Eigenständiges profiliertes Werk

Vortrag in Tegernsee

Der Honorarprofessor am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien verstand es, die trotz Faschingssonntag zahlreich erschienenen Zuhörer mitzunehmen auf eine Reise durch die Architektur des protestantischen Kirchenbaus in der Nachkriegszeit. Mit 27 Kirchenbauten habe Gulbrannson prägnante Antworten auf die oben gestellte Frage gefunden. Neun der Gotteshäuser waren bei seinem frühen Unfalltod 1961 gebaut, 18 weitere im Bau, die sämtlich noch fertig gestellt wurden.

„Uns fehlt das Leitbild“, so habe Gulbransson in seinen posthum erschienenen „Gedanken zum Kirchenbau“ geschrieben. Für ihn müsse die Architektur Räume schaffen, die die Menschen halten und führen, die die Begegnung mit dem göttlichen Raum ermöglichen. „Wie setzte er seine Vorstellung der dienenden Idee der Kirche um?“ fragte Stalla und antwortete: „durch Koinzidenz von Form und Inhalt“.

Alle Linien zum Altar

Sein Lehrer an der TU München Hans Döllgast habe gesagt, dass Gulbrannson neue Formen des evangelischen Kirchenbaus gefunden habe, ohne die Tradition zu verletzen. Mit seinen neuen asymmetrische Formen habe der Architekt Ende der fünfziger Jahre internationale Anerkennung gefunden. Sein zentraler Aspekt werde in der Schlierseer Christuskirche, seinem fulminanten ersten Werk, deutlich. Gulbrannson wollte, dass geometrisches und liturgisches Zentrum koinzidieren. Dies erreichte er, indem er alle Linien hin zum Alter führte, den er dezentral nach hinten verlegte. Symmetrisch dazu ist das Gestühl angeordnet. Sein Bekenntnis zur bayerischen Heimat ist durch den Zwiebelturm dokumentiert.

Bei seinen weiteren Kirchen habe Gumbransson sich an dieses Grundmotiv gehalten: einfache, geometrische Grundrisse und alles Überflüssige weglassen. Zudem, so Stalla, sei für ihn typisch, dass er diagonale Raumachsen gelegt habe und darüber diagonale Dächer. Das habe zur Dynamisierung des Außenbaus geführt. Mit einfachsten Mitteln habe Gulbrannson eine dynamische optische Verbindung von Altar und Gemeinderaum erreicht.

Nur mit seiner Idee, die Kanzel hinter dem Altar anzuordnen, sei er gescheitert, „Gott sei Dank“ bemerkte der evangelische Pfarrer Matthias Striebeck. So ordnete der Architekt Kanzel und Taufbecken in einem Kreis zum Altar an. Über dem Altar habe der Architekt schlichte und unterschiedliche Formen angebracht, die Jesusfigur in Schliersee, die Glasfenster in Rottach oder auch nur ein einfaches Kreuz.

Robert Stalla würdigte das Werk von Olaf Andreas Gulbrannson mit den Worten: „Er bekannte sich zu neuen, klaren, einfachen, übersichtlichen Formen im Kirchenbau.“ Er habe einen geistig-spirituellen Weg zu Gott gesucht. „Seine Kirchen sind Höhepunkte der Kirchenbauten. Gulbrannson hat ein eigenständiges, profiliertes Werk hinterlassen.“

www.olaf-gulbransson-museum.de

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