
Kennenlern-Happening für zehn Minuten
Anna Kutter, Jonas Dengler und Stephan Weisz agieren und Helmut Herrmann klammert sich an seinen Text. Foto: MZ
Theater in Holzkirchen
Was passieren kann, wenn ein Ehepaar zu spät zu einer Vorstellung des Teamtheaters im FoolsTheater kommt, das kann das Publikum beim Besuch der köstlichen Komödie „Der Hochzeitstag oder Es bleibt ja in der Familie“ von Rolf Sperling erleben.
Selten so gelacht. Der Plot des Stückes, die temporeiche Inszenierung von Margarete Kutter mit witzige-gekonnten Regieeinfällen und ein eingespieltes talentiertes Schauspielerteam ließen die Premiere zu einer überaus gelungenen Präsentation der Boulevardkomödie werden.
Eigentlich ist ja schon die Idee ganz lustig, dass sich geschiedene Partner samt erwachsenem Nachwuchs mit jeweils neuen Partnern treffen wollen, sozusagen in Familie, auch wenn der Nachwuchs wie immer bei Vorschlägen von Eltern das nicht besonders „cool“ findet, sich aber fügt.
Was aber das Stück wirklich urkomisch macht, das ist dieses zu spät kommende Ehepaar. Dummerweise nämlich müsste die Vorstellung ausfallen, weil der Hauptdarsteller erkrankt ist, erklärt sehr ernsthaft Stephan Weisz, der im Stück Vater Jens verkörpert. Wenn nicht eventuell jemand aus dem Publikum einspringen könnte. „Mein Mann“, ruft da sehr energisch aus der dritten Reihe Heike Schmitz, die von Madita Weißenbacher umwerfend komisch und zutiefst nervig gespielt wird. Georg Schmitz indes ist wenig willig, auf die Bühne zu gehen, lässt sich aber letztlich überreden und so kann es losgehen.

Anna Kutter und Jonas Dengler. Foto: MZ
Da ist also Vater Jens, der nach der Scheidung von Corinna allein mit Sohn Tim lebt. Jonas Dengler spielt den Twen, der auf der Couch lungert und nur am Handy hängt und bei allem, was der Vater sagt, nur genervt die Augen verdreht, typisch für das Alter. Als ihn offensichtlich die neue Freundin anruft, verkündet er die Knalleridee vom Papa, dass man sich zu viert mit den jeweils neuen Partnern treffen solle. „Aber nur zehn Minuten.“ Ein Running Gag bei allen Telefonaten ist der immer wiederkehrende Spruch: „Aber du legst zuerst auf.“
Typisch ist auch Mutter Corinna, die gerade in der Nähe war und mal vorbeischauen wollte. Anna Kutter kann sich als alles wissen wollende Mutter schauspielerisch voll ausleben und beschwert sich: „Dein letzter Post auf Facebook ist sieben Wochen alt.“ „Probiers mal auf Instagram“ die Antwort. Die Idee des Treffens findet sie toll und will mit ihrem neuem Partner auch dabei sein.

Karin Mostofi und Julia Hans. Foto: MZ
In einem anderen Bühnenbild ist Beate mit Tochter Anke zuhause. Auch Julia Hans als Anke verkörpert die typisch gelangweilte Jugend, während Karin Mostofi als Mutter Beate die Einkäufe schleppt. Aber dann kommt ein Anruf und sie lächelt verzückt. Für das Kennenlernen putzt sie sich ordentlich heraus, während Anke in ihrer schwarzen Kluft bleibt.
Wo denn ihr Mann bliebe, er solle doch wohl die Hauptrolle spielen, tönt es jetzt aus der dritten Reihe. Und da kommt er. Neu gestylt betritt Helmut Hermann die Bühne und hat sofort einen köstlichen Auftritt. Mit dem Text in der Hand versteht er es, dreimal dieselbe Szene, in der er nur „Guten Tag, Beate“, sagen muss, jeweils mit Blick in den Text aufzusagen. Auch künftig werden seine Textbeiträge klingen, als lese ein Erstklässler seinen Lesebuchtext.

Vertrackte Konstellationen. Foto: MZ
Und dazwischen immer wieder Heike aus der dritten Reihe, die nicht nur Regieanweisungen gibt, sondern auch Eheintimitäten zu berichten weiß. Das Publikum lacht sich permanent schlapp und muss sich in der Pause erst einmal erholen.
Danach also findet das Kennenlern-Happening mit Beobachten, Begutachten, Bewerten statt. Und die drei Konstellationen sind zumindest zum Teil etwas vertrackt und überraschend und führen sogar zu tätlichen Auseinandersetzungen. Wieso? Das wird nicht verraten.

Beim Schlussappaus mit Heike. Foto: MZ
Die sechs Schauspieler und Schauspielerinnen können jetzt ihr ganzes Talent ausleben, denn es geht ordentlich turbulent zu und sie werden textlich und körperlich gefordert. Und Heike spornt ihren Georg an: „Spiel sie an die Wand.“ Anhaltender Applaus für eine gelungene Vorstellung. Anschauen!
Zum Weiterlesen: Happy Birthday Margarete Kutter