Cornelia Oelwein

Verschmähte Schönheiten und verschollene Bilder

Cornelia Oelwein im Stieler-Haus in Tegernsee. Foto: CS

Lesung in Tegernsee

Die berühmte Schönheitengalerie von König Ludwig I. fasziniert heute noch. Doch längst nicht alle Kandidatinnen wurden aufgenommen. Die Historikerin Cornelia Oelwein stellt bei einer Lesung ihres neuen Buches im Stieler-Haus in Tegernsee die spannenden Biografien einiger dieser Frauen vor.

Wer kennt sie nicht, die berühmte Schönheitengalerie König Ludwigs I. im Nymphenburger Schloss in München? Dort hängen die Frauenbildnisse, die der bayerische Monarch bei seinem Hofmaler Joseph Stieler von 1827 bis 1850 in Auftrag gegeben hat. Darunter so berühmte Porträts wie das der skandalumwitterten Lola Montez, einer irischen Hochstaplerin, die sich als spanische Tänzerin ausgab. Mit ihr begann der König eine verhängnisvolle Affäre, die ihn letztendlich den Thron kostete.

Frauen der Schönheitengalerie waren nicht Ludwigs Mätressen

Kein Wunder also, dass diese Damenporträts auch heute noch auf großes Interesse stoßen und unzählige Besucher anlocken. Gerüchte, dass es sich bei all den Frauen um Mätressen des Königs gehandelt habe, seien aber falsch, stellt die Historikerin Cornelia Oelwein klar. Seit Jahren widmet sie sich schon der Geschichte Ludwigs I. und dieser Damen.

Erst vor zwei Jahren stellte Cornelia Oelwein ihren 2020 erschienenen Spiegel-Bestseller „Nicht nur schön … Die Lebensgeschichten der Damen aus der Schönheitengalerie König Ludwigs I.“ im Stieler-Haus in Tegernsee vor. Jenes Haus auf der Point, in dem Joseph Stieler seine Sommerfrische verbrachte.

„Nicht schön genug?“ – Cornelia Oelwein stellt neues Buch im Stieler-Haus vor

Am vergangenen Donnerstag kehrte Cornelia Oelwein mit ihrem neuen Buch, das im Oktober 2024 erschienen ist, dorthin zurück. Es trägt den Titel „Nicht schön genug? Kandidatinnen für die Schönheitengalerie König Ludwigs I.“ Darin widmet sich die Historikerin den Biografien all jener Frauen, die auf der Liste des Königs standen und teilweise auch von Joseph Stieler vorgeschlagen und porträtiert, aber nie in die Galerie aufgenommen wurden. Eine Erweiterung also ihres ersten Werkes.


Die Organisatorin der Lesung, Sonja Still und Cornelia Oelwein neben dem Stieler-Porträt von Adelaide Schiasetti. Foto: CS

„Bekannt sind die Namen von über 20 weiteren Schönen, die aus verschiedensten Gründen keine Aufnahme in die Galerie fanden – vermutlich waren es sogar noch mehr“, erzählt Cornelia Oelwein bei ihrer Lesung. Eines dieser imposanten Werke, ein Original, wurde direkt neben der Buchautorin auf einer Staffelei platziert. Es handelt sich dabei um das Porträt der Opernsängerin Adelaide Schiasetti, für die König Ludwig I. wohl leidenschaftliche Gefühle hegte.

Original Stieler-Porträt von Adelaide Schiasetti seit 2022 in Tegernseer Sammlung

„Es ist wunderschön, dass wir heute auch ein Originalporträt hier haben“, freut sich Cornelia Oelwein. Zu verdanken ist dies dem Eigentümer des Stieler-Hauses, Dr. Andreas Greither, der dieses Bild 2022 erworben und an den Tegernsee geholt hat. Joseph Stieler soll sogar noch zwei weitere Bilder von Schiasetti angefertigt haben. „Eines davon gehört dem Wittelsbacher Ausgleichsfond und das andere ist verschollen“, erzählt Cornelia Oelwein. Warum es die Bilder nie in die Galerie geschafft haben? „Angeblich war Ludwig nicht zufrieden damit“, sagt sie.

Amalie von Stubenrauch – Die erfolgreiche Schauspielerin aus München

Eine Kandidatin, die es ebenfalls nie in die Schönheitengalerie schaffte, war die Schauspielerin Amalie von Stubenrauch. Cornelia Oelwein entschied sich, ihre Biografie bei der Lesung näher zu beleuchten. Vor allem wegen des lokalen Bezugs: Amalie von Stubenrauch verbrachte die letzten zwölf Jahre ihres Lebens am Tegernsee und besaß eine Villa in direkter Nachbarschaft zu Stielers Haus. Leider existiert es heute nicht mehr.

Stubenrauch wuchs in München auf und schaffte dort als junge Schauspielerin den Durchbruch. Den größten Teil ihres Lebens verbrachte sie in Stuttgart, wo sie ein gefeierter und einflussreicher Star des Stuttgarter Hoftheaters war. Und: Sie war 30 Jahre lang die Geliebte von König Wilhelm I. von Württemberg, was ihr auch den Titel „Württemberger Lola“ in Anlehnung an Lola Montez einbrachte.

Beeindruckende Biografie einer unabhängigen Frau im 19. Jahrhundert

Ein bösartiger Vergleich, denn die Stubenrauch war weder eine Hochstaplerin noch überhäufte sie der König mit Geld. „Sie beging nicht den Fehler, ihn für eigene Interessen einzuspannen – auch wenn ihr dies von Seiten ihrer Feinde verschiedentlich unterstellt wurde“, erzählt Cornelia Oelwein.

Für eine Frau des 19. Jahrhunderts führte Stubenrauch ein bemerkenswert eigenständiges Leben. Ihr Vermögen, das sie mit der Schauspielerei verdiente, erlaubte ihr, unabhängig zu sein. Ihr Salon in Stuttgart war zudem Treffpunkt von Schauspielern, Musikern, Malern, Bildhauern, Dichtern und Komponisten, darunter so berühmte Namen wie Eduard Mörike, Wilhelm Hauff und Franz Liszt.

Stubenrauch-Porträt wurde nie in die Schönheitengalerie aufgenommen

Noch am selben Tag, an dem Wilhelm 1864 starb, kehrte sie Stuttgart für immer den Rücken und zog sich in ihr Anwesen am Tegernsee zurück, das sie bereits einige Jahre zuvor gekauft hatte. Zwölf Jahre später starb sie dort und fand auf dem Tegernseer Friedhof ihre letzte Ruhe. Ihr Grab existiert heute nicht mehr.

Das Porträt, das Joseph Stieler von ihr im Winter 1927/28 gemalt hat, stellt die schöne junge Frau im weißen Kleid dar – vor sich eine Rose, ein Vergissmeinnicht und ein Jelängerjelieber, eine Blume, die auch als Geißblatt bekannt ist. Warum dieses Bild nicht in die Schönheitengalerie aufgenommen wurde, bleibt unklar. Unerfüllte leidenschaftliche Gefühle Ludwigs I. für die Schauspielerin schließt Oelwein als Grund aus. „Ludwig I. hat es sehr emotionslos hingenommen, als die junge Schauspielerin die Münchner Hofbühne verlassen wollte“, erzählt sie. Auch war sie für seinen Geschmack mutmaßlich zu groß.

Letztes Mysterium – Wo befindet sich das Stubenrauch-Porträt?

Bis heute weiß niemand, wo sich das Stieler-Bild befindet. „Es ist verschollen“, erzählt Cornelia Oelwein. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass Wilhelm I. es erworben habe, denn Stieler war auch am württembergischen Hof bekannt. Dort könnte es allerdings der Rachsucht seines Sohnes und Nachfolgers, König Karl, zum Opfer gefallen und zerstört worden sein. Denn er hasste die Geliebte seines Vaters, die er bis zu ihrem Tod bespitzeln ließ und ihr mit aller Macht zu schaden versuchte.

So lässt Cornelia Oelwein ihr gespanntes Publikum mit einem großen Mysterium zurück – und dem Verlangen, in ihrem neuen Buch noch mehr über die beeindruckenden Biografien Ludwigs verschmähter Schönheiten zu erfahren.

Das Buch „Nicht schön genug? Kandidatinnen für die Schönheitengalerie König Ludwigs I.“ von Cornelia Oelwein ist im Volk Verlag erschienen und unmfasst 320 Seiten. ISBN: 978-3-86222-505-7

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