
Bergfilme vom Feinsten
Das neue Programm des Alpen Film Festivals 2025 unter dem Motto „Grenzenlos“ zeigte die diesjährigen Highlights der Bergfilme: große Abenteuer, fantastisches sportliches Können, überwältigende Naturaufnahmen – und den Mensch an seinen Grenzen. Foto Hartmut Wolf (Standfoto | Alpen Film Festival)
Filmfestival in Miesbach
Zweieinhalb Stunden Bergfilm pur – das sind Geschichten, die für Adrenalin sorgen: Kitesurfen bei Minus 22 Grad, Eisklettern in Norwegen, Extrembergsteigen am 6600 Meter hohen Meru (Himalaya), ein Speedrekord in Frankreich oder atemberaubendes Freestyling im Montafon. Doch es ist auch Platz für leise Töne und Außenseitergeschichten.

Mit Leidenschaft, guter Laune und großartigen Filmen holten sie die Zuschauer ab: Sandra Freudenberger und Tom Dauer führten im Waitzinger Saal durchs diesjährige Programm des Alpen Film Festivals. Foto Hartmut Wolf
Eine eigene Welt
Schon lange vor Beginn füllte sich der Saal im Waitzinger Keller – die Fans außergewöhnlicher Bergfilme freuten sich zu Recht auf 110 Minuten „Alpen Film Festival“. Denn Tom Dauer und Sandra Freudenberger, in einer persönlichen Laudatio vorgestellt von Miesbachs zweiter Bürgermeister Astrid Güldner, hatten exklusiv die Highlights aus zwei Festivals für die aktuelle Bergfilm-Tour zusammengestellt – jeder der fünf Filme ein Meisterwerk des Genres: „Es ist unglaublich, welche Entwicklung der Bergfilm genommen hat. Vor ein paar Jahrzehenten waren Bergfilme Heldengeschichten. Heute eint das Genre alle, die eine Leidenschaft für die Berge haben – über gesellschaftliche, soziale und politische Grenzen hinweg“, brachte Sandra Freudenberger auf den Punkt, was Filmemacher und Publikum zusammenschweißt.
So konnte anschließend Tom Dauer, der das Bergfilm-Festival Tegernsee leitet, allen „viel Freude“ zur letzten Vorstellung einer Filmreihe wünschen, die in diesem Jahr bei 120 Aufführungen europaweit die Besucher in die Kinosäle gelockt hatte.
Dem eigenen Lebenselixier treu bleiben

In ihrem Film „45 Days – Sensing the Polar Night“ begleitet Caya Schöpf drei außergewöhnliche Menschen, die bei eisiger Kälte der wochenlangen Dunkelheit des norwegischen Winters trotzen. Foto Hartmut Wolf (Standfoto aus „45 Days – Sensing the Polar Night“)
Was macht die lange Dunkelheit eigentlich mit den Menschen – wie verbringen sie die Mørketid, die dunkelste Zeit des Jahres? „Es ist eigentlich nie völlig dunkel“, erklärt Journalist und Skitouren-Profi Espen Nordahl und zeit Caya Schöpf die Schönheit der verschneiten Küste bei Tromsø.
„Der Schnee macht diesen Schleier aus Dämmerung und Dunkelheit heller, siehst du?“, erklärt Kite-Surf-Weltmeisterin Kari Schibevaag und lädt Caya zum Ritt in den Wellen des eisigen Nordmeers ein. Gut, dass es in Karis Wohnmobil schön warm ist: „I hate to freeze…“

Sich den winterlichen Naturgewalten des Nordens aussetzen – für Kite- Surf-Weltmeisterin Kari Schibevaag ein unverzichtbarer Teil ihres Lebens. Foto Alpen Film Festival „45 Days – Sensing the Polar Night“
Mit der Alpinistin Aniek Lith geht es zum Eisklettern über einen gefrorenen Wasserfall. So kalt und gefahrvoll der Aufstieg auch sein mag – oben angekommen gönnen sich die beiden Frauen erstmal ein fruchtiges Steckerleis: Der Film wärmt mit solchen emotionalen Momenten nicht nur das Herz. Er zeigt auch, wie viel Kraft Menschen aus dem unmittelbaren Erleben der gewaltigen Naturelemente Kälte – Schnee – Eis – Licht – Meer – Berge ziehen.
„45 Days – Sensing the Polar Night“ Anderl Hartmann | Mountainbeat by Caja Schöpf | Deutschland | 30 Min. | englisch – UT deutsch
Gipfelglück im Himalaya: Neue Route am Meru

Beim Aufstieg auf den Himalaya-Gipfel Meru gerät das Trio Simon Gietl, Roger Schäli und Mathieu Maynadier auf fast 6000 Metern Höhe in schlechtes Wetter. Die Gesundheit leidet und die Zeit wird knapp… Foto Hartmut Wolf (Standfoto aus „Meru – The Ascent of the Goldfish“)
Schon einmal hatten die drei Extrembergsteiger Simon Gietl, Roger Schäli und Mathieu Maynadier versucht, eine neue Route in der Südostwand des 6600 Meter hohen Meru (westl. Himalaya) zu klettern. Nachdem ihnen das Wetter einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hatte, soll es nun beim zweiten Anlauf klappen. „Meru – The Ascent of the Goldfish“, einer der Eröffnungsfilme am 15. Oktober 2025 beim Bergfilm-Festival in Tegernsee, ist ein klassischer Expeditionsfilm, aber was für einer!
Staunen, bangen, hoffen, sich mitfreuen… Mitten im Geschehen sind die Zuschauer, wenn das Trio sich gegen alle Widerstände vom indischen Tiefland bis auf den Gipfel vorarbeitet.

Durchstieg gefunden: Eiserne Nerven und perfektes Können sichern den Erfolg in der Schlüsselstelle unterhalb des Gipfels. Nur noch wenige Meter, dann zappelt der „Goldfish“ (800 m, M6+, A1) im Netz. Foto: Hartmut Wolf (Standfoto aus „Meru – The Ascent of the Goldfish“)
Der Film begeistert durch seine Intensität: Die Interaktionen der drei großen Bergsteiger-Persönlichkeiten, dazu bunte Bilder Indiens, Leid und Leistung der einheimischen Träger, der gut gelaunte Anstieg bis auf über 5000 Meter – dann die böse Überraschung: Es schneit, das Unternehmen stockt, Krise… Tagelang checken die drei besten Alpinisten unserer Zeit immer wieder die Optionen für die neue Route, ihren „Goldfisch“. Dann endlich passt alles. In zwei hoch intensiven Kletter-Tagen erreichen Gietl, Schäli und Maynadier den Gipfel.
„Meru – The Ascent of the Goldfish“) | Daniel Hug | Österreich | 29 Min. | deutsch, englisch, französisch | UT deutsch
Mehr als ein Berghof

In der preisgekrönten Dokumentation „Am Steilhang“ erzählt Valentin Innerhofer von seinem Leben auf dem Oberhaushof in Südtirol. Foto Hartmut Wolf (Standfoto aus Am Steilhang)
Ohne Vorkenntnisse wagten Valentin Innerhofer und seine Frau Judith Stötter den Sprung in ein bäuerliches Leben unter extremen Bedingungen. Was sie sich in den vergangenen Jahren hoch über der Welt aufgebaut haben, ist ein außergewöhnlich selbstbestimmtes Leben – geprägt von Nachhaltigkeit und einem aufmerksamen Umgang mit Mensch, Tier und Pflanze.
In ruhigen Bildern und vielen kurzen Interviews mit Valentin Innerhofer erzählt der Film von Meike Hollnaicher und Thomas Schäfer vom Glück und den Anstrengungen eines einfachen Lebens. „Der Hof ist viel größer als das, was wir mit unseren Augen sehen können,“ sagt Valentin Innerhofer zum Schluss und dann erzählt er stolz, dass die besten Sterneköche der Umgebung das biologisch angebaute Gemüse von ihm beziehen – Lohn einer Denkweise, die ebenso traditionell wie modern ist.
Mit Girlpower zum Limit

In Le Grand-Bornand, am Fuße der Pointe Percée, bereitet sich Iris Pessey auf eine besondere Herausforderung vor: Sie will einen Speedrekord auf dem Berg aufstellen, den sie seit ihrer Kindheit liebt. Foto Hartmut Wolf (Standfoto aus „La Pointe Pessey“
Schon als Kind durchstreife Iris Pessey die Berge rund um das französiche Dorf Le Grand-Bornand. Der sportliche Papa begeisterte Iris zunächst fürs Fallschirmspringen, doch beim Training entdeckte sie das Bergauflaufen. Heute ist sie einer der besten Skyrunner der Welt.
Mit „La Pointe Plessy“ von Alexandre Chambet ist es ihrem Bruder Oscar gelungen, der extrem disziplinierte Sportlerin nahe zu kommen. Sein temporeicher, witziger und dennoch einfühlsamer Film zeichnet das Porträt einer enorm willensstarken, fokussierten jungen Frau, die alles daransetzt, ihren Hausberg, die steile Pointe Percée in Rekordzeit im Laufschritt zu bezwingen. Sie trainiert hart, stellt sich ihren innersten Ängsten und triumphiert zuletzt. Am 14. Juli 2025 erreicht sie überglücklich in nur 2 Stunden 12 Minuten den Gipfel der 2753 m Meter hohen Pointe Percée und schreibt damit Geschichte.
„La Pointe Pessey“ Alexandre Chambet | Glace Noire Films | Frankreich | 18 Min. | französisch | UT deutsch
Nur fliegen ist schöner

Dabei sein, wenn ein Freerider Bernhard Braun seine Spuren in den Neuschnee zaubert. Foto Alpen Film Festival „Hungry Gravity“
In seiner Einleitung zu „Hungry Gravity“ des Österreichers Bernhard Braun gestand Tom Dauer, dass bei diesem Film sofort klar war, dass er es bis ins Festival schaffen würde. Kein Wunder, denn der Beitrag des Freeriders zieht die Zuschauer vom ersten Moment an in seinen Bann: Wenn Braun in wunderbar englischem Kauderwelsch (mit deutschen Untertiteln) Skifilm-Klischees humorvoll auseinandernimmt, amüsiert das königlich.
Dann aber packt Braun seine Skier und kämpft sich mit Freund Franz hinauf auf den Albonakopf. Was dann folgt, sind unvergessliche Bilder von sensationellen Abfahrten im Tiefschnee des Montafon. Wenn die beiden kunstvoll-elegant zu Tal rasen, folgt man ihnen atemlos und versteht: Skifahren in solcher Perfektion macht frei.
„Hungry Gravity“ Bernhard Braun | Österreich | 17 Min. | englisch | UT deutsch
Ein Dank an die Kameraleute

Wer bei solchen Aufnahmen mitfiebert, denkt meist nicht an den Kameramann, der diesen Moment ebenfalls in der Wand hängt – und nicht nur seine Bergausrüstung trägt, sondern auch das Foto-Equipment. Foto Hartmut Wolf (Standfoto aus „Meru – The Ascent of the Goldfish“)
Sie schleppen, sie planen, sie drehen, sie fotografieren, sie tragen die Akkus in der Unterhose, damit sie nicht kaputtgehen… Was Kameraleute beim Dreh leisten, ist enorm. Ihnen und ihrem genialen Instinkt für Bilder verdanken wir die großartigen Naturaufnahmen, die unvergesslichen Momente, all die spannenden und lustigen Szenen, die Bergfilme einzigartig machen. Mehr über die Männer hinter der Kamera unter www.bergfilm-tegernsee.de
Zum Weiterlesen: Langsame Bilder, schnelle Schritte