
Der Kasperl beim Wasmeier
Traudl und Peter Schröder spielen im Markus Wasmeier Freilichtmuseum zum Kasperltheater-Festival. Bühne von Günther Wasmeier. Foto: mi
Festival in Schliersee
Das Kasperltheater-Festival im Markus Wasmeier Freilichtmuseum feierte zehnjähriges Jubiläum. Mit dabei waren — außer dem Kasperl natürlich — jede Menge Prominente sowie ein gewisser Homunkulus.
Bei einem Besuch im Markus Wasmeier Freilichtmuseum in Schliersee kam ihnen die spontane Idee: Dieses alte bayrische Dorf wäre doch wie geschaffen für eine Kasperl-Bühne! Postwendend schrieben sie eine Email an Markus Wasmeier: Sie, Traudl und Peter Schröder, hätten seit einigen Jahren eine Kasperlbühne in München (Kasperls Spuikastl) und würden damit gern einmal ins Museum kommen. Ob nicht vielleicht Interesse bestünde?
Mauablemeal und Schloßgschpensta
Markus Wasmeier, der ohnehin ständig darüber nachdenkt, wie man Kinder und Familien in das Museumskonzept einbeziehen kann, musste nicht lange überzeugt werden: Er war begeistert. Gesagt, getan: Wasmeiers Vater, seines Zeichens Lüftlmaler und Restaurator, baute und bemalte eine Kasperlbühne und nur kurze Zeit später reisten Traudl und Peter Schröder mit dem Kasperl, der Großmuatta, dem Krokodui, dem Deife und all den anderen selbstgefertigten Figuren an den Schliersee. Hier, im Wasmeier Museum, spielen sie seit nunmehr dreizehn Jahren zwölfmal im Jahr und beglücken Klein und Groß mit ihren Stücken, in denen es um dumme Räuba, scheene Prinzen Mauablemeal und Schloßgschpensta geht.
Traudl und Peter Schröder mit dem Roten Ritta und seiner Frau Elvira. Foto: Wasmeier Museum
Schirmherr mit heimlicher Leidenschaft
Aber die Schröders — die eigentlich studierte Chemiker und Biologen sind und aus ihrer Liebe für das Puppentheater eine Profession gemacht haben — dachten größer. Irgendwann hatten sie die Idee, ein internationales Puppenfestival beim Wasmeier zu veranstalten. Der fand auch diese Idee großartig – und holte Gerhard Polt mit ins Boot. Polt, dessen heimliche Leidenschaft nämlich das Kasperlespiel ist — und der laut „Wasi“, wie er liebevoll von den Einheimischen genannt wird, „schon vor dreißig Jahren meine drei Buben mit den Handpuppen im Garten unterhalten hat“ — übernahm spontan die Schirmherrschaft für das Puppenfestival.
Markus Wasmeier mit Markus Ederer, Schirmherr Gerhard Polt und Tini Polt (v.l.). Foto: mi
Kasperltheater-Festival der regionalen und spielerischen Vielfalt
Das Kasperltheater-Festival wurde ein Hit und feiert heuer stolz sein zehnjähriges Jubiläum. Traudl Schröder, die die künstlerische Leitung innehat, hat auch dieses Jahr wieder verschiedene Bühnen mit spannenden Programmen eingeladen und zusammengestellt. Da ist zum Beispiel Udo Gläser aus Würzburg, der den Kasper in das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ einbaut. Uwe Spillmann aus Niedersachsen spielt in der Kiepe und bearbeitet Kasperstücke aus dem 17. Jahrhundert. Christian Fuchs ist mit seiner Guckkastenbühne aus Leipzig angereist und Marion Bihler-Kerluku aus Köln spielt etwas für die ganz Kleinen zum Mitmachen und Mittanzen. Puppenspieler Ciro Arancini aus Neapel, der seit 2023 in München lebt, ist zum zweiten Mal mit seinem Pulcinella in Schliersee – einer aus der Commedia dell’Arte stammenden Figur, die fester Bestandteil des italienischen Puppentheaters ist. „In den Dialekten, im norddeutschen, niederbayerischen, österreichischen oder schweizerischen steckt ja soviel anderer Witz, das ist total spannend zu sehen“, sagt Markus Wasmeier. „Und die Kinder verstehen auch das Platt aus dem Norddeutschen oder sogar Italienisch — das ist phantastisch.“, schwärmt er.
Hält das Puppenspiel für eine große Bereicherung im Dorf: Markus Wasmeier. Foto: pw
Kora Tscherning, Mitbegründerin des Figurenkombinats im thüringischen Meiningen, bringt einen sächsischen Kasper mit. Auch der wird von den Kindern verstanden. Vor allem aber versteht es Tscherning, die Kinder abzuholen und zum Mitmachen zu aktivieren. Ein unvergesslicher Moment, wie sie einen fiktiven Wald auf die Bühne stellt und die Kinder bittet, die zuvor geübten Laute von Vögeln, Igeln, Eulen und Füchsen nachzumachen und dann auch noch den Wind wehen zu lassen. Der Raum füllt sich mit wunderbaren Tönen und die Kinder sind restlos hingerissen.
Kora Tscherning mit ihrem begeisterten Publikum. Foto: mi
Das Söderle und der Homunkulus
Aber auch für die Erwachsenen gibt es ein Schmankerl – einen kabarettistischen Frühschoppen mit dem Warm-Upper Wolpert und dessen Assistenten Joe Heinrich aus Landsberg am Lech. Joe Heinrich lässt die Haute volèe der bayrischen Politiker im Raumschiff „Bavariaprise“ auftreten — Kommandant Markus Söder, dem eine Wurst um den Hals hängt („das Söderle“), einen von Wasserkraft besoffenen Hubert Aiwanger, Dorothee Bär, die nicht so genau weiß, was ihre Aufgaben als Ministerin für Raumfahrt sind und sich deshalb lieber daran macht, einen unterfränkischen Kartoffelsalat für ihren Chef zu machen, sowie einen sprachlich verwirrten Dr. Stoiber als Spock. Später treten auch noch Merkel, Seehofer und Erdogan auf, die nach einer ziemlichen Rauferei schließlich auf einen Absacker zum Wasi ziehen. Die Figuren sind wunderbar gesprochen, Pointen gut gesetzt.
Peter Schröder alias Prof. Dr. Kaschpelarias bei der Erschaffung des Homunkulus. Foto: pw
Natürlich haben sich Traudl und Peter Schröder anlässlich des zehnjährigen Jubiläums noch etwas ganz Besonderes ausgedacht: Vor den Augen der Zuschauer erschaffen sie — jetzt zeigt sich, dass sie etwas von der Alchemie verstehen — einen neuen kleinen Puppenmann. Den taufen sie Homunkulus und überreichen ihn Markus Wasmeier. Applaus und Gelächter sind riesig – denn der kleine Homunkulus ist ein Klon vom Wasi. Der findet nicht nur seinen neuen Gefährten, sondern auch das ganze Puppentheater „superschee“.
Markus Wasmeier mit Homunkulus, Gerhard Polt, Joe Heinrich und Traudl Schröder. Foto: mi
Zum Weiterlesen: Ein Gerücht und eine wahre Leidenschaft