Eine Hymne an die Heimat und den Humor

Endlich wieder auf der Bühne: Dem Ensemble der Waller Brettlhupfer sieht man die Spielfreude an. Foto: Katharina Waldschütz

Theater-Gala in Wall

Die große Feier zum Ortsjubiläum musste dieses Jahr leider ausfallen. Kein Problem, dachten sich die „Waller Brettlhupfer“, und bringen das Jubiläum „900 Jahre Wall“ einfach als Gala und Hymne an die Heimat und den Humor auf die Theaterbühne ihres Heimatdorfes.

Oh je, wo sind sie denn hier gelandet? Das glamouröse Moderatorenpaar Ursula Schöneberger und Hartl Kerkeling soll eine Gala moderieren. „900 Jahre …“ – wie heißt noch mal dieses kleine Dorf in Oberbayern? Irgendwas zwischen Smartphone und Mistgabel jedenfalls. Das kann ja heiter werden. Und schon sind wir mittendrin in der neuen Show der „Waller Brettlhupfer“, eine Hymne an die Heimat und den Humor, die jetzt auf der Theaterbühne im Gasthof Mehringer Premiere hatte.

Showtime: Ursula Lippkau und Leonhard Obermüller als Showmaster Ursula Schöneberger und Hartl KerkelingShowtime: Ursula Lippkau und Leonhard Obermüller als Showmaster Ursula Schöneberger und Hartl Kerkeling. Foto: Katharina Waldschütz

Eine Rückkehr zu ihren eigenen Wurzeln

Für die Brettlhupfer ist „Eine Hymne an die Heimat und den Humor“ eine Rückkehr zu ihren eigenen Wurzeln. Denn mit selbstgeschriebenen Einaktern und Sketchen entdeckten sie vor bald 25 Jahren ihre Theaterleidenschaft. Zum Beispiel 1997, als sie zum 50. Geburtstag des damaligen Bürgermeisters Lorenz Aigner eine Theatereinlage ablieferten.

Damals in der Rolle des Gemeindeoberhaupts: Leonhard Obermüller. Inzwischen ist er selbst Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Warngau. Das qualifiziert ihn zum Ehrengast für die Gala „900 Jahre Wall“. Doch der originale Obermüller steht ja bereits als Moderator Hartl Kerkeling auf der Bühne, also muss ein Double her: Michael Zehrer spielt Obermüller als „fleischgewordenes soziales Netzwerk“ – und wie die beiden sich gegenseitig aufs Korn nehmen, ist gleich schon ein Höhepunkt der Show.

Michael Zehrer als Leonhard Obermüller trifft auf das Original. Foto: Katharina Waldschütz

Unter der charmanten Moderation von Ursula Lippkau als Showmasterin Schöneberger füllt sich das VIP-Sofa. Zum Beispiel mit Ortshistorikerin Barbara Weingand, die den nötigen geschichtlichen Hintergrund liefert.

Maria Aigner-Irger gibt das „wandelnde Waller Lexikon“ sympathisch und ironisch, denn man soll ja so ein Ortsjubiläum wirklich nicht zu ernst nehmen. Gut, wurde erstmals 1121 in einer Urkunde erwähnt, aber wer weiß schon so genau, was vorher war?

Spielfreude und Spaß an der Verwandlung

Eingespielte Sketch-Szenen zeigen, wie es gewesen sein könnte: Ein römischer Legionär (Ludwig Stürzer) war vielleicht dabei oder auch eine „Wall-Fahrt“ mit einem neu erfundenen Ding namens Fahrrad. Ist das Fakt oder Fake? Egal, denn der Blick in die Gegenwart ist genauso spannend. Es gibt seltene Einsichten in das vielfältige Waller Vereinsleben: liebenswert und heimatverbunden, bisweilen chaotisch – also ziemlich nah an der Wirklichkeit.

Wer hat hier den Durchblick? Sitzung der Waller Ortsvereine mit (v.l.) Kathi Stocker, Conny Berghammer, Rosi Poensgen, Stefan Münch, Sofie Meßmer und Ulrike Münch. Foto: Katharina WaldschütWer hat hier den Durchblick? Sitzung der Waller Ortsvereine mit (v.l.) Kathi Stocker, Conny Berghammer, Rosi Poensgen, Stefan Münch, Sofie Meßmer und Ulrike Münch. Foto: Katharina Waldschütz

Einige Darsteller stehen zum ersten Mal auf der Brettlhupfer-Bühne (Kathi Stocker, Conny Berghammer, Stefan Münch), andere sind schon länger dabei (Ulrike Münch, Rosi Poensgen, Sofie Meßmer).

Sie alle zeigen ihre unbändige Freude am Spiel, eine Lust, die Menschen zu unterhalten und den Spaß, in fremde Rollen zu schlüpfen. Zum Beispiel Sylvia Berghammer, deren Mut zur Verwandlung die Leute begeistert – ob als Waldschrat in der Römerzeit, als durchgeknallte Ökotante oder schrille Influencer-Tussi.

Kultur in Corona-Zeiten ist noch immer eine Herausforderung

Im wahren Leben ist Sylvia Berghammer gemeinsam mit Michael Zehrer Vorstand der Brettlhupfer. Zusammen mit Lisi Estner und Johannes Danzer stemmten sie die corona-bedingten Auflagen: Schnelltests für die Schauspieler, personalisierte Tickets, Abstandsregeln, Kontrolle der 3G-Nachweise. Kulturleben in Corona-Zeiten ist eine Herausforderung, aber mit Mut und Kreativität geht es. Das Publikum in Wall nimmt es begeistert an – da will man einfach gerne dabei sein.

Heute wird eingebürgert: Lisi Kalb, Christian Selbherr und Sylvia Berghammer. Foto: Katharina WaldschützHeute wird eingebürgert: Lisi Kalb, Christian Selbherr und Sylvia Berghammer. Foto: Katharina Waldschütz

„Wir nehmen aber nicht jeden, gell!“ sagen die beiden verschrobenen Beamten im Sketch „Der Einbürgerungstest“. Gespielt von Lisi Kalb und Christian Selbherr, wachen die zwei mit ihren dicken Brillengläsern darüber, wer im schönen Dorf Wall willkommen ist. Lassen sie den bayrischen Cowboy herein oder doch eher den schneidigen Trachtler (beide gespielt von Josefa Kinshofer, die ihre Kostümwechsel im Eiltempo bewältigt)? Oder lieber das Internet-Sternchen und die esoterisch angehauchte Cordula Grün (zweimal Sylvia Berghammer)?

Der Ehrengast

Zum Verwechseln ähnlich: Claudia Brodzinska-Behrend mit ihrem Double Rosi Staber. Foto: Katharina WaldschützZum Verwechseln ähnlich: Claudia Brodzinska-Behrend mit ihrem Double Rosi Staber. Foto: Katharina Waldschütz

Bei so einem Test wäre sie mit Pauken und Trompeten durchgefallen, befindet der dritte Ehrengast auf der Gala-Couch. Rosi Staber spielt Claudia Brodzinska-Behrend, jene Berliner Schauspielerin, die über 40 Jahre in Wall lebte und das Kulturleben im ganzen Landkreis Miesbach bereicherte. Inzwischen ist Claudia Behrend nach Miesbach umgezogen – doch sie ließ es sich nicht nehmen, sowohl bei der Generalprobe als auch bei der Premiere persönlich dabei zu sein. So kam es zu einem schönen Wiedersehen mit den Brettlhupfern und einer Begegnung zwischen Original und Double.

In kleinen, pandemie-gerechten Gruppen hatten die Brettlhupfer die einzelnen Szenen selbst entwickelt, geschrieben und einstudiert. Und in einem rasanten Endspurt fügten sie dann unter der Regie von Rosi Staber und anderen Ensemblemitgliedern alles zur großen Gala zusammen.

Zum Finale sangen die drei „Wallküren“ (Achtung, Wortspiel!) Maria Aigner-Irger, Josefa Kinshofer und Rosi Staber eine selbstgetextete Hymne an ihre Heimat:

„Dahoam, das ist da in Wall,
ob am Taubenberg oder drunt‘ im Tal,
von Warngau bis an die Mangfall,
Hummelsberg, am Rain, beim Mehringer im Saal!“

Und Moderatorin Ursula Schöneberger (Ursula Lippkau) kündigte zum Abschied mit einem Augenzwinkern gleich die nächste Gala an: Nach 900 Jahren folgt „1000 Jahre Wall“ – also, vielleicht sollte man sich schon mal Karten reservieren.

Weitere Aufführungen
(bereits ausverkauft, kurzfristig frei werdende Karten an der Abendkasse)
Donnerstag, 30. September 2021
Freitag, 1. Oktober 2021
Donnerstag, 7. Oktober 2021
Freitag, 8. Oktober 2021
jeweils ab 20 Uhr im Gasthof Mehringer in Wall
Informationen unter www.waller-brettlhupfer.de

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