
70 Jahre Fotografie
Christine und Johann Erben zur Vernissage von „Menschen aus verschiedenen Kulturen“ im Atrium. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
Seit 20 Jahren gibt es das Gesundheitszentrum Atrium und seit 20 Jahren ist auch die Kultur hier zuhause. Jetzt sind auf vier Etagen insgesamt 85 Fotografien des Otterfinger Fotografen Johann Erben unter dem Titel „Menschen aus verschiedenen Kulturen“ zu sehen. Ein Gemeinschaftswerk von Kurator Michael Werner, den Parsberger Fotofreunden und KulturVision e.V.
„Es war mir ein Herzensanliegen, zum Jubiläum eine Ausstellung von Johann Erben zu präsentieren“, sagte Michael Werner zur Vernissage. Kennengelernt habe er den nunmehr 93-jährigen Fotografen schon vor Jahren, als er mehrfach im Atrium ausstellte und er sei von dessen Werken sehr angetan. Deshalb sei es ihm eine Ehre, heute mit den Ehrengästen Christine und Johann Erben diese Ausstellung eröffnen zu dürfen.

Michael Werner eröffnete die Ausstellung. Foto: Bernt Horeth
Die Idee dafür entstand bei der Ausstellung der Parsberger Fotofreunde im Krankenhaus Agatharied. Die Umsetzung indes erforderte eine Kraftanstrengung. Bilder mussten transportiert und gerahmt und schließlich im Atrium gehängt werden. Es ist Marion Marski, Petra Kurbjuhn, Gerald Plack, Bernt Horeth, Peter Wieczorek und Günter Bolz von den Parsberger Fotofreunden zu verdanken, dass die Ausstellung zustande kam. Petra Kurbjuhn fungierte dabei als Bindeglied zu KulturVision, denn als Fotografin stellt sie mit den Parsberger Fotofreunden aus und sie ist die Fotografin bei KulturVision. Allen miteinander gilt der Dank für ihr ehrenamtliches Engagement.
Jetzt also begegnen sich 20 Jahre Atrium und 70 Jahre Fotografie von Johann Erben. Der Otterfinger hat eine lange und spannende Lebensgeschichte:
Lesetipp: „Das muss doch mal jemand aufschreiben“
Im Sudetenland aufgewachsen erlebte er eine glückliche Kindheit, allerdings mit NS-Erziehung in der Schule. Die Familie wurde vertrieben, als er 14 Jahre alt war. Nach einer Odyssee mit LKW und Viehwaggons landete sie in Hessen, wo sie einquartiert wurde, gegen den Willen der Dorfbewohner.
Aber diese neue Heimat erwies sich als Glück im Unglück, denn Johann Erben machte eine Lehre als Schneider und traf auf seine Christine. Mit ihr zog er nach München und erhielt bei dem Promischneider Max Dietl eine Anstellung, wo er schnell aufstieg. Er durfte Fräcke und Smokings für prominente Schauspieler und Politiker nähen. Und auch seine Frau profitierte davon, sie sei immer gekleidet gewesen wie eine Modepuppe, sagte Johann Erben.

Ausstellung auf vier Etagen. Foto: Petra Kurbjuhn
Das Ehepaar unternahm in den Folgejahren viele Reisen, innerhalb Europas ebenso wie nach Nahost und Fernost. Und immer war die Analogkamera dabei. Auch in China, bei minus 30 Grad Celsius, als die Digitalkameras anderer Fotografen den Geist aufgaben, wie er schmunzelnd erzählt. Allerdings habe er nach 36 Aufnahmen den Film wechseln müssen, was bei der Kälte auch nicht einfach gewesen sei.

Angler. Foto: Johann Erben
Über einen Diavortrag kam er zu den Parsberger Fotofreunden. Einfach sei es nicht gewesen, erzählt Johann Erben. Der damalige inzwischen verstorbene Vorstand Peter Rosenmüller habe gezögert, einen Otterfinger zuzulassen. Dann aber „wurde der Otterfinger ein Parsberger“, wie Johann Erben sagt, und die beiden Fotografen waren die Seele der Fotofreunde. „Ich bin kein Künstler, sondern ein Knipser“, betont der 93-Jährige
Johann Erben stellte regelmäßig bei der Jahresausstellung aus, aber auch bei der Irschenberger Kunstausstellung und eben im Atrium. 2016 waren es Kulturstätten, 2018 Seltene Pflanzen, 2020 Libyen.

Indische Frauen. Foto: Johann Erben
Jetzt, und das war der Wunsch von Michael Werner, sind es „Menschen aus verschiedenen Kulturen“. Johann Erben hat sie bei der Arbeit, beim Verkaufen ihrer Produkte, beim Betteln und beim Feiern fotografiert. Es sind alte Menschen mit Runzeln, spielende Kinder, es sind echte Gesichter, keine aufpolierten Hochglanzabbildungen. Sie sind analog, unbearbeitet und offenbaren Persönlichkeiten ohne jegliche Fassade.
Es lohnt sich, alle Etagen im Atrium abzugehen. Man findet Kinder, die auf Minenfeldern spielen, eine lachende Familie in ärmlicher Umgebung, buddhistische Mönche beim Essen, ein Mädchen, das dem Geschwisterchen die Flasche gibt, ein Porträt mit der Unterschrift „Vorsicht er ist kein guter Mensch“, ein Junge, der in der Nase bohrt, Bettler mit ausgestreckter Hand und würdevolle geschmückte Häuptlinge.

Kinder. Foto: Johann Erben
Johann Erben hat das ganze Spektrum des Lebens in fremden Kulturen erlebt und festgehalten. Jetzt ist es für Besuchende des Atriums zugänglich. Vor zehn Jahren hatte er gesagt, dass dies seine letzte Ausstellung sei, zum Glück ließ er sich noch einmal überreden und zum Glück fanden sich genügend Helfer, die Ausstellung zu realisieren. „Es ist schön, wenn man Freude machen kann“, sagte schlicht Marion Marski.