Was Maria heute ist

„Madonna Litta“ von Zhenya Li zeigt ein vertrautes Motiv im Gewand der Gegenwart: Maria mit Kind und Handy – ein Spiegel unserer Zeit. Foto: Daniela Skodacek

Ausstellung in Mariensteiner Kirche

„Ein Marienbild ist etwas ganz persönliches. Jeder verbindet etwas anderes damit. Und jede Maria bringt eine andere Heiligkeit zum Ausdruck.“ Schöner hätte das nicht formuliert werden können angesichts der besonderen Bilder-Ausstellung „Maria – eine Frau“ in der Marienkirche mitten in Marienstein. Die Ausstellung kann noch bis Ende Oktober, dem Rosenkranzmonat, besucht werden.

Vielschichtige Mariendarstellungen

Das Zitat stammt von einer begeisterten Bewunderin der ausgestellten Werke, die von zumeist regionalen Künstlerinnen und Künstlern geschaffen wurden. „Jedes für sich ist genial“, merkte sie an. Und tatsächlich – die gezeigten Bilder sind so verschieden und vielschichtig, eben wie die unzähligen Mariendarstellungen und Interpretationen, die es weltweit und durch die Jahrhunderte hindurch von der „Mutter Gottes“ gibt.


Zur feierlichen Eröffnung durfte Kuratorin Sonja Still (hinten) einige der ausstellenden regionalen Künstlerinnen und Künstler persönlich begrüßen (vorne v.li.): Uwe Göbel, Kathrin André, Sopi von Sopronyi und Ursula-Maren Fitz vor dem titelgebenden Bild zur Ausstellung. Foto: Daniela Skodacek

Hoffnung von innerer Stärke

„Wir wollten zeigen, was Maria heute ist“, betonte Sonja Still in ihrer Eröffnungsrede. Die Journalistin, Autorin und Kunstvermittlerin – geschätzt unter anderem für ihre Führungen im Olaf Gulbransson Museum – kuratiert die Ausstellung in der Mariensteiner Kirche und ist zudem in der Kolpingfamilie Waakirchen-Schaftlach sowie als Wortgottesdienstleiterin im örtlichen Pfarrverband aktiv. Hier sei auch die Idee dazu entstanden. Organisiert hat Sonja Still die Marienbilder-Ausstellung aber nicht alleine. Zusammen mit ihren Wortgottesdienst-Kollegen Monika Finger, Heidi Völkl und Peter Pöß entstanden das Konzept und Rahmenprogramm.

Per QR-Code nachhören

Zum feierlichen Rahmen der Eröffnung gehörten mitreißende Einlagen des Tegernseer Chors „Sunshine Gospels“, der mit dem Song „Deep in My Soul“ unmittelbar in die Seele des Ausstellungsthemas überleitete: „Die Hoffnung von innerer Stärke ist das, was uns die Künstler in ihren Bildern mitgebracht haben“, sagte Sonja Still. Die wissenswerten Kontexte zu den gezeigten Werken liefert sie übrigens zusammen mit persönlichen Kommentaren der ausstellenden Künstler: Ganz einfach mittels Audiodateien direkt zum Nachhören über QR-Codes an den jeweiligen Werken.


Musikalisch kraft – wie gefühlvoll umrahmt wurde die Eröffnung in der Mariensteiner Kirche vom Tegernseer Chor „Sunshine Gospels“. Foto: Daniela Skodacek

Gedanken und Botschaften der Künstler

Das titelgebende Bild der Ausstellung „Maria – eine Frau“ stammt von Kathrin André aus Tegernsee, die das zarte Porträt eigens für diese Ausstellung gemalt hat. „Ein Thema, was ich wahrscheinlich selber so nie gewählt hätte“, erzählt sie in der Audioausgabe. „Aber nun war sie auf einmal gegenwärtig, diese liebevolle Frau, so zart und warmherzig. (…) Ich wollte Maria so zeigen, wie ich sie fühle, voller Sehnsüchte, Liebe und Freude, aber auch versunken in tiefem Schmerz.“ Durch den blauen offenen Hintergrund habe sie versucht, die Würde und Verehrung, aber auch das Himmlische und die Reinheit gegenüber dieser einzigartigen Frau zu zeigen – samt symbolhaftem, modernen Heiligenschein.

Nur in Marienstein

Ein weiteres besonderes Exponat ist „Maria Verkündigung“ – eine junge Frau, die ins Licht schaut. So ist sie am privaten Hausaltar im Palais Holnstein, dem Amts- und Wohnsitz des Erzbischofs von München und Freising, dargestellt. Gemalt hat es Brigitte Stenzel aus München. Sie habe die Verkündigung nicht wie sonst üblich visualisiert, sondern auf sehr überraschende Weise: Maria steht vor einem Vorhang, den sie zur Seite schiebt, um dahinter zu blicken. „Die junge Frau Maria, die für die ganze Menschheit steht, sieht ein Licht“ – so habe es der Erzbischof bei der Vorstellung beschrieben. Als die Ausstellung konzipiert wurde, sei dieses Bild ein Ideengeber gewesen, erzählt Sonja Still. „Es war so ungewöhnlich. Doch dann stellten wir fest: Das Bild ist privat, es kann nicht einfach irgendwo ein Foto gekauft werden. Wir forschten nach und bekamen letztendlich die Erlaubnis, es unverändert zeigen zu dürfen – nur hier in der Kirche, im pastoralen Zusammenhang.“


„Verkündigung“ von Brigitte Stenzel: Nicht der Engel tritt auf, sondern Maria selbst öffnet den Vorhang: ein leises Sinnbild von Neugier, Mut und Hoffnung. Foto: Daniela Skodacek

Madonna aus dem Nichts

Visuell zunächst im Gegensatz dazu steht das grafisch anmutende Werk „Madonna“ von Uwe Göbel aus Rottach-Egern, das am Orgelbalkon prangt und nur die Umrisse von Maria erkennen lässt. In der Audio-Info erklärt der Künstler: „Heute ist Maria für mich Madonna, Frau, Freundin und ein Symbol für den Umgang mit Frauen in einer leider immer noch männerdominierten Gesellschaft. Bei meinem Bild ‚Madonna‘ kommt sie wie auf einem Rollstuhl aus dem Nichts in die Bildmitte gefahren. Ihre individuellen Merkmale – Gesicht, Hand und ihr Kind – sind geschwärzt. Sichtbar bleibt nur der Faltenwurf ihres Gewandes und die Gesamthaltung, wie sie von vielen Abbildungen bekannt ist. Der farbige Rahmen begrenzt den Bildraum und gibt der Abbildung im Zentrum eine zeitgemäße Bedeutung.“


„Madonna“ von Uwe Göbel zeigt nur die Silhouette Marias. Faltenwurf und Haltung verweisen auf Tradition, der farbige Rahmen verleiht ihr Gegenwärtigkeit. Foto: Daniela Skodacek

Mutter und Kind

Überaus zeitgemäß ist auch das Bild „Madonna Litta“ von der ursprünglich aus Shanghai stammenden Malerin und Medienkünstlerin Zhenya Li, die heute in München lebt. Ihre Arbeiten verbinden akribisches Handwerk mit subtilen gesellschaftlichen Kommentaren – auch bei diesem Bild in der Anmutung eines Alten Meisters. Es zeigt Maria mit Kind samt Fläschchen auf dem Schoß, in der rechten Hand hält sie ein Handy. Als das Bild entstand, bewegte sich Zhenya Li zwischen mehreren Rollen. Künstlerin, Mutter und Ehefrau. „Und es war nicht immer einfach, eine gute Balance zu finden. Oft beobachtete ich auch Mütter im öffentlichen Raum, die ganz in ihr Smartphone vertieft waren und dabei ihr Kind kaum beachteten.“ Und sie fährt fort: „Mit meinem Werk möchte ich zeigen, wie moderne Technik unseren Alltag beeinflusst, insbesondere im Hinblick auf die Beziehung zwischen Mutter und Kind.“

Kunst mit KI

Des weiteren sind in der Ausstellung facettenreiche, fragile Glaskunst-Arbeiten von Ursula-Maren Fitz aus Waakirchen, detailreiche Fotokunst von Sopi von Sopronyi aus Gmund, dynamische Malereien von Ekaterina Zacharova aus Gmund sowie die „Betenden Hände“ des chinesisches Malers Zhao Bin, der sehr eng mit München verbunden ist, zu sehen. Überraschend ist auch die Marien-Interpretation „Aufnahme in den Himmel“, das von Künstlicher Intelligenz erschaffen oder besser berechnet wurde.


Ursula-Maren Fitz gestaltete eine „Wunschboot-Wand“. Hier lassen sich aufgeschriebene Gebete zu Schiffchen falten und auf die „Reise“ schicken. Foto: Daniela Skodacek

Maria als irdische Frau

Pfarrer Stefan Fischbacher reihte in seiner Eröffnungs- und Dankesrede auch das symbolträchtige Hochaltarbild der Marienkirche, die bald 100 Jahre alt wird, gewissermaßen in den Bilderreigen mit ein. Er betonte ebenfalls die Vielschichtigkeit Marias als irdische Frau, bevor er allen Besuchern der Ausstellung und allen Künstlern den Segen spendete. Abschließend durfte freilich das „Ave Maria“, gesungen von Solistin Julia Strohschneider, nicht fehlen. Ebenso wenig wie „Oh Happy Day“ und „Let It Shine“ des gesamten Gospelchors, bevor die Kolpingfamilie zu Sekt, Häppchen und Gesprächen einlud.


„Hausherr” Pfarrer Stefan Fischbacher (li.) mit Pfarrer Franz Mertens und den Wortgottesdienstleitern Sonja Still, Peter Pöss, Heidi Völkl und Monika Finger. Foto: Daniela Skodacek

Die Ausstellung „Maria – eine Frau“ ist an den Oktobersamstagen (04., 11., 18. und 25. Oktober) jeweils von 17.00 Uhr bis 19 Uhr geöffnet (vor den Vorabendgottesdiensten in Marienstein). Zudem gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm. Montags etwa gestalten die Wortgottesdienstleiter Marienandachten und Taizé-Gebete. Mittwochs finden Künstlergespräche statt (08. Oktober: Kathrin André; 15. Oktober: Uwe Göbel; 22. Oktober: Ursula-Maren Fitz). Die Finnisage findet am 29. Oktober 2025 um 19.00 Uhr statt (mit Marienandacht und Musik vom „Leidgschwendner Zwoagsang“, Maria Holzer an der Zither).

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