Die Räuber

Was uns „Die Räuber“ heute zu sagen haben

Karl (Bernhard Weindl) wird zum Räuberhauptmann gewählt. Foto: Petra Kurbjuhn

Theater in Valley

Sepp Floßmann wagt es, mit seiner Theatergruppe der „Schloßbergler Valley“ einen 240 Jahre alten Klassiker aufzupolieren. Mit Friedrich Schillers „Die Räuber“ zeigt er, dass die Thematik des Dramas noch immer aktuell ist. Und der anhaltende Applaus zur Premiere gibt ihm Recht.

„Ich habe Euch viel zugemutet“, sagte der Regisseur am Ende der Aufführung und er danke dafür, dass das Publikum den Räuberweg mitgegangen sei. Es ist nicht das erste Mal, dass die Theatergruppe auf Klassiker zurückgreift. Kleists „Der zerbrochene Krug“ und Goethes „Faust“ waren in der bairischen Dialektfassung erfolgreich. Auch jetzt hatte Sepp Flossmann das Drama auf Bairisch umgeschrieben.

Friedrich Schillers Erstlingswerk hatte bei seiner Uraufführung zu einem Eklat geführt, kein Wunder, hatte der erst 23-jährige Dichter Gewalt, Mord und Aufruhr gegen gesellschaftliche Normen dargestellt. Das ist aber nur eine Seite des Inhaltes. Die andere Seite betrifft den familiären Zwist in einer Familie, in der Kinder unterschiedlich behandelt werden.


Im Programmheft wird dazu die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn zitiert, deren Aussage ebenso zutrifft wie die Geschichte von Kain und Abel, denn es geht um Vater- und um Brudermord, wenn auch nur im übertragenen Sinne.

Die Räuber
Vater Maximilian Moor (Wolfgang Neuner) und Franz (Franz Gröbmeyer). Foto: Petra Kurbjuhn

Die zwei Brüder könnten nicht unterschiedlicher sein. Karl, von Bernhard Weindl souverän dargestellt, ist der Liebling des Vaters. Gutaussehend, klug, Erstgeborener, Student. Allerdings recht leichtfertig.

Franz hingegen ist von der Natur nicht gut ausgestattet und kompensiert das durch Bösartigkeit und Intrige. Franz Gröbmeyer fühlt sich nach anfänglichem Holpern sehr gut in die schmierige und aggressive Figur der Kanaille hinein und verleiht ihr starke Präsenz. Nichts anderes als der Herr will der Zweitgeborene sein und schreckt selbst vor Vatermord nicht zurück.

Die Räuber
Franz (Franz Gröbmeyer) und Amalie (Helena Epp). Foto: Petra Kurbjuhn

Vater Maximilian Moor wird von Wolfgang Neuner gebrechlich und zerrissen in seinen Gefühlen gespielt. „Franz, gib mir meinen Buben wieder“, fleht er, nachdem er auf dessen Intrige hin Karl verstoßen hat. Er stirbt mehrere Tode, letztlich haben ihn beide Söhne durch ihr Verhalten umgebracht.

Helena Epp ist die zarte, aber starke Amalie, die sich in ihrer Liebe zu Karl, auch nach dessen vermeintlichem Tod nicht abbringen lässt und Franz Paroli bietet.


Die Räuber im Wald. Foto: Petra Kurbjuhn

Um diese vier Hauptfiguren dreht sich das Drama, das Sepp Floßmann komprimiert und auf kurze, starke Szenen verkürzt hat. Wichtig dabei ist auch das spartanische Bühnenbild, vom Regisseur selbst entworfen. Es zeigt mit einfachsten Mitteln den gräflichen Palast, die Schenke und den Wald, indem Vorhänge und Paravents den jeweiligen Hintergrund gekonnt darstellen.


Karl (Bernhard Weindl) trifft auf den Vater (Wolfgang Neuner), der im Hungerturm eingesperrt war. Foto: Petra Kurbjuhn

Nachdem Franz seine Intrige gegen Karl durch gefälschte Briefe erfolgreich durchsetzt, gründet Karl mit seinen Studienkollegen eine Räuberbande, mit der er gegen die Reichen und für die Armen kämpfen will, mit der er Freiheit und Gerechtigkeit, also hehre Ziele anstrebt. In seinem Kameraden Spiegelberg indes hat er einen Gegner. Jakob Hechenthaler spielt den neidischen und gewalttätigen Widersacher authentisch und lobt immer wieder seine eigenen Großtaten. Es kommt in der Bande zu Aufruhr und es kommt zu Mord- und Totschlag.

Mit der Besetzung von Räuber Schweizer durch Karolin Dieterich gelingt Sepp Flossmann ein Coup. Eine Räuberin, dem Hauptmann Karl fest verbunden, die ihr Handwerk mit Enthusiasmus ausführt und zur Belebung der Szenerie beiträgt.


Der Pater (Franz Lechner) ruft die Räuber zur Umkehr auf. Foto: Petra Kurbjuhn

Auch Diener Daniel hat der Regisseur zu Daniela umgewandelt und damit Gabi Neuner die Möglichkeit gegeben, ihren Zwiespalt zwischen Untergebenheit Franz gegenüber und ihrem Gewissen deutlich zu machen.

Diesem Gewissenskonflikt ist ebenso Lenz Mayrhofer als Hermann ausgesetzt, während Franz Lechner als Pater und Pfarrer die moralische Seite der Kirche vertritt. Dem aber setzt Karl das Unrecht der Mächtigen in Kirche, Politik, Finanzwesen und Adel beweiskräftig entgegen.

Ein Höhepunkt der Aufführung ist zweifelsfrei die Szene, in der die Räuber ekstatisch singend um das Feuer tanzen. Hier können auch Beni Hagn, Vitus Jaschke, Hansi Huber und Markus Kienbacher ihr Talent zeigen. Dabei spannt die Auswahl der Musik den Bogen zur Gegenwart. Verena Hitzlesperger hat moderne Musik ausgewählt, die ganz unterschwellig zeigt, wie aktuell die Thematik des Stückes ist.


Denn letztlich geht es um Freiheit und Gerechtigkeit, sowie Abschaffung der Ständeunterschiede, für die die Räuber unter Hauptmann Karl kämpfen. Dass Gewalt und Mord, wie Spiegelberg es will, dazu nicht die geeigneten Mittel sind, wird klar. Die zweite Ebene, die familiäre und persönliche, die Ebene von Hass, Ungerechtigkeit, Intrige und Lüge wird ebenfalls enttarnt. Und so scheitern beide Brüder, Franz schmählich und Karl ehrenvoll, mit dem berühmten letzten Satz: „Dem Mann kann geholfen werden.“

Die Räuber
Ensemble beim Schlussapplaus. Foto: Petra Kurbjuhn

Eine bravouröse Leistung aller Darstellerinnen und Darsteller, eine frische, kompakte, lebensnahe Inszenierung eines Dramas, dessen Gegenwartsbezug von Sepp Floßmann deutlich herausgearbeitet wurde.

Die nächsten Aufführungen von „Die Räuber“ im Trachtenheim der „Schlossbergler Valley“ am 10., 18., 19., 25. und 26. Januar sind nahezu ausverkauft. Zusatzvorstellungen sind für den 31. Januar und 1. Februar um 20 Uhr vorgesehen. Weitere Informationen und Kartenverkauf unter der Webseite. Wer nicht online buchen will, am Sonntag, 12.01.2025 gibt es von 10 bis 12 Uhr im Trachtenheim Valley einen Präsenz-Vorverkauf.

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