
Zwischen uns die Mauer
Philipp (Tim Bülow) und Anna (Lea Freund) im Park. Foto: KevinLee Film Meike Birck
Film in Holzkirchen
36 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer zeigte das Nachdenkkino im Holzkirchner FoolsKino die bewegende Lovestory zwischen Ost und West nach einer wahren Geschichte. Sie ließ das zahlreiche Publikum nicht unberührt zurück und zeigt wieder einmal: Die Liebe ist langmütig und freundlich (1. Korinther 13).
Und so führte auch die Pfarrerin der evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde Otterfing Madelaine Strassburg in den Abend ein. Eingeladen dazu hatte Ökumene vor Ort Holzkirchen-Otterfing, die das Format „Nachdenkkino“ ins Leben rief. Christiane Brunner und Annette Stratmann hatten den Film anlässlich der Wiederkehr des 9. November 1089 ausgewählt.

Christiane Brunner und Annette Stratmann von Ökumene vor Ort. Foto: MZ
Der Jugendfilm aus dem Jahre 2019 von Norbert Lechner, so erklärte Madelaine Strassburg, erzähle die Liebesgeschichte nach dem Roman von Katja Hildebrand, die vor der Wende spielt. Die Pfarrerin betonte, es gehe heute nicht nur um die damals real existierende Mauer, sondern ebenso um die Mauer in den Köpfen der Menschen.

Pfarrerin Madelaine Strassburg. Foto: MZ
Und zwar zum einen um die Sicht zu den neuen Bundesländern aber zum anderen auch um andere Themen, die zu Zerwürfnissen in Familien und Freundeskreisen führe. Sie forderte, dass wir eine nicht abwertende Sprache in unserer Kommunikation nutzen. „Die Wortwahl entscheidet viel.“
Der Film startet vor fast 40 Jahren in einer westdeutschen Kleinstadt. Aus dem Off erklingt die Stimme des SED-Generalsekretärs Walter Ulbricht, der im Juni 1961 verkündete: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.“ Eine kirchliche Jugendgruppe fährt zu einem Begegnungstreffen nach Berlin. Dabei ist die siebzehnjährige Anna.

Westliche Jugendgruppe an der Mauer. Foto: KevinLee Film Meike Birck
Sie stehen an der Mauer auf westlicher Seite und fahren dann nach Ostberlin, wo ein aufgeschlossener Pfarrer mit umfassender Bibliothek in seiner Wohnung das Treffen organisiert. Sein Sohn Philipp kommt verspätet dazu und der Blitz schlägt ein: Liebe auf den ersten Blick. Lea Freund und Tim Bülow spielen diese Begegnung und alle heimlichen weiteren natürlich, so jung, frisch und ehrlich.
Lea Freund braucht keine Schminke, sie ist schön in ihrer jugendlichen Verliebtheit und in ihrem unermüdlichen Kampf dafür. Tim Bülow schaut ein wenig aus wie der junge John Lennon, er ist rebellisch und sucht nach einer Möglichkeit in den Westen zu fliehen. Lange Zeit beobachtet er aus einem Dachfenster die Grenzposten und hat einen Plan.

Philipp (Tim Bülow) und Anna (Lea Freund). Foto: KevinLee Film Meike Birck
Der Film zeigt in aller Deutlichkeit die Schikanen des DDR-Regimes, schon die Sprache der Grenzsoldaten führt dazu, dass Anna zittert. Dramatischer wird es, als sie unter ihrer Kleidung eine Punk-CD nach Ostberlin mitnehmen will und dabei erwischt wird. Demütigende Leibesvisitation.
Und noch schlimmer wird es, als das Liebespaar einmal die Zeit verschläft, denn Anna muss jeweils bis Mitternacht wieder in Westberlin sein. Die Stasi steht vor der Tür. Der DDR-Knast zeigt in aller Schärfe das menschenverachtende System.

Die Eltern Fritz Karl und Franziska Weisz mit Schwester Nina Svea Derentahl gratulieren zum 18. Geburtstag. Foto: KeveinLee Film Michael Trammer
Kein Wunder, dass Annas Eltern die Liebesgeschichte ihrer Tochter skeptisch sehen. Franziska Weisz und Fritz Karl reagieren mit Verboten, haben aber auch Verständnis und wollen helfen. Sie beantragen ein Mehrtagesvisum für Anna, das aber wird abgelehnt.
So erscheint ein Treffen in Prag als die einzige Lösung. Bei einer Tasse Tee wartet Anna vergeblich stundenlang auf Philipp. Denn er wird im Zug nach Prag verhaftet, eine dramatische Wendung im Frühjahr 1987 beendet abrupt die Liebesgeschichte und Anna beginnt ein neues Leben.
Zwischen uns die Mauer bis die Mauer fällt
Dann fällt die Mauer.
Der Film zeichnet die Lovestory im geteilten Deutschland in einer authentischen Kulisse nach. So verwenden die Jugendlichen im Osten für toll oder großartig das Wort „urst“, was die westdeutschen Gäste nicht verstehen. „Zur Klärung eines Sachverhaltes“ werden Anna und Philipp immer mal wieder aus dem Verkehr gezogen.
Die Liebe aber ist langmütig und freundlich…