mir nicht so bescheiden, so groß bist du nicht!“

Der Satz der Großmutter hat ihn begleitet, wie viele hundert andere Sätze auch, von Lehrern und Professoren, Onkeln und Tanten, alles nachzulesen in seiner turbulenten Biografie. Dieser Abend gehörte Miroslav „Jugoslav“, ihm und seinem Leben, seinen kuriosen Erinnerungen, seinem Lachen und Erzählen, nicht Ivo Batic und dem Tatort. Dennoch, und weil es natürlich dazu gehört, gab es zum Ende noch ein A-capella-Lied zum Tatort-Thema. Und das Buch samt Signatur zum Mitnehmen. Und als nächstes, natürlich, möchte man ein Rockkonzert von Miroslav Nemec besuchen. Also, „Nehmet´s“ Euch einfach vor!“

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