Wilde Perchten und weihnachtliche Klänge
Dämonische Masken, wildes Geläut, Heilige Drei Könige – zum ersten Mal fand in der Zollingerhalle Valley das Königs-Perchten-Spiel zum 06. Januar statt. Foto: Florian Bachmeier
Veranstaltung in Valley
Dem einen oder anderen dürfte ein Schauer über den Rücken gelaufen sein: Mit Kuhglocken tanzten und tobten am 6. Januar die wilden Perchten durch die Valleyer Nacht. Zuvor ging es musikalisch-besinnlich in der Zollingerhalle um Christi Geburt und die Ankunft der Heiligen Drei Könige.
Zottelige Gestalten mit holzgeschnitzten dämonischen Masken polterten mit Lärm und Kuhglocken-Getöse, mit Fauchen, Kreischen, Mistgabeln und Ruten in der Hand durch eine erstaunte Zuschauermenge, die sich im weiten Kreis um eine Feuerschale VOR der Zollingerhalle versammelt hatte. Nah am Feuer stand ein Sternträger mit dem Stern von Bethlehem sowie drei Hirten, die die Geschichte des Perchtenspiels erzählten. Begleitet von melodisch-rhythmischen Klängen einer einsamen Trompete tanzten die Perchten schließlich um das Feuer.
Sie tanzten um das Feuer, um schließlich von den Heiligen Drei Königen zurück in die Geisterwelt verdrängt zu werden – die Perchten. Foto: Anja Gild
Rund 200 Besucher beobachteten staunend das Geisterspektakel, das zum ersten Mal im Orgelzentrum Valley stattgefunden hat: Die Königs-Perchten, unter Leitung von Peter Franz aus Oberdarching, zeigen seit 20 Jahren im Landkreis Miesbach dieses archaisch anmutende Singspiel. Es erzählt die Ankunft der Heiligen Drei Könige und damit den Triumph des Christentums über das dämonisch-heidnische Geisterreich der Frau Perchta.
Lesetipp: Das Königs-Perchten-Spiel
Damen-Combo, Männerchor und Dudelsack-Trio
Der Anfang des Abends IN der Zollingerhalle begann mit einem feierlichen, von Kerzen begleiteten Einmarsch des Chors Männer-Wollen-Singen mit dem gregorianischen Mundus A Munditia und dem englischen Weihnachtslied „Hodie Christus natus est“.
Auf der Bühne standen und saßen drei Gruppen: Der Chor unter Leitung des Organisten Stefan Krischke, die Damen-Gruppe Silberpappeln mit Irene Paul, Evi Bichler und Hildegard Huil sowie das Dudelsack-Trio Pfisterer mit Simon Pfisterer, Lucia Wagner und Michael Vereno. Durch das Programm führte Anja Gild, die mit ihren Wortbeiträgen eine Brücke zwischen den Heiligen Drei Königen und der Tradition der Perchten baute und somit das Drei-Königs-Perchten-Singspiel am Ende des Abends in einen kulturell-verständlichen Kontext setzte.
Die Gruppe „Silberpappeln“ (li.) und der Chor „Männer-Wollen-Singen“ (Mitte) singen gemeinsam den Jodler „Der Valiabte“. Foto: Anja Gild
Von Irland bis ins Trentino
Peter Franz, der Hauptorganisator des Abends, und alle beteiligten Musikgruppen verzauberten die vollbesetzte Zollingerhalle mit einem Programm vom weihnachtlich-alpenländischen Liedern bis hin zu spritzigen irischen Dudelsack-Melodien.
Lieder aus Norditalien, Bayern, Österreich, England, Irland – halb Europa war vertreten. Wie gehört all das zusammen? Einerseits ist da die Tradition des Perchtenlaufens im alpenländischen Raum. Andererseits waren es Wandermönche aus England, Irland oder auch Frankreich, die bei der Christianisierung Bayerns eine zentrale Rolle spielten. Daher auch die Idee, eine irische Dudelsack-Gruppe in das Programm aufzunehmen, zumal deren „Kopf“, Simon Pfisterer, ein gebürtiger Tegernseer ist.
Simon Pfisterer (li.) Lucia Wagner und Michael Vereno (re.) entführten in die Welt der Dudelsacks. Im Hintergrund lauscht Stefan Krischke, Organist und Leiter des Chors „Männer-Wollen-Singen“. Foto: Anja Gild
Auch bemerkenswert an diesem Abend die Vielfalt der Instrumente: Kontrabass, Gitarre, Flöte, Hackbrett (Silberpappeln), irischer Dudelsack, Böhmischer Bock, Geige, Saxophon (Dudelsack-Trio) und Klavier (Anton Waas).
Und weil im Orgelzentrum die Orgeln bei so einer Veranstaltung nicht schweigen dürfen, spielten die Organisten Anton Waas und Stefan Krischke zum Schluss eine Sonate von Lucchinetti aus dem 18. Jahrhundert auf zwei Instrumenten. Den „Rausschmeißer“ intonierte das Dudelsack-Trio mit einem österreichischen Alpara und einem österreichischen Tanzmusik-Stück.
Dann zogen sich alle ihre Jacken an, wärmten sich noch an einem Franzetti-Punsch vor der Tür und warteten auf den Beginn des Drei-Königs-Perchten-Singspiels. Sowohl die Einnahmen aus dem Punsch-Verkauf wie auch eine Spendensammlung nach dem Perchtenlauf gingen an die Stiftung des Orgelzentrums Valley als Dankeschön.
Jetzt steht 20-C+M+B-25 auf dem Seiteneingang der Zollingerhalle
Eine zu Herzen gehende Szene will hier noch erzählt werden: Dr. Sixtus Lampl war persönlich anwesend. Nach dem Tod seiner Frau Inge Lampl wenige Tage vorher keine Selbstverständlichkeit. Die Königs-Perchten-Gruppe gab ihm eine besonderer Rolle. In Versform bat er die Heiligen Drei Könige um den Segen über dem Seiteneingang der Zollingerhalle, seines Lebenswerks. Alle schauten andächtig zu, wie Peter Franz, alias Melchior, mit der Kreide die magischen Ziffern und Buchstaben über den Eingang schrieb. Selbst die dämonischen Perchten schwiegen für einen Moment.