
Kunstformen werden überleben
KI-Kunst von Ana Vollwesen: Merry Cherry. Foto: MZ
Diskussion in Reinberg/NÖ
„Verändert die KI die Kunstwelt?“, fragte Herbert Starmühler von der Galerie REINBERG die Wiener Künstlerin Ana Vollwesen und Rudolf Scholten, ehemaliger Kunst- und Bildungsminister Österreichs im Galeriegespräch und erhielt spannende Antworten.
Die Galerie REINBERG im Waldviertel wartet seit zwei Jahren mit zeitgenössischer Kunst im Outlet auf. Christine und Herbert Starmühler haben inmitten von Feldern, Wäldern und Teichen einen Hort für hochkarätige und überraschende Kunst geschaffen. Während der Ausstellungen sorgen sie immer wieder für inspirierende Veranstaltungen, etwa mit Falter-Herausgeber Armin Thunher.
In der aktuellen Präsentation unter dem Titel LICHTblicke sind sechs sehr unterschiedliche Werkgruppen von Ana Vollwesen zu sehen: Malerei, Fotografie, Collage, gekittete Scherben und KI-Kunst. Die Wiener Künstlerin ist äußerst vielseitig und experimentiert mit verschiedenen Techniken.
Ana Vollwesen: KI-generiertes Bild. Foto: MZ
Ihre bevorzugten Themenfelder sind gesellschaftliche Regeln und Strukturen, das menschliche Zusammenleben, wobei sie auch die Grenzen auslotet. Sie ist studierte Psychologin und seit Jahren als Künstlerin auf zahlreichen Ausstellungen unterwegs.
Die farbigen Arbeiten von Nonnen in außergewöhnlichen Situationen fallen sofort ins Auge. Nonne mit Kirschen auf gespreizten Beinen? Mit Haifischen und auf der Ente?
Im Gespräch: Rudolf Scholten, Herbert Starmühler und Ana Vollwesen. Foto: MZ
Das macht Appetit, genauer hinzuschauen, was Kunst ist. Wie entsteht so etwas? Wer hat das Urheberrecht? Wo ist die Kreativität, wenn die KI nur die gesammelten Informationen im Netzt zusammenwürfelt?
Herbert Starmühler fragte direkt nach: „Was machst du?“ Sie nutze einen KI-Bildgenerator, in dem sie einen Text eingebe und der dann gewünschte Bilder generiere, erklärte Ana Vollwesen. „Ich wähle die Bilder aus und verfeinere sie so lange bis sie mir gefällen“, sagte sie.
Dies geschehe durch detaillierte Texteingaben. Dabei könne es schon auch von ihr gewünscht sein, dass einmal sechs Finger an einer Hand zu sehen sind. „Ich will, dass man erkennt, dass es KI ist“, betonte sie. Und ihre Idee stehe hier wie bei jeder Konzeptkunst im Vordergrund.
Künstlerin Ana Vollwesen. Foto: MZ
Wie ordne er als ehemaliger Kulturstaatsminister des Landes KI in der Kunst ein, ging die Frage an Rudolf Scholten. „Jede Technologie hat Hoffnungen und Befürchtungen hervorgerufen“, sagte er, aber was sich später bewahrheitet habe, sei zumeist nicht das gewesen, was man anfangs gedacht habe. Vorhergesagte Untergänge, wie etwa Malerei durch Fotografie hätten nicht stattgefunden.
„Jede Kunstform hat Brüche erlebt und überwunden“, meinte der ehemalige Politiker und jetzige Kulturakteuer in mehreren Positionen, so organisiert er jährlich „Literatur im Nebel“ in Heidenreichstein. Literatur, so stellte er fest, habe am wenigsten Veränderung erfahren, ein heutiger Roman habe zwar eine andere Sprache aber die Konstruktion folge demselben Schema.
Rudolf Scholten. Foto: MZ
Er warf ein, dass er bei KI ein Liebesgedicht von James Joyce eingefordert habe. „Das Ergebnis war beeindruckend.“
Und dennoch, Kunst halte jede Substitution aus. Das sehe man an Livekonzerten aller Genres, die populärer denn je seien. „Handarbeit verliert nicht an Bewunderung“ und „Kunstformen werden überleben.“
Ana Vollwesen stimmte zu: „Alles hat nebeneinander Platz, KI ist nur ein weiteres Tool.“ Auf die Frage nach dem Urheberrecht antwortete sie, dass sie ihre Bilder ins Netz lade und damit kein Problem habe.
Ana Vollwesen: KI-generiertes Bild. Foto: MZ
Die wirkliche Gefahr bei KI bestehe im gesellschaftspolitischen Kontext, betonte Rudolf Scholten. Es sei klar, dass die KI in der Medizin und im Bankwesen weniger Fehler mache als der Mensch, aber demokratische Systeme könnten sich auflösen. Er zitierte den 2013 erschienenen Film „HER“, in dem sich ein Mann in eine Kunstfigur verliebt. „Solche Kunstfiguren könnten eine politische Beeinflussung übernehmen“, warnte er.
Mehrfach betonte in dem Gespräch Ana Vollwesen, dass jeder entscheiden könne, wie er mit KI umgehe. „Wir füttern das System und wir müssen lernen verantwortungsvoll damit umzugehen.“
Wir sind die KI
Aber es brauche auch eine staatliche Kontrolle, eine Ampel, die dafür sorge, dass die Dinge nicht außer Kontrolle geraten, forderte der Politiker.
In der Schlussrunde betonte Rudolf Scholten: „Wir müssen aufmerksam und vorsichtig sein aber auch die enormen Chancen erkennen., sowie intelligente Regulative finden.“
„Wir sind KI und KI ist wir, die einzige Konstante ist Veränderung“, resümierte Ana Vollwesen.
Herbert Starmühler. Foto: MZ
Herbert Starmühler hatte die KI selbst befragt, wer aus dem Kunstbereich künftig überleben werde. Die Antwort: Künstler mit eigenem Stil, Kunsthandwerk, Künstler die KI nutzen und Kunstkritiker.