
Bilder im Dialog
Erich Wagner, Brigitta Fröhler Föhler, Marion Marski und Ulrich Hummel. Foto: Sonja Still
Ausstellung in Hausham
Kraftvolle Farbe, zarte Lichtmalereien und ein paar schlanke Damen. Marion Marski, Brigitta Fröhler, Erich Wagner und Ulrich Hummel präsentieren ihre Werke im Kunst- und Kulturhaus Hausham.
Memento naturae, illa te sustinet! Gedenke der Natur, sie erhält Dich! So könnte man einen Memento-Satz formulieren, der das Triptychon von Erich Wagner überschreibt. Der Kolbermoorer Künstler malt mit Öl auf Leinwand. Sein großes, dreiteiliges Werk – ein Meter hoch und 2,40 Meter breit – rückt das Moor, das Wasser und das Gebirge als Lebensraum farbintensiv in den Mittelpunkt. „Ich will daran erinnern, dass wir die Natur bewahren müssen“, erklärt er. „Nicht jedem ist heute noch klar, dass wir in einer wunderbaren Welt leben, die uns trägt.“
Seine farbintensiven Bilder zeigen deutliche Einflüsse von Kubismus und Expressionismus. Bergmotive finden sich auch auf den anderen Werken der Ausstellung: der Wilde Kaiser, die Rotwand und das Mangfallgebirge. „Aber ich bin kein Alpinist“, sagt er, „ich gehe ganz gerne wandern“. Er reist auch gerne. 2019 besuchte er Isfahan im Iran und erlebte die alte persische Kultur. „Das ginge heute nicht mehr“, meint er.
Triptychon von Erich Wagner mit Harfenistin Ilona Mayr. Foto: Sonja Still
Außerdem war er in Namibia bei den Himba. Da beeindruckte ihn sehr die Stärke der Frauen, die die zentrale Rolle in den Dorfgemeinschaften übernehmen und die ganze Arbeitslast und Verantwortung tragen. Seine Bilder erinnern an die abstrahiert maskenartigen Gesichter bei Picasso, Braque oder Klee. Doch die Flächigkeit und Farbigkeit seiner Kompositionen wirken deutlich kräftiger. „Ja, bei diesem Bild habe ich sogar ein Schlussfirniss aufgetragen“, betont er. „Das verstärkt den Eindruck. Mein Vorbild ist übrigens eher Lyonel Feininger. “
Erich Wagner vor „Die Einkaufsmeile“ und Brigitta Föhler vor „Muscheln“. Fotos: Sonja Still
Brigitta Fröhler entdeckt die Farbe gerade erst als Ausdrucksmittel. Der „Sonnenaufgang“ leuchtet in gelb-oranger Intensität. Zum ersten Mal zeigt Fröhler farbstarke Acrylwerke auf Leinwand, obwohl sie ursprünglich aus der Aquarellmalerei kommt. Ihr Bild „Muscheln“ (siehe Foto) wirkt trotz der sanften Blautöne kraftvoll. „Es ist eine andere Technik“, erklärt sie. „Aquarellmalerei erfordert Geduld. Man muss sich Zeit lassen, damit Wasser und Farbe fließen.“ In einem anderen Werk dominiert roter Klatschmohn fast den Raum. Obwohl das Bild zwischen anderen hängt und der Mohn zart im Rahmen bleibt, zieht er die Blicke auf sich – ganz so, wie es sich für Klatschmohn gehört.
Bilder im Dialog zeigen
Kuratiert hat die Ausstellung Marion Marski. „Ich wollte unsere Bilder im Dialog zeigen, deshalb habe ich sie nicht nach Künstlern, sondern nach Korrespondenzen in den Werken gehängt“, erklärt sie. Farben wiederholen sich, Motive ergänzen einander. Die Fotografin aus Miesbach präsentiert ihre Arbeiten unter dem Motto „Momente. sehen. sein“. Schon das deutet an, was sie mit ihrer Digitalfotografie sichtbar machen will. Vielleicht lässt es sich mit Goethes Worten beschreiben: „Was die Welt im Innersten zusammenhält.“
In einem Foto zeigt sie die Weite der Ewigkeit, so scheint’s. Ist es das Meer, in dem sich die Sonne spiegelt oder sind es Wolken, unter denen die Sonne aufgeht? Der Betrachter darf sich selbst verorten, in sich lauschen, wonach es klingt. Im Bild „Ohne Titel“ schwebt die Aura eines Grasstängels durch ein zartes Licht. „Es war nur ein kleines, vielleicht zwanzig Zentimeter hohes Gewächs“, erzählt sie. Um es zu fotografieren, bleibt sie ganz im Moment. „Ich suche nicht und schieße nicht. Das Motiv findet mich und ich nehme es mit dem Herzen wahr“, sagt sie. Natürlich stellt sie die Kamera ein, wählt die Blende und arbeitet gern mit einem Makroobjektiv. Doch der Automatik-Modus bleibt aus. Und wenn das Foto gemacht ist, korrigiert keine KI-Software das Bild. Es bleibt ein Abbild ihres Bewusstseins zu diesem Moment.
Marion Marski vor „Rote Blüte“ und Ulrich Hummel mit „Schlanker Frau“. Fotos: Sonja Still
Ganz anders arbeitet Ulrich Hummel. Schlanke Damen sind es und die stellt er am liebsten im Garten auf. „Im Winter dürfen sie ins Haus“, schränkt er ein. „Sie sind zu wertvoll, um vom Schnee gesprengt zu werden.“ Seine Skulpturen in der Haushamer Ausstellung zeigen Damen: figürlich, charmant, aber mit skurrilem Charakter.
Über Frauen verliert der Künstler kein freches Wort. Es gibt keine eigenwillige Schwester oder dominante Schwiegermutter, die ihm als heimliche Vorlage dient. Er gibt frank und frei zu, dass er sich von der Netflixserie „Bridgerton“ inspirieren ließ. Die Kleider, die Stoffe, die Frisuren faszinieren ihn. „Schauen Sie“, sagt er, „die Haare haben mich hier besonders gereizt“. Ein geflochtener Zopf aus Keramik, ein Dutt mit Locken – jedes Detail modelliert er einzeln. Er arbeitet nur mit den Händen und einem schmalen Spatel, auf weiteres Werkzeug verzichtet er. „Die Körper forme ich mit der Wursttechnik – ja, so heißt das wirklich. Den Kopf setze ich später auf“, erklärt er.
Im Alltag unterrichtet er als Pädagoge am privaten Förderzentrum Irschenberg, dort kann er auch die Werkstatt mit seinen Schülern nutzen. Den Ton lässt er drei bis vier Wochen trocknen, bevor er ihn brennt. In einem Fotoalbum hat er alle Damen versammelt, die er geschaffen hat: meist groß und schlank, manche füllig-barock. Auf den Fotos stehen sie immer im Garten. Und da ist sie wieder, die Erinnerung, dass die Natur uns trägt. Hummels Figuren, Wächterinnen von Wäldern, Gärten und Quellen, bewahren diese Botschaft.
Zum Weiterlesen: Sepp Danninger: Licht und Farbe