Jubiläum Holzkirchner Bücherecke

Jubiläum der Holzkirchner Bücherecke

Julia Fischer las aus ihrem Roman „Die Fäden des Glücks“. Foto: Petra Kurbjuhn

Jubiläum der Bücherecke in Holzkirchen

Es waren zwei norddeutsche Frauen, die vor 35 Jahren die Holzkirchner Bücherecke gründeten. Edith Wüster und Cornelia Engl, heute ergänzt durch Caroline Holz, gaben der Literatur in der Marktgemeinde einen Platz. Zum Jubiläum wurde zu einer Lesung mit feiner Musik eingeladen.

Einfach sei es nicht gewesen, in der Marktgemeinde einen passenden Laden für eine Buchhandlung zu finden, erzählte Cornelia Engl. Ihr erstes Objekt, das Kienehaus, wurde ihnen verwehrt. Einige Holzkirchner waren der Meinung: „Was wollen die Norddeutschen hier?“, aber dann wurden sie fündig. In der Münchner Straße war gerade die Druckerei des Merkur ausgezogen und die Hausbesitzer „hatten Vertrauen in uns Norddeutsche“ und bauten die Räume entsprechend um.

Jubiläum Holzkirchner Bücherecke
Die drei Chefinnen: Cornelia Engl, Edith Wüster und Dr. Caroline Holz. Foto: Petra Kurbjuhn

Treibende Kraft sei von Anfang an Powerfrau Edith Wüster gewesen, sagte Cornelia Engl, sie habe Visionen gehabt und ohne sie gebe es die Bücherecke nicht. Und so dankte sie sowohl ihrer langjährigen Partnerin als auch den Holzkirchnern, die noch immer Bücher lesen und der Bücherecke die Treue halten.

Edith Wüster ihrerseits gab den Dank an ihre Partnerin zurück und dankte ebenso ihrer Tochter Caroline Holz, die ihren Platz im Geschäft eingenommen hat. Mit vielen Helferinnen gemeinsam führen die beiden heute das florierende Geschäft.

Jubiläum Holzkirchner Bücherecke
Rätselhafte Fingerhut-Kuss-Säckchen. Foto: Petra Kurbjuhn

Zum Jubiläum gab es reich gedeckte Tische für die Gäste, auf denen überall fein verpackte Fingerhüte mit der Aufschrift „Dein Fingerhut Kuss“ lagen. Das Rätsel löste sich bald, als die Münchner Autorin und Sprecherin Julia Fischer begann aus ihrem Roman „Die Fäden des Glücks“ zu lesen.

In der Liebe gibt es Leid

Der Roman spielt in Turin und dreht sich um Stoffe, Webereien, Schneiderei, Kleidung und natürlich auch Liebe. Schon im Prolog wird deutlich, dass es in der Liebe Leid gibt. Daniele verlässt Carlotta, zwar erst etwa zehnjährig, aber der Kummer ist groß und die Frage steht: Finden die beiden am Ende wieder zusammen?

Jubiläum Holzkirchner Bücherecke
Das Kleid der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ mit einem Bild von Turin entführt in Julia Fischers Buch. Foto: Petra Kurbjuhn

Das verrät die Autorin natürlich nicht, sondern liest mit ausgezeichneter Sprechausbildung nur aus dem ersten Drittel ihres Romans. Dabei erfährt der aufmerksame Zuhörer sehr viel aus der Welt der in Norditalien angesiedelten Webereien. Die Autorin hat umfangreich recherchiert und so kann der Zuhörer sich ein genaues Bild vom Leben in Turin machen. Detailreich erzählt Julia Fischer von der Schneiderin Mimi, der Mutter mit drei unehelichen Töchtern und ihrem Verehrer Gino.

Ausgebüxte Jungfrau Maria

Humorvoll schildert sie das Zwiegespräch von Mimi mit der aus der Kirche ausgebüxten Mutter Maria, ein Gespräch unter Frauen, in dem die Jungfrau der Nichtjungfrau wichtige Ratschläge gibt. Ein anderes Thema, das Julia Fischer genüsslich bearbeitet, ist die Transformation der grauen Maus zu einer chicen von Männern begehrten Signora. Einfach nur durch ein maigrünes Kostüm, hochhackige Schuhe, eine neue Frisur. Und die Signora erkennt: das Glück schwebt auf Augenhöhe und versteckt sich nicht zwischen Pflastersteinen, dahin, wohin sie früher immer schaute.

Jubiläum Holzkirchner Bücherecke
Annemarie Hagn und Christoph Bencic bereichern mit ihren musikalischen Beiträgen die Lesung. Foto: Petra Kurbjuhn

Das macht Mut und auch, was sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht, das weibliche Selbstbild, das ja bekanntermaßen Größe 36 tragen muss. In der Oper aber dürfen die Sängerinnen Raum einnehmen. Und auch Carlotta, inzwischen 30 Jahre alt, akzeptiert ihre Figur „wie ein Violoncello“ und näht in ihrer Schneiderei Kostüme für Frauen mit einer ähnlichen Kleidergröße.

Ja und dann erklärt sich der Fingerhut, er nämlich stammt aus Peter Pan, Wendy schenkte ihn und sagte, das ist ein Kuss. Und ebenso tat es damals vor fast 20 Jahren Daniele. Wird er Carlotta wiederfinden? Werden Sie das Glück auf Augenhöhe finden?

Zwischen den Kapiteln spielten Annemarie Hagn und Christoph Bencic die jeweils passenden Stücke, lustig, getragen, klassisch und italienisch, eine stimmige Begleitung und Bereicherung der unterhaltsamen Lesung.

Julia Fischer „Die Fäden des Glücks“, Knaur Verlag

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf