Nachruf auf die Arktis

Ein Nachruf auf die Arktis von Birgit Lutz

Zeugen der Veränderung. Foto: Birgit Lutz

Neuerscheinung auf dem Buchmarkt

Am morgigen 1. Dezember stellt Birgit Lutz im Heimatmuseum Schliersee ihr neues Buch „Nachruf auf die Arktis. Noch können wir die Welt retten“, vor. Auf den lebendigen Vortrag mit nachhaltigen Bildern geben wir einen Vorgeschmack, indem wir schon einmal reingelesen haben in das neueste Werk der Schlierseerin.

Seit 15 Jahren ist Birgit Lutz in der Arktis unterwegs. Als Expeditionsleiterin hält sie Vortrage über das gefährdete Ökosystem am Schiff, sammelt Plastikmüll mit ihren Gästen, der dann im Labor ausgewertet wird. Wieder an Land informiert sie unermüdlich über die Folgen des Plastikkonsums und Klimawandels in Büchern und Vorträgen. Ihr neues Buch “Nachruf auf die Arktis“ ist ein Weckruf, den die Menschheit dringend braucht.

Eine Eisbärenmutter, die am letzten Restchen Schnee einer Insel ihre beiden Jungen säugt, mit ihnen spielt, sie in die Arme nimmt. Eine der vielen Szenen des Buches, mit denen Birgit Lutz ihren Lesern die umfassende Schönheit eines Ökosystems näherbringt, das sich in rasanter Geschwindigkeit verändert. Prognosen den Wandel betreffend überholen sich, während die Journalistin das Buch schreibt, und die Geschwindigkeit dieses die ganze Welt betreffenden Ereignisses erfasst den Leser bereits auf den ersten Seiten und lässt ihn nicht mehr los.

Nachruf auf die Arktis Auf Forschungsreise in einer erhaltenswerten Welt. Foto: Birgit Lutz

Gleich zu Beginn des Buches konfrontiert Birgit Lutz mit unliebsamen Tatsachen: Wir können die globale Erwärmung nicht rückgängig machen, sondern sie nur aufhalten und verhindern, dass es schlimmer wird. Das seit der Industrialisierung von uns Menschen produzierte CO₂, das wir fortwährend in die Atmosphäre pumpen, verursacht Veränderungen im Klimasystem, die nicht nur die Meere erwärmen, die Gletscher in der Arktis verschwinden lassen, sondern Auswirkungen auf das Klima weltweit haben. Jetzt schon kündigen Extremniederschläge, Dürren, Hitzewellen und andere Wetterextreme Veränderungen an, die alles Leben dieser Erde betreffen werden.

Birgit Lutz nähert sich dem Thema Klimawandel, dem immer mehr, vor allem junge Menschen mit großer Angst und Verunsicherung begegnen, auf unterschiedliche Weise. Sie erzählt in klarer Sprache von ihren Erlebnissen als Zeugin einer in Veränderung begriffenen atemberaubenden Erdregion, spricht mit Leuten, die ihr Leben in der Arktis verbringen und interviewt Experten zu verschiedensten Aspekten dieses komplexen Themas. Ähnlich wie all diese Menschen, die Zeugen eines nie dagewesenen Phänomens werden und zuweilen mit Fassungslosigkeit, Trauer oder auch Verzweiflung darauf reagieren, fühlt sich der Leser dieses Buches, während er von Fakten, Prognosen und Beschreibungen wachgerüttelt wird.

Warum passiert so wenig?

Dennoch lotst Birgit Lutz sicher durch ein bewegendes Buch, als wäre sie die Kapitänin eines Schiffes in einem Fjord in Spitzbergen. Durchleuchtet das Phänomen der Leugner des Klimawandels und derer, die darauf bestehen, dass er nicht menschengemacht sei. Entlarvt die Lobby dahinter und bietet Hintergrundinformation, die verifizierbar ist. Lässt nicht zu, dass Erschütterung und Angst zur lähmenden Passivität werden, sondern interviewt Menschen, die Möglichkeiten und Lösungen aufzeigen.


Mit klarem Blick: Die Journalistin Birgit Lutz. Foto: Boris Storz

Mit fundiert recherchierten Fakten wirft Birgit Lutz auch immer wieder die Frage der Verantwortlichkeit auf. Den umweltbewussten Bürger, der sich anhand der Frage aufreibt, ob er die in Plastik verpackte Biogurke oder doch die ohne Plastik angebotene konventionell angebaute Gurke voller Pestizide kaufen soll, erinnert Birgit Lutz an die Möglichkeit der Ermächtigung. Denn ein verunsicherter, von Schuldgefühlen geplagter Konsument ist ein sehr gut manipulierbarer Konsument. Der Sache dienlicher sind selbstbewusste Menschen, die bewusst auf Dinge verzichten, die sie nicht brauchen, und aktiv werden in ihren Forderungen an die Politik. Die detaillierte Beschreibung von Deutschlands Umweltpolitik der letzten Jahrzehnte liest sich wie ein schauriger Roman, für den man sich ein unerwartetes Happy End wünscht.

Ein Buch, das sich nicht konsumieren lässt

„Nachruf auf die Arktis“ ist ein umfassendes Werk zum Thema Klimawandel, das mit packenden Interviews, starken Fotos und anschaulichen Grafiken, wissenschaftlich fundiert und dennoch für Laien gut verständlich aufbereitet ist. Es ist ein Buch, das sich nicht konsumieren lässt. Es verlangt Zeit, um sich auf ein komplexes Thema einzulassen und sendet trotz aller Unberechenbarkeit des Phänomens die Botschaft, dass wir ein Problem, das wir geschaffen haben, auch lösen können.

Gegen Ende des Buches zitiert Birgit Lutz einen Spruch, der angeblich von Inuit stammt und der sich bei ihrer Grönland-Durchquerung bewahrheitet hatte. „Willst du schnell gehen, geh allein. Willst du weit gehen, geh gemeinsam.“ „Nun müssten wir gerade tatsächlich auch schnell gehen, das tun wir aber am besten dennoch gemeinsam“, meint die Schlierseerin und zieht mit ihrem konstruktiven Optimismus hoffentlich noch viele Bürger von der Couch in die Aktion.

Birgit Lutz: „Nachruf auf die Arktis. Noch können wir die Welt retten“, btb, 2022

Zum Weiterlesen: Sind wir nicht alle gerade auf Expedition?

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