Sterben

Anders sterben ist Heilung

Der Abend begann mit einer Meditation. Foto: Petra Kurbjuhn

Diskussionsabend in Holzkirchen

„Anders sterben“ hieß die Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Anders wachsen“, die Helena Snela und Ebony Davis im Foolstheater gestalteten. Sie verstanden es, eine Atmosphäre von Frieden, Heiterkeit und Verbundenheit zu schaffen, die die Interessierten mit Zuversicht erfüllte.

Es waren erstaunlich viele Menschen gekommen, um sich dem Thema zu stellen. Sie alle vereinte Helena Snela, Leiterin der Hospizgemeinschaft im Domicilium Weyarn, mit einer einführenden Meditation. Erst danach stellte sie die Fragen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Habt ihr Angst vor dem Tod?, um die es an diesem Abend gehen sollte.

Sterben
Die Psychologin und Leiterin der Hospizgemeinschaft Domicilium Weyarn Helena Snela. Foto: Petra Kurbjuhn

Mit dem a capella gesungenen Spiritual „Steel away to Jesus” zeigte Ebony Davis, Pianistin und Sängerin aus Valley, einen Weg auf, wohin die Reise gehen könnte. Mit markanter Stimme und großer Gefühlstiefe ergänzte sie die Worte der Referentin und erreichte die Herzen des Publikums.

Helena Snela berichtete aus ihrem zwanzigjährigen Erfahrungsschatz in der Begleitung Sterbender. Begonnen hatte es mit einem schwer kranken Teilnehmer an einem Meditationskurs im Domicilium Weyarn, der in diesem Haus sterben wollte. „Ich war von Angst besetzt“, gab die Psychologin zu. Dann aber sei sie reich beschenkt worden. Dem Meditationshaus wurde eine Hospizgemeinschaft angegliedert, deren Leiterin sie ist.

Auflösung von Verstrickungen

„Wir verbinden mit dem Sterben nur den Verlust, aber wir können Heilung erfahren, Versöhnung und Auflösung aller Verstrickungen“, sagte sie. Da sei am Ende nur noch Liebe und Heiterkeit. Sie wolle aber den Tod nicht idealisieren, denn er könne auch grausam sein.

Natürlich dürfe man traurig sein und weinen, solle sich dann aber der wunderbaren gemeinsamen Zeit erinnern und dankbar sein. Sterben hänge zu einem gewissen Teil von der Haltung des Menschen ab. Eine Sterbende, die sich Gott als Richter vorstellte, habe sich sehr schwergetan. Eine andere sehr gläubige Frau habe sich indes wie eine Braut auf den Tod vorbereitet und die Angehörigen getröstet. Ein Sterbender durfte sich verzeihen, dass er vor Jahren einen Jungen überfahren hatte und fand Erlösung.

Sterben ist wie eine Geburt

Das Sterben sei wie eine Geburt, sagte die Hospizleiterin, manchmal leicht und manchmal schwer. Eine Frau habe erst friedvoll einschlafen können, nachdem sie sich mit einem ihrer Kinder versöhnt habe. „Man muss zu Lebzeiten alles erledigen, um frei sterben zu können“, gab sie den Zuhörern mit auf den Weg.

Wichtig seien bei dem Sterbeprozess Rituale, wie beten und singen. Und es sei wichtig, vom eigenen Ego abzurücken, loszulassen. Wie man das lernen könne? Indem man die eigene Vergänglichkeit bejahe und sich der Unausweichlichkeit des eigenen Sterbens stelle.

Sterben
Die Valleyer Pianistin und Sängerin Ebony Davis. Foto: Petra Kurbjuhn

Was danach komme, das können wir nicht wissen, sagte Helena Snela: „Ich bin neugierig aufs Sterben, damit tut sich ein neues Kapitel auf.“ Durch die Meditation könne man erfahren, dass etwas in uns ist, das nicht stirbt. Der Tod nehme uns mit an das andere Ufer. Dies drückte Ebony Davies mit dem Spiritual „Swing low, sweet chariot. Coming for to carry me home” in berührender Weise aus.

Im Gespräch mit dem Publikum kamen sehr persönliche Erfahrungen zutage. Die Frage, ob ihre Mutter friedlich eingeschlafen sei, treibe sie um, sagte eine Frau. Eine andere, die mehrere Verwandte im Sterben begleitet hatte, gab ihrer Angst Ausdruck, im eigenen Tod die Kontrolle zu verlieren, ausgeliefert zu sein in ihrer ganzen Intimität. Helena Snela empfahl: „Sagen Sie, willkommen Angst!“

Morgens Zuversicht, abends Dankbarkeit

Und sie empfahl auch, sich professionelle Hilfe zu holen, wer mit dem plötzlichen Unfalltod des eigenen Kindes konfrontiert wird. Das sei das Schlimmste, was passieren könne, grausam und ungerecht.

Ein älterer Besucher riet, jeden Tag bewusst zu leben und zu genießen und dann ohne Angst und ohne das Gefühl etwas verpasst zu haben, den Tod zu akzeptieren. Den Morgen mit Zuversicht empfangen, den Abend mit Dankbarkeit beschließen, ergänzte Helena Snela den Tipp für ein gelingendes Leben.

Und sie empfahl als Königsweg die Meditation. „Dann werden wir sozialer und gerechter, weil wir wissen, dass wir alle miteinander verbunden sind“, sagte sie. Ein Besucher bedankte sich für den Abend, hier sei ein Raum geschaffen, um Erfahrungen austauschen zu dürfen, was es sonst in dieser Art nicht gebe.

Anders sterben ist Heilung

Anders sterben, das ist Heilung, resümierte Helena Snela. Mit einem jüdischen Gebet, das zur Erinnerung an die Verstorbenen aufruft, beschloss sie den Abend. Und Ebony Davis forderte alle auf mitzusingen „When the saints go marching in.” So endete ein Abend zum Thema Sterben heiter und in Gemeinschaft.

Hier finden Sie weitere Informationen zur Hospizgemeinschaft im Domicilium Weyarn. Ein interkulturelles Symposium, in dem die Umgangsweise anderer Kulturen mit dem Tod behandelt wird, findet vom 2. bis 3. 2.2019 statt.

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