#OhneAscheKeinPhönix

Ideelle und finanzielle Wertschätzung für Kultur

Christine Eixenberger vor dem geschlossenen roten Vorhang des Foolstheaters in Holzkirchen. Foto: Alexander Harlander

Online-Kamingespräch der SPD in Miesbach

Nach den Grünen hat sich jetzt auch die SPD dem Thema Kultur in einem Online-Kamingespräch angenommen. Auch hier wurde Wertschätzung für Kultur und Solidarität, sowie Vernetzung der Kulturschaffenden angefordert. Im Interview erzählt Kulturmanagerin Micol Krause von den Anliegen.

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MZ: Was war die Absicht dieses Gesprächs?
MC: An diesem Abend sollte die Kulturlandschaft der Stadt Miesbach und des Landkreises aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Dazu waren die Schauspielerin und Kabarettistin Christine Eixenberger, der Musiker und Musiklehrer Erich Kogler, Klaus Beer vom Trachtenverein, Alexander Schmidt, Geschäftsführer der Standortmarketinggesellschaft und Martin Jacobi, Betreiber von Martins Bar und ich eingeladen. Darüber hinaus sollten Wünsche geäußert werden, wie es nach Corona weitergehen soll.

MZ: Christine Eixenberger hat ja eine eigene Initiative gegründet, über die wir auch berichtet haben.

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MC: Die Initiative #OhneAscheKeinPhönix von Christine Eixenberger ruft Künstlerinnen und Künstler dazu auf, nicht ihre Angebote kostenlos ins Netz zu stellen. Die Einzelkämpfer der Kulturbranche sollten stattdessen Solidarität üben und die Wirtschaftskraft der Kreativszene sichtbar machen. Leider habe ja dieser wichtige Wirtschaftszweig keine gemeinsame Lobby und deshalb auch keine Zugkraft.

MZ: Gab es einen gemeinsamen Tenor der Kulturschaffenden?
MC: Die Sorge um den Nachwuchs. Wer will denn heute noch Musiker oder Schauspieler werden, wenn diese Berufe nicht wertgeschätzt werden, wenn sie als nicht systemrelevant eingestuft sind und von vielen als Hobby oder Ehrenamt abgetan werden.

Porträt Erich Kogler in der 30. Ausgabe der KulturBegegnungen Seite 9

MZ: Wie sieht Erich Kogler die Situation?
MC: Als Musiklehrer und Leiter der Tegernseer Musikschule sieht er es kritisch, dass Musik nicht in Präsenz unterrichtet werden darf. Online-Unterricht könne den direkten Draht zwischen Lehrer und Schüler nicht ersetzen. Er ist verzweifelt, weil er Eltern keine Antworten auf ihre Fragen geben kann. Warum darf er Geschwisterkindern mit Negativtest nicht in einem großen Raum gemeinsam unterrichten? Zwar dürfen die Kinder in die Schule gehen, aber nicht zum Musikunterricht. Und für private Musiklehrer ist die Situation noch viel katastrophaler als an den kommunal unterstützten Musikschulen.

Kulturherbst auf der Klosterwiese
Erich Kogler im Konzert inTegernsee 2019. Foto: Ines Wagner

MZ: Wie sieht Klaus Beer die Situation bei den Trachtenvereinen?
MC: Online geht gar nichts, alles ruht komplett und für die Trachtler ist es sehr schlimm, dass das Miteinander ausfällt.

MZ: Was konntest Du als Vertreterin von Kultursprung e.V. und der Hofkultur im Tannerhof, sowie als Organisatorin der Filmale in Miesbach beitragen?
MC: Die Hofkultur ruht, wir müssen alle Veranstaltungen verschieben, das Hotel ist geschlossen. Aber man muss sich in der Pandemie um neue Formate bemühen. So habe ich von der Idee einer Open-Air-Kinowoche erzählt, die wir gemeinsam mit KulturVision e.V. als heimlichen inoffiziellen Kulturreferenten des Landkreises im Sommer organisieren wollen, weil bei Euch ja alle Kontakte im Landkreis zusammenlaufen. Am Runden Tisch von KulturVision am 28. April werden wir das Konzept vorstellen.

MZ: Hat auch Kultursprung kreative Ideen für die Zukunft?
MC: Kultursprung plant wieder ein Funkenradl-Projekt mit Kindern. Wir haben ja vor zwei Jahren ein integratives Kinderprojekt gemacht, das wir bei der Eröffnungsveranstaltung von „anders wachsen“ in Holzkirchen vorgestellt haben.

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Die Akteure der von Kultursprung geförderten Pionierwerkstatt. Foto: Isabella Krobisch

Dann haben wir die Pionierwerkstatt in Miesbach von Barbara Gerbl unterstützt und jetzt planen wir einen Kreativraum für Kinder, in dem sie sich ausprobieren können. Mein persönliches Coronaprojekt ist eine Online-Galerie auf Instagram, in der ich die Werke von zwei Künstlerinnen, Katrin Hering und Brigitte Yoshiko Pruchnow, anbiete.

MZ: Wie sieht der Gastronom Martin Jacobi die derzeitige Situation?
MC: Er hat Angst, dass das Bunte und Offene verlorengeht, dass sich alles verhärtet, wenn Kultur und Gastronomie geschlossen bleiben und die Begegnungen ausfallen. Gleichzeitig ist er glücklich und dankbar über die Unterstützung und den Gemeinschaftssinn in Miesbach und ist zuversichtlich, dass er die Zeit bis zum Herbst überbrücken kann.


Micol Krause. Foto: privat

MZ: Und was hat Alexander Schmid von der SMG für Ideen?
MC: Er ordnet die Kultur als wichtigen Standortfaktor für den Wirtschaftsstandort Landkreis Miesbach ein. Er stellte das neue Förderprogramm EUREGIO, das die Landkreise Miesbach, Bad Tölz und das österreichische Schwaz zusammenführt, vor. Für dieses Förderprogramm, das ab 2022 greifen soll, gebe es auch einen Spendentopf für Kultur. Und Christine Negele hat darauf hingewiesen, dass auch der Kreistag einen Kulturfonds hat, bei dem man sich bis Oktober 2021 bewerben kann.

Wertschätzung für Kultur und Existenzsicherung

MZ: Was ist dein Fazit für die Veranstaltung oder generell für die Kultur in Corona und danach?
MC: Wertschätzung für Kultur ist wichtig und Kulturschaffende brauchen Existenzsicherung. Hier sind hochqualifizierte Menschen unterwegs, die von ihrem Beruf leben müssen. Kultur ist gesellschaftsrelevant, ist Kitt für die Gesellschaft. Ohne Kunst und Kultur fehlen die gemeinsamen Erlebnisse, der Austausch. Es gibt zu viele Einzelkämpfer und bei der Solidarität und Vernetzung ist noch Luft nach oben. Aber es gibt eine Reihe neuer, vielversprechender Projekte und wir sind schon auf einem guten Weg.

spd
Von oben links: Lisa Hilbich, Andi Kempf, Leon Walther, Christine Eixenberger, Tom Schneider, Erich Kogler, Klaus Beer, Martin Jacobi, Micol Krause, Alexander Schmid, Bernhard Altmann. Foto: Screenshot

Lisa Hilbich von der SPD Miesbach teilte gestern mit: „Da wir es mit unserem Kamingespräch nicht nur bei schönen Worten belassen möchten, starten wir morgen bei change.org eine Petition mit dem Titel „New Deal Kultur – Wertschätzung und Absicherung für alle, die Kultur möglich machen“.

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