Michael Lerchenberg und Jost-H.Hecker

Abgründe eines Komikers genial wiedergegeben

Michael Lerchenberg und Jost-H. Hecker. Foto: MZ

Eröffnung Otterfinger Kulturwoche

Die Auftaktveranstaltung der Otterfinger Kulturwoche wurde bereits zu einem Highlight. Michael Lerchenberg und Jost-H. Hecker beschenkten das Publikum mit einer grandiosen Hommage an Karl Valentin und auch an Liesl Karlstadt.

Der Auftritt der beiden Künstler ließ bereits ahnen, mit welchen Hintergründen an diesem Abend zu rechnen ist. „Jetzt fang ma an und wenns nicht passt, hörn mer glei wieder auf“, sprach der Schauspieler und beide verschwanden. Nach dem Ruf „Zugabe“ im Publikum tauchte das Duo dann doch wieder auf und es wurde ernst, witzig, hintergründig, scharfzüngig, wortgewandt, schnellsprechend und einfach nur großartig.

Michael Lerchenberg lädt zu Reise durch Valentins Leben

Man werde einiges über Karl Valentin an diesem Abend erfahren, was man noch nicht gewusst habe, versprach zurecht Michael Lerchenberg. Er lud ein zu einer Reise durch Valentins Leben und garnierte die Stationen mit Beispielen aus dem Valentinschen Schaffen. Jost-H. Hecker begleitete nicht nur virtuos auf dem Cello („hätten wir Kunstdünger drauf getan, wärs ein Kontrabass geworden“ hatte Valentin gesagt) sondern steuerte Gesang bei und hatte seine Solostücke passend zum Inhalt ausgewählt. So am Ende die Improvisation zu „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“.

Michael Lerchenberg
Der großartige Cellist und Sänger Jost-H. Hecker. Foto: MZ

Die Traurigkeit von Valentin, gepaart mit Komik, sein Spiel mit der Sprache, sein Blödsinnmachen, aber auch sein Hypochondertum, all das begründete der Vortragende mit dem Leben des Volksschauspielers, der einmal im Eis eingebrochen fast gestorben wäre, der sadistische ebenso wie mutige und draufgängerische Züge hatte und immer wieder Pleite machte.

Valentin und die Frauen

Den Durchbruch, so Michael Lerchenberg, habe er mit „Das Aquarium“ gehabt, in dem der absurde Wortwitz Valentins bereits sichtbar wird. Ein besonderes Kapitel widmete er dem Thema „Valentin und die Frauen“. Ein großer Erotiker sei er gewesen, was man dem spindeldürren Mann gar nicht zutraue. Manche seiner Geschichten strotzen nur so von vieldeutigen Andeutungen, die Michael Lerchenberg genüsslich vortrug.

Michael Lerchenberg
Michael Lerchenberg fantastisch als Valentin und Karstadt. Foto: MZ

Er habe ständig neben seinen Ehen auch andere Beziehungen gehabt. „Die Ehe war für ihn ein Drama“, sagte er und er habe von seiner Frau als „die Frau, die bei mir wohnt“ gesprochen. Ein Beispiel für Szenen einer Ehe ist die berühmte Geschichte „Die Brille“, von Michael Lerchenberg köstlich wiedergegeben, indem er Liesl Karlstadt im Sopran spricht.

Die Beziehung zu Liesl Karlstadt war wohl eine besondere. Sie wandelte sich, so schrieb die ehemalige Soubrette, von Hass zu Freundschaft zu Partnerschaft und Liebe war auch dabei. So ist es aus dem letzten Text von Karl Valentin abzulesen, der so gar nicht dem gewohnten Stil entspricht.

Schnellsprecher Jost-H. Hecker

Für seine Wiedergabe „Der russische Salat“ erntet Jost-H. Hecker donnernden Applaus, er kann es, was das Schnellsprechen anbelangt, mit Michael Lerchenberg durchaus aufnehmen. Dieser misst mit einem Metronom und verkündet „Rekord!“

Lesetipp: Ein Riesenblödsinn

Liesl Karlstadt sei die kongeniale Partnerin gewesen, sie habe Valentin aus der gefesselten Fantasie befreit, erklärt Michael Lerchenberg. So sind auch ihre gemeinsamen Auftritte, wie „Die Orchesterprobe“ zu Legenden geworden.
Zum Höhepunkt des Abends wurde Michael Lerchenbergs Solo-Wiedergabe von „Der Firmling“, in dem er den Vater, den Sohn und den Kellner mit unterschiedlicher Stimme und Diktion sprach. Eine glanzvolle Leistung, die mit anhaltendem Applaus belohnt wurde. Die Präzision, mit der der Autor seine Texte verfasste, ist ebenso in der Sprache und im Spiel des Vortragenden zu spüren, atemlos lauscht die Zuhörerin der Geschichte mit dem dreimaligen „Passt!“

Michael Lerchenberg schließt den wunderbaren Abend mit Erzählungen über die letzten Lebensjahre Karl Valentins, traurig und erfolglos. Natürlich gibt es eine Zugabe und das Publikum kann beseelt von den Liebesäußerungen Valentins nach Hause gehen.

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