Udo Konrad war gern Banker. Der Beruf gab ihm ein Gefühl der Sicherheit, der Zuverlässigkeit. „Die Börse hat mich gereizt, damals war das noch heile Welt, oder fast heile Welt“, meint der Haushamer heute. Er leitete verschiedene Zweigstellen einer großen Bank im Landkreis Miesbach und Rosenheim, wurde nach einem Studium an der Bankakademie Filialdirektor und übernahm Vertriebsverantwortung für einen Großteil der Bank. Und er hat in den letzten Jahren als Regionaldirektor für Oberbayern und später für ganz Bayern die Qualitätssicherung einer großen Bausparkasse geleitet. Er schaut auf 48 Jahre Berufsleben zurück und meint zufrieden: „Der Beruf hat mir Freude gemacht.“ Aufgrund einer Verletzung am Fuß ging er schon mit 63 Jahren in den Ruhestand.

Dieser aber ist alles andere als ruhig, denn jetzt startet der agile 65-Jährige richtig durch. Das was er schon immer wollte, diesen Traum erfüllt er sich heute als Pensionist: „Ich wollte schon als Kind auf der Bühne stehen“, erzählt er. Mit vier Jahren wurde er in der Alten Wurzhütte am Spitzingsee auf den Tisch gestellt und schmetterte zur Freude aller Gäste: „Kann denn Liebe Sünde sein.“ Mit sieben Jahren erhielt er Akkordeonunterricht und durfte schon mit 10 Jahren an einem Wettbewerb teilnehmen, der im Rundfunk übertragen wurde.

Neben seiner Bankerkarriere war Udo Konrad fortan, wenn auch mit Unterbrechungen, immer auch Musiker. Er gründete seine eigene Band mit 16. Das erste Engagement im feinen Hotel Zur Überfahrt in Rottach-Egern gestaltete sich schwierig, da die Band nur ein einstündiges Repertoire aufzuweisen hatte, das sie halt mehrfach wiederholte. Später tourte er mit unterschiedlicher Besetzung durch den Landkreis und München, im Spinnradl am Spitzingsee war er musikalischer Dauergast.

Berufliche Fortbildung, Familiengründung, Hausbau, all das beendete seine Musikerkarriere. Zunächst, denn mit 50 begann die zweite Karriere des Udo Konrad mit der Staffelsee Bigband. Zwar hatte er zwischenzeitlich den Musikverein Hausham, ein Akkordeonorchester und ein Jugendorchester gegründet, aber er selbst stand kaum noch auf der Bühne. Jetzt aber feierte er mit Frank Sinatra Songs sein Comeback. „My way“ und „New York, New York“. Wer ihn einmal erlebt hat, weiß, dass Udo Konrad auf der Bühne alles gibt, er ist keineswegs zögerlich, sondern lässt einfach alles raus, was in ihm steckt, Stimme, Gestik, er reißt die Menschen mit. Auch mit Hugo Strasser hatte er einige Auftritte und schwärmt von ihm: „Er ist sich nicht zu schade, mit uns zu spielen.“

Seit drei Jahren ist Udo Konrad mit einer neuen feinen Formation unterwegs. Musica del Mundo heißt sie und spielt knackigen, anspruchsvollen Jazz. Mit Stimme und Akkordeon ist er dabei und begeistert: „Es ist ein unglaubliches Geschenk, auf der Bühne stehen zu können, man gibt viel und bekommt viel zurück.“

Auf der Bühne steht Udo Konrad auch, wenn er auf seiner dritten Spur fährt, auf der Spur des Reisefilmers. Angefangen hat es wie bei vielen, mit kleinen Familienfilmchen aus dem Urlaub. Aber im Ruhestand, da wollte er richtige Filme drehen. Mit einer professionellen Ausrüstung produziert und zeigt er seine Reisefilme in High Definition. Diese Shows aus Bild und Ton sind nicht die üblichen Landschaftsbeschreibungen. Udo Konrad spricht mit den Menschen, blendet seine Kommentare ein und vermittelt so ein lebendiges und authentisches Bild seines Reiseziels. Dieses liegt in England. „Weil ich die Sprache spreche und dort seit 40 Jahren einen Freund habe“, begründet er.

Der erste Film betrifft den Süden, Cornwall und Umgebung. 10 Wochen lang reiste er mit seiner Frau Helga im Wohnwagen durch die Gegend. Er interviewte die Sconesbäckerin ebenso wie den Bierbrauer und auch den Fußballfan, mit seiner Geschichte zur Versöhnung zwischen Engländern und Deutschen nach dem 2. Weltkrieg. Mit diesem abendfüllenden Film ist Udo Konrad in ganz Bayern unterwegs. Und er steht auf der Bühne. „Ich kann die Menschen für eine eher ungewöhnliche Reise begeistern“, sagt er, denn letztlich sei England nicht das Reiseziel Nr. 1 der Deutschen. Die Vorurteile „Essen, Klima, Linksverkehr“ könne er was Essen und Klima anbelange ausräumen.

Vor zwei Jahren war der begeisterte Filmer mit seiner Frau im hohen Norden Schottlands. Über Orkney und Shetland drehte er seinen zweiten Film. Die Verbindung zu den Wikingern und dem Norwegischen reizte ihn ebenso wie das raue Klima und wiederum die Menschen, mit denen er sprach. Und auch musikalisch kommt der Filmer in dieser Show zu seinem Recht. Am 18. März wird sie in Bad Reichenhall Premiere feiern. Und schon ist die dritte Reise in Planung. In diesem Jahr geht es nach Wales.

Udo Konrad ist immer noch zufrieden. Er war es in seinem Beruf und in seiner Freizeittätigkeit als Musiker. Heute im Ruhestand ist er zufrieden, weil er sich seinen Kindheitstraum verwirklichte: Auf der Bühne stehen. Als Musiker und als Reisefilmer. In jedem Fall begeistert er sein Publikum. Und er ist begeistert von dem was er tut.

Monika Ziegler
Publiziert 4. April 2013