
Die Stimme als Ausdruck der Seele
Alle Mitwirkenden der 4. Veranstaltung „Wissen und Klang“ am Hahnhof. Foto: MZ
Wissen und Klang in Großhartpenning
„Stimme, Zugang und Ausdruck der Seele“, so kündigte Georg Hahn die vierte Veranstaltung im Rahmen seiner Reihe „Wissen und Klang“ auf dem Hahnhof an. Mit Julia Finis hatte er für „Wissen“ eine Expertin gewonnen und für „Klang“ gleich vier ausgezeichnete Musizierende.
Eigentlich sollte die Juliveranstaltung einem technisch-nachhaltigem Thema, nämlich dem Balkonkraftwerk gewidmet sein. Wegen Erkrankung des Referenten indes sprang kurzfristig die Sängerin und Coach für Gesangs-, Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung Julia Finis aus Osterwarngau ein, die seit fünf Jahren in Miesbach das Studio 12 ½ als Begleiterin auf dem Weg zur authentischen und kraftvollen Stimme betreibt.
Sie stehe das erste Mal als Referentin auf einer Bühne, gestand sie, abseits von ihrem ansonsten geschützten Raum, in dem sie mit ihren Klienten arbeite. Sie wolle die Stimme als Brücke von der inneren zur äußeren Welt, als Sprache der Gedanken und Gefühle in ihrem Betrag würdigen.
Sängerin und Coach Julia Finis. Foto: MZ
Die Stimme, und das wisse sie aus eigener Erfahrung, denn sie habe sie schon einmal verloren, sei ein großes Thema. Immer sei sie zu laut, zu frech und nie richtig gewesen, immer habe die Stimme in ihrem Hirn gesagt: du bist nicht richtig, pass dich an. Julia Finis demonstrierte diesen inneren Kritiker mit einer Quietschente.
„Die Stimme im Kopf war mein täglicher Begleiter“, sagte sie, „es sei denn, ich habe gesungen“. Ihre Seele habe nicht ihren Ausdruck gefunden und als Folge habe sich ihr Körper gemeldet. Am Tiefpunkt angekommen, alleinerziehend mit zwei Kindern und Hund, habe sie erkannt, dass der Sinn des Lebens nicht darin bestehe zu überleben, sondern der eigenen Individualität Raum zu geben.
Leitung übernehmen
Dazu gehöre, der Stimme Ausdruck zu verleihen. „Singen ist das Instrument für psychische Aspekte“, sagte Julia Finis in ihrem überzeugenden Vortrag.
Unsere Ohren hingegen seien für das Außen zuständig, seien dazu da, zu analysieren und zu verstehen, was draußen vor sich gehe. Sie beschrieb die verschiedenen Stufen unserer Energie von Scham im Überlebensmodus bis hin zur Selbstentfaltung im Schöpfungsmodus.
Im Prozess der Entwicklung müsse man als Dirigent die Leitung übernehmen und neben der Kontrolle die Leichtigkeit zulassen, Abstand nehmen, zur Seite treten.
Entscheidungen auf einem Bein stehend treffen. Foto: MZ
„Wenn ihr Entscheidungen treffen müsste, dann stellt euch auf ein Bein“, empfahl sie, denn man könne immer nur zwei Dinge gleichzeitig tun und damit auf die innere Stimme ohne Quietschente hören.
Ein wichtiges Instrument für die Stimme, so machte Julia Finis deutlich, sei die Atmung und forderte das Publikum auf, eine Atemübung zu machen, indem eine Hand auf den Bauch und eine auf den Rücken gelegt wird. „Und dazu ein leichtes Lächeln“, empfahl sie. Das signalisiere dem Hirn, dass alles gut sei.
Seele über Stimme Raum geben
Sich frei machen von Bewertungen, von innen heraus sprechen, dem dritten Ohr im Solarplexus zuhören und der Seele über die Stimme Raum geben, das waren die wesentlichen Botschaften, die Julia Finis ihrem Publikum mitgab. Am Ende lud sie zu einer meditativen Reise in das eigene Zentrum ein, bei dem jeder seinen eigenen Ton fand.
In der Diskussion wurde deutlich, welche Bedeutung die Stimme, insbesondere beim Singen, auch zur Heilung und Vertreibung von Geistern hat.
Hausherr Georg Hahn. Foto: MZ
Den zweiten Teil des Abends leitete der Hausherr selbst mit seinem Bandoneon ein, bevor aus dem Hintergrund ein Jodler ertönte. Langsam kam Norbert Zandt jodelnd nach vorn und erklärte: „Wir sind drei weibliche Jodler für zarte Gesänge und ein narrischer Bua fürs Grobe.“
Andrea Hölzl, Anna Detter, Maria Steinbacher und Norbert Zandt (v.l.). Foto: MZ
Als „3 Engerl“ hatte Georg Hahn die drei Sängerinnen aus dem Tölzer Raum angekündigt, sie aber nennen sich Koa Gschroa. Die neue Formation bestehend aus Maria Steinbacher, Andrea Hölzl und Anna Detter begeisterte das Publikum mit ihrer faszinierenden Mischung aus bairischem Jodler, indisch-meditativer und moderner Musik.
Koa Gschroa. Foto: MZ
Maria Steinbacher steht für voluminösen, leidenschaftlichen Gesang, den sie in den Liedern „Wir singen einfach weiter“ oder „Aufgeweckt von den Toten“ darbietet, während Andrea Hölzl die indische Seite vertritt, wobei sie ein Mantra ins Bairische übersetzt oder „Gegrüßet seist du Maria“ ins meditativ Indische überträgt.
In unterschiedlichen Besetzungen beweisen die vier Musizierenden die Vielfalt und Ausdrucksstärke ihrer Stimmen. „Jodeln“, so sagt Norbert Zandt, „drückt meine Stimmung aus, lustig oder traurig“.
Am Ende schließt sich der Kreis, denn Julia Finis selbst griff zur Gitarre und gab ihrer Stimme mit dem Lied „Hey Madl“ Ausdruck und verkündete: „Sei frei, mach, was dich freut.“
Sängerin Julia Finis. Foto: MZ
Zum Weiterlesen: „Wertschätzendes Zuhören kann man lernen“