Lernlust statt Lernfrust

In Erfolg baden

Wimmer empfiehlt statt der üblichen Technik der Wissensvermittlung erst einmal Geschichten zu erzählen.. Foto: pixabay

Vortrag in Holzkirchen

Mit einem Sack voller Ideen und Anregungen verließen gestern Abend Eltern und Lehrer den Vortrag von Jutta Wimmer „Lernlust statt Lernfrust“. Gespickt mit kabarettistischen Einlagen ließ die Pädagogin Wissen vom Hirn ins Herz rutschen.

Als 13-jährige Lisa betritt Jutta Wimmer die Bühne in der Aula des Staatlichen Gymnasiums Holzkirchen. Der Elternbeirat hatte zu dem Abend eingeladen und mehrere Hunderte gefrustete Eltern und Lehrer waren gekommen. Und schon waren sie alle in der „Kampfarena des täglichen pädagogischen Wahnsinns“.

Denn Lisa ist der Prototyp der Pubertierenden, die alles von sich wirft und zum Lernen Null Lust hat. Warum sind Heranwachsende so blockiert wie Würfelzucker in einem Zuckerspender, wo es doch so gut rieseln könnte? Weil es Lernlustkiller gibt. Diese auszurotten, ist Jutta Wimmer mit ihrem Buch unterwegs und trug einige davon gestern Abend vor.

Sog statt Push

Da wären die überfrachteten Lehrpläne. „Kinder können den Zitronesäurezyklus herunterbeten, kennen aber keine Bäume“, konstatiert Jutta Wimmer. Sie empfiehlt kurze Termine, kleine Lerneinheiten und einfach anfangen. Um Langeweile im Unterricht abzufedern, schlägt sie vor, dass die emotionalen Zentren im Hirn beteiligt werden müssen. Lehrer sollen den Funken der Begeisterung überspringen lassen. „Sog statt Push“, ist ihre Devise.

Gegen abstrakte Lernmethoden ohne Langzeitwirkung hat Wimmer die Mnemotechnik mitgebracht und die Zuhörer lernen sofort im Selbstversuch Artikel 3 des Grundgesetzes. Weiterhin dürfen die Bedürfnisse der Kinder nicht vernachlässigt werden. Wenn Kinder selbst entscheiden dürfen, wann, wie lange und wie und wo sie lernen, dann können sie ihr Potenzial entfalten, ist Jutta Wimmer sicher.

Bulimie-Lernen

Ein ganz schlimmer Lernkiller ist die vergebliche Suche nach dem Sinn des Lernstoffes. Dann wird nur noch für die Noten gelernt, es kommt zum Bulimie-Lernen, ganz schnell rein und ebenso schnell wieder raus. Wimmer empfiehlt statt der üblichen Technik der Wissensvermittlung erst einmal Geschichten zu erzählen. „Kinder brauchen Ziele, Visionen, Sehnsüchte“, sagt sie.

Eine auch bei Erwachsenen beliebte Methode ist die Aufschieberitis. Mit der Schweizer Ärztin Frau Dr. Grips liefert Jutta Wimmer ihre zweite Kabarett-Einlage. Sie muss bei ihrem Test feststellen, dass Vater Joe aus dem Publikum auch nicht frei von dieser Krankheit ist und konstatiert: „An den Kindern liegt es nicht.“

Gegen die Aufschieberitis hilft, so Wimmer, einfach anzufangen, ohne den Drang perfekt sein zu müssen und später zu verbessern. „Quick Shitty Draft“ nennt sie die Technik, denn im Korrigieren seien wir doch alle Weltmeister.

Schule ist Fehlersuchanstalt

Die Angst vor schlechten Noten ist ein weiterer Lernlustkiller. Noten dürfen das Selbstwertgefühl der Kinder nicht bedrohen, fordert die Pädagogin. Heute sei die Schule oft noch eine Fehlersuchanstalt, sie müsse aber vielmehr die Erfolge der Schüler hervorheben. Nicht was die Kinder falsch machen, sondern das was in ihnen steckt, zeigen, das sei die beste Methode, Lernlust zu fördern. „Kinder müssen in Erfolg baden.“

Das gilt nicht nur für Lehrer, sondern ebenso für Eltern und so schloss Jutta Wimmer mit der Bitte, dass jeder Lehrer drei positive Eigenschaften seiner Schüler benennen solle und die Eltern ihren Kindern entsprechende Briefe schreiben. Ein hilfreicher, humorvoller und informativer Abend, allerdings mit dreieinhalb Stunden ein wenig zu lang.

Jutta Wimmer: Die 10 größten Lernlustkiller, Köselverlag

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