
Vom Verschwinden der Menschen
Horst Hermenau in seiner Ausstellung mit Werken, die mit Fotografie und Malerei gefertigt wurden. Foto: MZ
Ausstellung in Holzkirchen
Unter diesem Titel stellt der Holzkirchner Künstler Horst Hermenau wieder einmal selbst in der von ihm kuratierten Galerie im Autopavillon Steingraber aus. Es sind groß- und kleinformatige Bilder, aus Fotografie und Malerei handgemachte Werke, mit denen der Künstler ein Gegengewicht zu KI-generierter Kunst setzen möchte und zum genauen Hinschauen auffordert.
Horst Hermenau befasst sich schon seit vielen Jahren mit der Verknüpfung von Fotografie und Malerei. Er erhoffe sich, so sagt er, dass diese Verbindung für rein bildnerisch orientiertes Suchen nach Synthesen noch schlüssigere Ergebnisse zeitigen als reine Malerei.
Er wolle, so erklärt er, die unterschiedliche energetischen Form von Fotografie und Malerei in ein geschlossenes System bringen. „In diesen Versuchen zeigt sich mir deutlich, wie viel mehr Energie im handgemachten steckt.“
„Am Schminktisch“, Variationen I und o.T. Foto: MZ
Die Arbeitsweise erklärt der Künstler an dem Bild „Schminktisch“. Er fotografierte Schülerinnen vor einer Theateraufführung beim Schminken und bearbeitete und verfremdete das Foto in A3-Format, fertigte aus dem zerschnittenen Foto eine Collage und druckte es dann mit einem Tintenstrahldrucker in dem Großformat auf Leinwand. Diese übermalte er mit Ölfarbe.
Ihm sei wichtig, so erklärt er, der Dialog. „Schon im Kleinen, in der Collage im A3-Format entsteht eine Zwiesprache und diese findet im Großformat erneut statt.“
„in Auflösung“, „im Bildschirm“, Variationen II und „im Spiegel“. Foto: MZ
Mit dieser Technik fertigte Horst Hermenau auch die anderen großformatigen Bilder, so das an der linken Seitenwand ohne Titel. Es sei bei einem Tag der Offenen Tür an der Schule entstanden, wo die Menschen nach Essen anstanden. „Mich interessieren Gruppen, sie sind ein wichtiges gesellschaftliches Element“, betont er.
„in Auflösung“. Foto: MZ
Beim genauen Hinschauen kann man von oben einfallendes Licht erahnen. „Eine Segnung“, meint er, „die würde man sich wünschen“. Denn schon kommt ein Bild mit dem Titel „in Auflösung“, das an das Thema der Ausstellung anknüpft. In diesem Bild geht alles Figurative verloren, ebenso wie in dem Bild „im Bildschirm“, bei dem der größte teil des Bildes sich im Verschwinden befindet und nur in dem kleinen Handybildschirm erscheinen zwei Mädchenköpfe in Realität.
Zeichnungen und rechts „in Erwartung“. Foto: MZ
Im letzten Bild der Reihe im 1. Stock indes sind die Figuren wieder erkennbar. „in Erwartung“ heißt es und gibt doch der Hoffnung Ausdruck.
Zwischen den Großformaten hat der Künstler kleinformatige Serien platziert, die in harmonischem Spannungsfeld miteinander stehen. Auch in diesen Variationen nutzt Horst Hermenau die beiden Techniken Fotografie und Malerei und schöpft die Möglichkeiten aus, die die Malerei bietet, um dasselbe Foto sehr unterschiedlich weiterzubearbeiten.
„Variationen I“. Foto: MZ
Ganz anders erscheinen die Arbeiten auf der rechten Seite des Ausstellungsraumes. „Zeichnungen aus den 70er Jahren bekommen eine neue Heimat“, erklärt er den Beweggrund. Die Aktzeichnungen aus seiner Studienzeit habe er in neue Umgebungen hineinkomponiert.
Es gibt eine chaotische und eine bürgerliche Umgebung, eine rätselhafte, in der ein Akt ohne Arme auf dem Boden liegt. „Ich hoffe, dass die Menschen forschen, was hier los ist“, meint Horst Hermenau.
o.T. Foto: MZ
Im Erdgeschoss sind weitere Bilder aus Fotografie und Malerei zu sehen. „Frühstück im Freien“ ist eine Hommage an Èdouard Manets „Frühstück im Grünen“. Ein heiteres Bild stellt eine Umkleidekabine dar, in der „mein Lieblingsmodell sitzt“, wie Horst Hermenau lächelnd sagt, aber durch die Mehrfachbelichtung hat es den verhüllenden Stoff zum Verschwinden gebracht.
„Standpunktverschiebung“. Foto: MZ
Die zwei großformatigen Bilder im Fenster des Erdgeschosses zeigen noch einmal in aller Deutlichkeit das Anliegen des Künstlers. „die Standpunktverschiebung“ und „Schatten in der Stadt“ offenbaren den Zerfall von Beziehungen, das Verschwinden nicht des physischen Menschen, sondern das Verschwinden der Menschlichkeit. „Es ist unsere Aufgabe, die Menschlichkeit zu fördern“, sagt Horst Hermenau und Ehefrau Evelin ergänzt: Diese Bilder sind eine Einladung, genau hinzuschauen, um der Komplexität der KI nicht ausgeliefert zu sein.“
„Der Betrachter soll von der Empfindung des ‚Machers‘ berührt sein, berührt im Herz und nicht so sehr im Hirn“, hofft der Künstler.
Zum Weiterlesen: Liebe, leiden, Tod und die Linie