Gemeinschaft stärken, Kulturbrücken schlagen
Der Spurwechsel-Stammtisch bereichert einen Thementag in Fratres. Foto: Marinus Bogner
Kulturpartnerschaft mit Niederösterreich
Grenzen bestehen oft weit mehr noch in den Köpfen als auf der Landkarte. Eine Verbindung über die ehemalige Grenze zu Tschechien schlägt seit vielen Jahren die Kulturbrücke Fratres. Im Winter werden jeweils die Themen für das Sommerprogramm geschmiedet – auch wir von KulturVision sind wieder dabei.
„Wohin verschwinden die Grenzen?“ Fährt man von Fratres, Niederösterreich, nach Slavonice, Tschechien, grüßt dieser gigantische Schriftzug die Vorbeifahrenden auf dem Hügel, von dem aus man hinüber in beide Länder blicken kann. Grenzen wirken oft noch lange in den Köpfen nach, nachdem die Zäune und Mauern längst eingerissen sind. Dass auch diese Grenzen überwunden werden, ist das Ziel der Kulturbrücke Fratres. Gründer Peter Coreth hat die Vision eines zukunftsfähigen, einigen Europas noch nicht aufgegeben, obwohl es im Augenblick mehr danach aussieht, als seien die Visionen aus den 1990er Jahren gescheitert.
Peter Coreth, Spiritus Rector der Kulturbrücke Fratres. Foto: Hannes Reisinger
Lesetipp: Porträt Peter Coreth in den 30. KulturBegegnungen, S. 18
Im Sommer finden auf dem Gutshof in Fratres unterschiedliche Veranstaltungen statt, die zeitgemäße Themen mit den Mitteln der Kunst, Musik und Literatur, des Tanzes, Films, Theaters und der Wissenschaft beleuchten. Zur Generalversammlung am 1. März trafen sich die Kulturbrückler, Österreicher und Tschechen, am Marktplatz von Slavonice. Auch eine kleine Delegation aus Bayern ist jedes Mal dabei, wenn das Sommerprogramm festgeklopft wird. KulturVision gehört seit Jahren zu den Mitorganisatoren und Tagesverantwortlichen. Der Austausch ist für alle Seiten ein Gewinn.
Gemeinschaft im Mittelpunkt des Thementages
Nachdem wir mit KulturVision im Jahr 2017 die Idee des Projektes Anders wachsen nach Fratres getragen haben, werden in diesem Jahr Impulse der Spurwechsel-Initiative den Thementag am 7. September mit dem vorläufigen Arbeitstitel „Gesellschaftsmodelle der Zukunft“ bereichern. Monika Ziegler stellte in Slavonice das Konzept stellvertretend für ihre beiden Mit-Tagesverantwortlichen Coloman Kallos und Michael Zoglauer vor. Drei Modelle unterschiedlicher Gemeinschaften in Österreich, Tschechien und Deutschland sollen beispielhaft zeigen, wie gemeinschaftliches Miteinander funktionieren kann.
Lesetipp: Thementag „Schrumpfen oder Anders wachsen?“ in Fratres
Kulturbrücken schlugen auch Lydia Starkulla (Landkreis Miebach) und Günther Nowak („Da Woitviertler“), Niederösterreich, beim Thementag Anders wachsen 2017. Foto: Petra Kurbjuhn
Spurwechsel für ein sinnhaftes Leben
Beispielhaft für eine bayerische Gemeinschaft steht unsere Spurwechsel-Initiative, in der sich die Menschen gegenseitig bei ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen. Unter anderen werden wir den Film des Bayerischen Fernsehens der Reihe Stationen über die Initiative zeigen. Musikalisch wird der Thementag von Coloman Kallos ganz im Sinne Carl Orffs gestaltet: die Musik soll gemeinsam mit dem Publikum entstehen. Eine Gemeinschaftsausstellung der tschechischen Künstlergruppe …et cetera rundet den Tag ab.
Tomáš Pergler (Künstlergruppe …et cetera): Das große Bier. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch alle anderen Veranstaltungstage der Kulturbrücke Fratres versprechen ein intensives Auseinandersetzen mit hochspannenden Themen. Der erste Tag der Reihe am 25. Mai widmet sich dem Werk Joe J. Heydeckers, bekannt als der „Fotograf des Warschauer Ghettos“ und aufmerksamer Zeitzeuge und Journalist beim Nürnberger Prozess. Am 22. Juni geht es weiter mit „Spitzenmedizin versus Grundversorgung“. Der Thementag zum Stand der Gesundheitsvorsorge wird künstlerisch mit Werken des bekannten österreichischen Malers Hermann Nitsch unterstrichen.
30 Jahre Grenzöffnung
Am 27. Juli findet ein Thementag statt, der an die Öffnung der Grenzen vor 30 Jahren, der Zeit kurz davor und danach, erinnert: „Die wilden 1990er Jahre – ein Jahrzehnt des Möglichen“. Neben Vorträgen und Diskussionen steht am Abend ein Konzert der tschechischen Kultband „Veteráni studené války“ (Veteranen des Kalten Krieges) in der Scheune des Gutshofs auf dem Programm. Der 17. August widmet sich der Familie Coudenhove-Kalergi – zwischen altem Glanz und neuer Welt der Jahrhundertwende-Aristokratie in Westböhmen – mit einer Ausstellung von Bildern des berühmten verstorbenen Malers Hubert Pfaffenbichler, genannt „El Hombre“. Der Tagesverantwortliche Bernhard Setzwein aus Bayern liest aus seinem Buch „Der böhmische Samurai“.
Vorstand und Mitglieder der Kulturbrücke Fratres mit Kulturpartner KulturVision e.V. bei der Generalversammlung in Slavonice. Foto: Monika Freisel
Jedes Jahr locken die Thementage der Kulturbrücke Fratres unzählige Menschen von Wien bis Prag und auch aus Bayern in das kleine Dörfchen an der Grenze zu Tschechien. Darunter sind immer wieder prominente Künstler, Wissenschaftler und Politiker – von Vaclav Havel über Peter Dürr und Erni Mangold bis hin zu Oscar-Preisträger Michael Haneke. KulturVision bringt auch bayerische Künstler in das brückenschlagende Kulturprojekt ein, wie beispielsweise im letzten Jahr die Glaskünstler Ursula-Maren Fitz und Florian Lechner zum Thementag Glaskunst im Dreiländereck. Eine starke Gemeinschaft kann viel bewirken – und Kunst und Kultur können dabei wichtige Impulse setzen.