Paradies

WELCOME TO PARADISE

Probenfoto. Foto: Anna-Jemima Finzl

Theater in München

Im vorigen Frühjahr hatte Cornelius Heuten einen großen Erfolg mit der Aufführung von GERICHTET, einem Schauspiel mit Musik, Gesang und Film nach dem „Buch der Richter“ aus dem Alten Testament. Jetzt lädt er wiederum mit der KjG in der Diözese München und Freising ein zu WELCOME TO PARADISE und erzählt, wie es dazu kam.

MZ: In eurer Pressemitteilung schreibt ihr von Krisen und dunklen Tagen unserer Gegenwart, dem ihr etwas entgegensetzen wollt. Was versteht ihr unter dunklen Tagen?

CH: Wir haben das Gefühl, dass wir nicht mehr mit der Leichtigkeit und Sorglosigkeit in die Zukunft gehen können wie früher. Die Klimakrise ist kein Thema mehr, obwohl wir die Klimaziele nicht erreichen und jeder Sommer mit Hitzerekorden und Überschwemmungen uns daran erinnert. Seit über drei Jahren haben wir den Krieg in der Ukraine und seit zweieinhalb Jahren den Konflikt in Palästina, wo man nicht weiß, was richtig und falsch ist. Dies ist stellvertretend für unsere Gesellschaft, in der alles komplex ist und man nicht dafür oder dagegen sein kann, weil die Wahrheit dazwischen liegt. Und bei Trump fragt man sich ständig, was soll das denn? Die Grundrechte in den USA sind eingeschränkt worden und wir haben die AfD. Die Brandherde sind offensichtlich und dunkler Rauch hängt über allem.

Paradies
Film Still. Foto: Jonas Schlögl

MZ: Und was ist die Reaktion darauf?

CH: Die Leichtigkeit zieht sich ins Private zurück. Wenn das Schöne und Gute nicht in der großen weiten Welt zu finden ist, muss es woanders sein.

MZ: Und wo?

CH: Wir in Oberbayern leben in einer privilegierten Welt mit geringer Jugendarbeitslosigkeit, wir können überall hinreisen, haben ein gesichertes Einkommen, sind topp ausgebildet, also befinden uns auf der Insel der Glückseligen. Wobei es auch im Oberland Armut und Obdachlosigkeit gibt und Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind.

MZ: Und nun ladet ihr in das Paradies ein?

CH: Wir haben gedacht, Paradiese sind im Kleinen und Privaten und wir wollen sie zum Verkauf anbieten. Jeder muss sich entscheiden, welches Paradies er betreten möchte. Wir bieten fünf verschiedene Paradiese an, haben dafür gemeinsam Ideen gesammelt und es ist für jeden etwas dabei.


Film Still. Foto: Jonas Schlög

MZ: Kannst du das konkreter benennen?

CH: Es geht ums Alleinsein, um die Natur, um Party, um das Zurückkehren in die Kindheit voller Geborgenheit. Es geht viel um soziale und körperliche Nähe. Wir haben alle Ideen geclustert und in ein Setting umgesetzt. Dabei hat jeder überlegt, was ist mein Paradies und vieles war ähnlich.

MZ: Hat euer Paradies auch etwas mit dem Paradies der Bibel zu tun?

CH: Wir haben überlegt, wo der Begriff herkommt. Welches Paradies meinen wir? Den Garten Eden oder das Paradies, wo ich nach dem Tod hinkomme oder die Eisdiele Paradiso. In der Genesis hat Gott den Garten Eden in die Welt gesetzt, den vier Flüsse einschließen. Dort konnten Adam und Eva sorgenfrei leben. Die Frage ist, warum haben sie vom Baum gegessen, obwohl es verboten war?

MZ: Könnt ihr diese Frage beantworten?

CH: Die Frage ist, was stört mich am Paradies, warum wird mir das Paradies überdrüssig? Was brauche ich, um glücklich zu sein? Wir müssen unsere Vorstellung vom Paradies nach oben schrauben zu einem Ort, den ich nicht kenne. Und es geht um einen Rückzug ins Persönliche.


Film Still. Foto: Jonas Schlögl

MZ: Wie habt ihr aus diesen Ideen ein Theaterstück gebastelt?

CH: Wir haben Texte der Mitwirkenden gesammelt und diese in eine Reihenfolge und in eine Theaterform gebracht. Andi Bichler hat gemeinsam mit seinem Team die Musik komponiert und bekannte Lieder dazu genommen, so dass eine breite Palette an Musik entstanden ist. Beispielsweise hat er einen Choral aber auch einen Schlager geschrieben und es gibt italienische Lieder vom Dolce Vita, es ist bunt wie im Paradies.

MZ: Was erwartet das Publikum noch?

CH: Es ist ein Chor dabei, der a capella aber auch mit instrumentaler Begleitung singt. Zwischen den fünf Schauspielern und dem Chor entwickelt sich ein Konfliktpotenzial, weil sich der Chor immer wieder in das Geschehen einmischt. Und wir haben einen Film gedreht, der als zentrales Element im Stück eingesetzt wird.

MZ: Ist es dasselbe Team wie in GERICHTET?

Lesetipp: Wie wollen wir zusammenleben?

CH: In über drei Jahren ist es ein großes Team von über 50 Mitwirkenden geworden, das gern miteinander arbeitet und es begegnen sich sehr unterschiedliche Menschen. Nach GERICHTET haben sich Menschen bei uns gemeldet, die gern mitmachen würden.

MZ: Das ist für dich als Regisseur doch ein großer Erfolg.

CH: Ja, das ist der größte Erfolg, wenn man mit seiner Arbeit andere anstecken kann, das ist das Schönste, was einem widerfahren kann. Wir haben einen Raum für jeden geschaffen, da gibt es auch mal Konflikte, aber wir haben ein gemeinsames Ziel.


Plakat. Grafik: Lilly Rottler

WELCOME TO PARADISE, ein multimediales Theaterprojekt der KjG in der Diözese München und Freising unter der Regie von Cornelius Heuten in der Jugendkirche in der Preysingstraße am 2., 3., 4. 10. und 11. Oktober um 19.30 Uhr, Einlass um 19 Uhr. Karten unter paradiso25.de oder an der Abendkasse.
Mitwirkende sind unter anderem Andreas Bichler als Musikalischer Leiter, Christian Selbherr, Katharina Antonin und Florian Gutberlet aus dem Landkreis Miesbach.

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