Solidarität Michael Friedel

Schon mit 19 auf Seite 1

Der Fotograf Michael Friedel. Foto: Florian Bachmeier

Der Ausnahmefotograf Michael Friedel

Michael Friedel war das Lieblingskind der deutschen Illustrierten. Er gestaltete unzählige Titelbilder von Stern, Quick, Spiegel oder GEO. Er kannte und fotografierte die Stars, die Politiker, aber er entdeckte auch Reiseziele für den Tourismus. Eine Hommage an sein Werk und an einen außergewöhnlichen Fotografen aus der 35. Ausgabe der KulturBegegnungen.

Der Besuch in dem großen alten Bauernhaus in Dietramszell ist überwältigend. Hier ist das Arbeitsleben eines Fotografen gesammelt, das seinesgleichen sucht. Unmengen an Büchern, Katalogen, Zeitschriften, in denen die Fotografien des gebürtigen Berliners zu sehen sind. Wenn er von seinem Fotografenleben erzählt, dann stehen sie vor einem, die Prominenten dieser Welt. Er hat für Sophia Loren eingekauft, damit sie Spaghetti kochen und ihr eine Zwiebel unter die Nase gehalten, damit sie weinen konnte. Er sperrte die Karlsbrücke in Prag mit einem Mercedes ab, um Beatles-Doubles darauf zu fotografieren. Die echten allerdings hatte er auch vor der Kamera.

Michael Friedel
Elvis Presley. Foto: Michael Friedel

Berühmt geworden sind seine Ablichtungen von Elvis Presley, Klaus Kinski, Rainer Werner Fassbinder, Claudia Cardinale und vielen, vielen anderen auf der ganzen Welt. Ihnen gehörte sein Interesse in seinen frühen Fotografenjahren. Aber Michael Friedel ist nicht als Starfotograf einzuordnen. Sein vielschichtiges Werk ist ein Spiegel seiner Persönlichkeit, seines unbändigen Dranges nach Freiheit. „Alle Fotorechte, das Copyright, sind bei mir geblieben, ich war nie angestellt. Aber ich habe immer neue Welten entdeckt“, sagt er.

Gespür für Gegenüber

Und das nicht nur in der Fotografie, denn er spielte auch bei Erich Kästner Theater. Dessen Aussage indes, er sei der Unbegabteste, machte Schluss mit der Karriere und er kehrte zur Fotografie zurück, wo er seine echte Berufung fand. Meist sei er in den ersten Jahren per Autostopp oder Fahrrad nach Italien oder Griechenland gereist. Klein habe er angefangen und seine Fotos von unterwegs per Eilboten an die Verlage geschickt, erzählt er. Es begann mit der auf Raten gekauften Leica und er hatte mit 19 seinen ersten Aufmacher im Stern und mit 21 seinen ersten Spiegel-Titel mit Elvis Presley. Es waren anfangs zumeist Straßenszenen, die er mit empathischem Interesse für die Menschen und Situationen fotografierte. Am berühmtesten wohl wurde das Foto einer lausenden Mutter vor einem kommunistischen Parteibüro in Rom.

Michael Friedel
Lausende Mutter in Rom. Foto: Michael Friedel

Sein Gespür für das Gegenüber machte ihn zu einem begehrten Fotografen, er habe gut verdient, sagt er und kaufte sich das Bauernhaus in Dietramszell. Festlegen aber ließ er sich nicht. Nachdem er für den Stern acht Jahre Prominente fotografiert hatte, Motto: „wer, mit wem, was, warum und wie oft“, hatte er genug von dem Thema.

„Ich war immer Reporter und habe alle fünf Jahre den Schwerpunkt gewechselt“, erzählt er. Als „destination scout“ sieht sich Michael Friedel, als er in den 70er Jahren die Malediven, Mauritius und die Seychellen für den Tourismus entdeckt. Heute sind seine Bücher über die mittlerweile viel besuchten Orte des Tourismus noch immer oder immer wieder äußerst begehrt.

Ihn aber trieb es wieder fünf Jahre später in die Welt der Mode. „Das war ein Flop“, berichtet er lapidar, spießig die Arbeit für den PLAYBOY. Und die Frage „was trägt man dieses Jahr auf den Champs Élysées?“ habe ihn gelangweilt. Und schon machte sich der Fotograf auf in die Welt der Naturvölker. „Zwei Jahre lang habe ich für GEO auf allen fünf Kontinenten fotografiert, in Afrika im Schweinestall gewohnt“, erinnert er sich. Einfach sei die Fotografie von Naturvölkern nicht, denn viele hätten Angst, dass man ihnen die Seele wegnimmt. Bei den Papua habe er eine Polaroidkamera dabeigehabt und ihnen seine Fotos gegeben. „Sie haben sie kurz angeschaut und ins Feuer geworfen.“

Foto auf Geldschein

Ein Foto von Michael Friedel, das er von indigenen Völkern der Xingu in Brasilien machte, schaffte es auf einen Geldschein, „250 Millionen Stück als Erstauflage“, kommentiert der Fotograf. Seine Erzählungen würden mehrere Bücher füllen. So auch die Geschichte, als er Haie unter Wasser fotografierte. Dafür habe er extra tauchen gelernt, denn mit diesen Fotos könne man Tauchplätze an touristischen Orten erklären. „Ein Kollege hat die Haie gefüttert, damit ich fotografieren konnte“, erzählt er.

In Dietramszell hat sich Michael Friedel ebenso fotografisch engagiert und zum Jubiläum des Schützenvereins die Fotos beigesteuert. Heute natürlich alles digital. Zwei Jahre habe er für die Umstellung gebraucht. „Es ist einfacher und die Qualität ist besser.“ Seine analoge Fotografie liegt mit 11.000 Vergrößerungen wohl sortiert in den Regalen. Mit eigenem Labor war er sein eigener Herr. Und ebenso mit dem mit seiner Frau Marion gegründeten Verlag MM Edition, wobei MM Marion und Michael bedeutet, die Verbindung von Texten und Fotos von hoher Qualität.

Die drei Leben des Michael Friedel

In dem Buch „Michael Friedel Photographs 1950-1990“ (Ausstellung Leica-Galerien) schreibt Hans-Michael Koetzle, man könne von Michael Friedel sagen, er habe drei Leben in der Fotografie gelebt. Mir kommt es so vor, als seien es viel mehr, von den südländischen Straßenszenen über Fotografien von Stars und Politikern hin zu der Entdeckung touristischer Orte, hin zum Leben von Naturvölkern und letztlich zum bajuwarischen Brauchtum.

Wer das Glück hat, diesen Ausnahmefotografen und seine Geschichten kennenzulernen, wer in seinen großartigen Bildbänden blättern darf, bekommt eine Ahnung von den vielen Leben des Michael Friedel, die im Bauernhaus von Dietramszell archiviert sind.

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