
„Die Grundrechte gehören auf den Tisch“ …
Hilo Fuchs hält die Grundrechte hoch. Foto: MZ
Ausstellung in Tegernsee
…sagt die Tegernseer Künstlerin Hilo Fuchs und hat sich intensiv mit den Artikeln 1 bis 19 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland befasst. Ihre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema ist jetzt teilweise bei der Tegernseer Kunstausstellung zu sehen, die heute eröffnet wird.
Die Motivation für diese neue, große Arbeit der Keramikkünstlerin war ein Gespräch mit Bekannten, die behaupteten, wir seien fremdgesteuert und die Presse liege in den Händen von nur wenigen. Dies habe sie nicht mehr losgelassen, denn sie sei dankbar, dass wir eine Demokratie haben, sagt sie und weiter: „Ich möchte sie nicht verlieren trotz allem, was schiefläuft, denn das System der Demokratie ist das Beste, was es gibt, und das darf man nicht verspielen.“
„Die Würde des Menschen ist unantastbar,“ der Artikel 1 des Grundgesetzes sei ihr geläufig gewesen, aber dann habe es schon geholpert. „Für einen Euro kann man die Grundrechte erwerben“, sagt Hilo Fuchs und hält das kleine Büchlein hoch.
Artikel 1. Foto: MZ
Sie habe sich eingelesen und dann entschieden diese Grundrechte in Gebrauchsgeschirr umzusetzen, das täglich benutzt wird. Als erste schuf Hilo Fuchs eine Schüssel mit der Inschrift „Festhalten an den Grundrechten“. Sie wir mit zwei Händen gehalten.
Danach habe sie die Artikel 1 bis 19 intensiv studiert, Hintergründe und Geschichte recherchiert und beschlossen, jeden einzelnen Artikel in eine Keramik umzusetzen. „Es bewegt mich, denn ich finde es in unserem Staat gut“, sagt sie, „wir haben eine unabhängige Justiz, Presse- und Meinungsfreiheit“. Mit ihren Arbeiten wolle sie für Menschen Zugang zu den Grundrechten schaffen.
Installation „Grundrechte“. Foto: Hilo Fuchs
„Ich glaube, sie gehören auf den Tisch und jeder soll sich darüber Gedanken machen.“ Sie habe mit Ex-Bürgermeister Peter Janssen darüber gesprochen und er habe gesagt, man dürfe die Grundrechte nicht verspeisen lassen, etwa von Putin.
Begleitend zur Ausstellung hat Hilo Fuchs eine Broschüre erstellt, in der Hintergrund und die einzelnen Arbeiten vorgestellt und erklärt werden. Es starte mit zwei schwarzen Seiten, die die deutsche Geschichte des Nationalsozialismus symbolisieren sollen. Danach folgen allgemeine und historische illustrierte Erklärungen zur Historie und der Struktur der Grundrechte im Grundgesetz.
Danach hat die Künstlerin ihre künstlerische Umsetzung zu den 19 Artikeln gemeinsam mit dem Text in der Verfassung und ihrem persönlichen Fazit auf je einer Doppelseite zusammengestellt.
Artikel 2. Foto: MZ
„Mein Lieblingsartikel ist Artikel 2“, bekennt sie. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit sei ihr sehr wichtig. Und so liegt die sehr spärlich bekleidete Frau mit einem Cocktail im Deutschlandboot, selig lächelnd.
Aber auch Artikel 3 „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ liegt ihr am Herzen. „Gleichberechtigung hat oberste Priorität“, sagt sie. Ob Geschlecht, Abstammung, Rasse, Abstammung, Sprache, Herkunft, Glaube oder politische Anschauung oder Behinderung, alle Menschen müssen gleichbehandelt werden.
Artikel 5. Foto: MZ
Zu Artikel 5, dem Recht der freien Meinungsäußerung hat Hilo Fuchs ein Tortendiagramm gefertigt. „Zwei Drittel unserer Welt müssen mit Zensur leben“, hat sie recherchiert. „Bei uns aber ist Freiheit“, sagt sie und weist auf Pressefreiheit etwa mit dem Satiremagazin „Titanic“ hin. In der Mitte hat sie das Symbol des „Simplicissimus“ angebracht und erklärt „Kunst gibt es überall.“ In ihrem Fazit stellt sie die brisanten Fragen: „Was ist mit Mobbing, Hass-Aufrufen und Falschaussagen?“ Social Media und das World Wide Web spiele eine große Rolle.
Zwei Blicke auf die Installation in Tegernsee. Foto: Hilo Fuchs
In der ihr eigenen auch humorvollen Art hat Hilo Fuchs den Artikel 6 zu Ehe und Familie umgesetzt. Sie betont: „Heute sind alle Formen des Zusammenlebens zulässig.“
In Tegernsee sind zudem ihre Umsetzungen zu Artikel 12, 13 und 14 ausgestellt. So hat sie etwa die Unverletzlichkeit der Wohnung als Schüssel mit zwei großen Ohren als Henkel umgesetzt und sagt: „Meine Wohnung ist privat. Da darf keiner rumschnüffeln, ausspionieren oder ohne meine Erlaubnis eintreten.“
Wenn heute die 75. Tegernseer Kunstausstellung im Rahmen der Tegernseer Woche eröffnet wird, dann wünscht sich die Künstlerin einen regen Austausch mit den Gästen, die mit ihr am Tisch der Grundrechte Platz nehmen dürfen. Ein Bericht über die Gesamtausstellung folgt am Sonntag.
Der Riss. Foto: MZ
Denn, so sagt Hilo Fuchs, unsere Grundrechte sind in Gefahr. Dies symbolisiert sie mit dem Zylinder in den deutschen Farben, durch den ein tiefer Riss geht.
Zum Weiterlesen: Alles beginnt mit einem Klumpen Ton