Bewundernswerte Klarheit
Linde Keck regte die Ausstellung an und war Modell für Wolfgang Witschels Skulptur. Foto: MZ
Ausstellung in Miesbach
Ilse Hausner und Wolfgang Witschel setzten mit ihrem Qualitätsbewusstsein Maßstäbe in der Kunstszene des Landkreises Miesbach. Ihnen zu Ehren wurde jetzt die Ausstellung „Komposition, Tradition, Faszination“ im Kulturzentrum Waitzinger Keller eröffnet, die die ganze Bandbreite ihres Schaffens darstellt.
Von frühesten Arbeiten, etwa dem 1945 gemalten Mädchenporträt oder dem Bild der Großmutter, bis zu einem ihrer letzten, im hohen Alter von 92 Jahren gemalten Bild sind in der Galerie Ost des Kulturzentrums Werke von Ilse Hausner zu sehen. Neben den Porträts sind es vor allem Landschaften aus Italien, in denen die Künstlerin ihre Klarheit in Farbe, Form und Komposition zeigt.
Ilse Hausner: Tischgespräche. Foto: Isabella Krobisch
Von Wolfgang Witschel sind seine Skulpturen, auch als Relief zu sehen, ebenso klare Formen im klassischen Stil, Büsten und Tierplastiken vor allem. Daneben aber auch einige Beispiele seines malerischen Werkes.
Arche Noah in Gmund
Spannend die beiden unterschiedlichen Entwürfe des Ehepaares für ein Fresko im ehemaligen Krankenhaus Hausham, die Ausführung ging beim Abriss des Gebäudes verloren. Gerettet indes wurde das Sgraffito „Arche Noah“ an der Grundschule in Gmund, das Wolfgang Witschel fertigte und einer Wärmedämmung zum Opfer fallen sollte, wie Sohn Andreas mitteilte. Aber einer Gruppe von Gmundern sei es zu verdanken, dass dieses Werk des Vaters noch heute zu sehen ist.
Wolfgang Witschel: Relief Ziehende Antilopen. Foto: Isabella Krobisch
Künstlerehepaar Hausner-Witschel prägte künstlerisches Leben
Über Jahrzehnte hinweg habe das Künstlerehepaar Hausner-Witschel mit seinen Werken und Ausstellungen das künstlerische Leben im Landkreis Miesbach geprägt und starke Impulse gesetzt, würdigte Bürgermeister Gerhard Braunmiller. Immer aber hätten sie auch den Austausch mit Besuchern und seinen Vorgängern im Amt Rudolf Pikola und Schuhbeck gepflegt.
Bürgermeister Dr. Gerhard Braunmiller. Foto: Isabella Krobisch
Er zitierte: „Kunst kann Welten schaffen und Grenzen aufheben“ und Kunst lade zum Zwiegespräch ein. Das Stadtoberhaupt dankte der Familie Witschel, dass sie es ermöglichten, aus ihrem Familienbesitz diese Werke zu zeigen.
Ungehobene Schätze
So heißt auch der Untertitel dieser Ausstellung „Ungehobene Schätze des Künstlerehepaares Hausner-Witschel“. Schwiegertochter Kerstin Witschel führte in Leben und Werk der beiden Künstler ein. Linde Keck, gemeinsam mit ihrem Mann Peter, langjährige Freunde ihrer Schwiegereltern, habe sie ermuntert, diese Ausstellung anzuregen, damit die Werke an das Licht der Öffentlichkeit gebracht werden. Der Dank von Kerstin und Andreas Witschel ging an Isabella Krobisch, Leiterin des Kulturzentrums, dass in diesen schönen Räumen der Galerie Ost nun zur Erinnerung und zu Ehren des Künstlerpaares die Ausstellung ihres Gesamtwerkes ermöglicht wurde.
Kerstin Witschel vor zwei Bildern von Ilse Hausner, links: Porträt zweier Pflegerinnen, rechts Stillleben rot. Foto: Isabella Krobisch
Sie wolle nicht über die Kunst sprechen, sagte Kerstin Witschel, denn diese spreche für sich und sei nicht erklärungsbedürftig. Sie wolle stattdessen über die beiden Persönlichkeiten sprechen, die den Titel der Ausstellung „Komposition, Tradition, Faszination“ bewusst gelebt hätten und in bewundernswerter Klarheit ihre Werke schufen.
Raum, Form, Farbe und Komposition
Ilse Hausner habe die Natur als Anregung genommen und dann in Raum, Form, Farbe und Komposition in ihrer eigenen Art umgesetzt. Ihre Vorbilder seien Piero della Francesca und Cezanne gewesen. Eine starke selbstbewusste Frau mit Ecken und Kanten sei sie gewesen, die Eindruck machte. Sie sei gesellig, humorvoll, aber auch diszipliniert, ausdauernd und zäh gewesen.
Ilse Hausner: Felder und Hügel im Herbst. Foto: Isabella Krobisch
Dieselben Elemente Form, Raum, Farbe, Komposition seien die Basis für die Werke von Wolfgang Witschel gewesen. Er habe gesagt, dass eine naturgetreue seelenlose Wiedergabe noch keine Kunst sei, erst durch die Seele des Künstlers entstehe Kunst. Und zwischen den Farben entstehe wie bei der Musik der Klang eines Werkes. Er sei eher langsam, nachdenklich und sensibel gewesen, dabei politisch interessiert. Sein Harmoniebedürfnis spiegele sich in seinen Werken wider.
Klarheit und Schlichtheit
Beide Persönlichkeiten, die an der Dresdner Akademie der Bildenden Künste studierten, flüchteten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Bayern und bauten sich mit ihren eigenen Händen ein Haus in Riedern, wo sie bescheiden und fast asketisch für ihre Kunst lebten. So unterschiedlich im Charakter, sagte Kerstin Witschel, so einig waren sie sich in der Kunst. In ihrer Klarheit und Schlichtheit fanden beide im Sinne der Klassischen Moderne ihren eigenen Stil.
Andreas Witschel vor dem Selbtsbildnis seines Vaters. Foto: Isabella Krobisch
Aber das Künstlerehepaar Hausner-Witschel ging nicht nur der eigenen Kunst nach, sondern war auch für die Kunstszene des Landkreises Miesbach prägend. So war Ilse Hausner gemeinsam mit Olaf Gulbransson und Herbert Beck Gründerin der Tegernseer Kunstausstellung 1949. Und Wolfgang Witschel gründete die Künstlergruppe „Der Kreis“.
In einer Bilderschau ließen zum Abschluss Kerstin und Andreas Witschel das Leben der Eltern vorbeiziehen. Im letzten Foto grüßt Ilse Hausner mit einem Glas Sekt in der Hand die Besuchenden.
Zum Weiterlesen: Grund zum Feiern: 70 Jahre Tegernseer Kunstausstellung