Unter dem Deckmantel der Toleranz

Vor wem werden die Käsehochs und Springinsfelds wohl gemeinsam Angst haben? Foto: Petra Kurbjuhn

Theater in Holzkirchen

Im zwanzigsten Jahr seines Bestehens feierte das Holzkirchner Komödchen im Foolstheater eine umjubelte Premiere seines neuen Stückes „Schwarz auf Weiss“ von Ephraim Kishon unter der professionellen Regie von Lydia Starkulla. Damit hatte sich das Ensemble eine ebenso heitere wie tiefgründige Geschichte vorgenommen.

Ephraim Kishon bürgte für Qualität. Mit diesem Pfund konnte zunächst die Inszenierung wuchern. Der israelische Autor versteht es, den Alltag mit all seinen Problemen satirisch-humorvoll abzubilden. Sein Märchen „Schwarz auf Weiß“ ist eine Parabel auf Rassismus ebenso wie Standesunterschiede. Ursprünglich geschrieben zum Thema arabische und europäische Juden kann es für fehlende Toleranz in allen Gesellschaftsformen dienen.

Weiße und graue Mäuse

Der israelische Schriftsteller wählte die Form der Tierparabel, um menschliche Schwächen aufzudecken. Da gibt es also die aus dem Käfig abstammende weiße Mäusefamilie Käsehoch, die natürlich in der Beletage wohnt und Käse mit Zucker liebt. Die graue Mäusefamilie Springinsfeld indes kommt, wie der Name sagt, vom Feld, wohnt im Parterre und liebt Käse mit Zwiebeln. Beide beten den Herrn des Hauses, allerdings in gegensätzlicher Gebetsrichtung an.

Eigentlich ist man tolerant

Aber das ist nicht alles, auch bei den Musikvorlieben gibt es gravierende Unterschiede und man muss sich schon die Ohren zuhalten, wenn die Musik der jeweils anderen Gattung zu hören ist. Eigentlich ist man ja tolerant, sagt man jedenfalls, aber unter diesem Deckmantel brodelt es. Und genau das ist das Thema des Stückes.


Knuspi und Schneeweiß lieben sich. Foto: Petra Kurbjuhn

Bezeichnenderweise ist die graue Maus Nussi (Daniela Scheunstuhl-Anduleit) Dienstmädchen bei den vornehmen Käsehochs. Nun geschieht es aber, dass sich Knuspi Käsehoch (Valerie Haberle) in Schneeweiß Springinsfeld (Florian Hauder) verliebt und die beiden Familien mit dieser Situation klarkommen müssen. Vater Kasimir Käsehoch (Christian Hort) beteuert, dass zweifarbige Ehen zu begrüßen sind und die trennenden Mauern fallen müssen, teilt aber gleichzeitig mit, dass die grauen Mäuse, nein, die Angehörigen der Parterre-Rasse einen niedrigeren Lebensstandard haben und eine solche Maus sogar den Herrn des Hauses in den Finger gebissen habe.

Lydia Starkulla hat aus der Vorlage eine temporeiche Inszenierung gemacht, in der die jeweils fünf weißen und grauen Mäuse über die Bühne tänzeln bis zum furiosen Finale. In braunem Samt gehüllt ist das Wohnloch der Käsehochs nachgebildet.


Die Sängerinnen stimmen schon zum Totengesang an, denn Vater Kasimir hat von der Wunderspeise genascht. Foto: Petra Kurbjuhn

Zwischen den einzelnen Szenen tauchen die beiden Sängerinnen (Renate Grötsch und Gisela Emmi Siade) der Mäusefamilien auf. Ganz wie der Chor in der griechischen Tragödie unterbrechen sie mit ihren Liedern das Geschehen und bringen es musikalisch a cappella oder mit rhythmischer Untermalung ganz köstlich in anderer Weise zu Gehör.


Das ungleiche Paar ist gefangen und die Väter debattieren. Foto: Petra Kurbjuhn

Ephraim Kishon bringt in seiner Parabel treffende Bemerkungen unter, die man sich merken sollte. Etwa „Tradition ist die Methode, die verhindern will, dass Kinder ihre Eltern übertreffen,“ ursprünglich von Jean Jaurès und immer noch gültig. Dies wird deutlich, als das junge Paar in einem Käfig gefangen ist und die Jugend anpackt, während die Väter beten. Oder der Satz des grauen Bräutigams in der Familie der weißen Mäuse: „Ich bin ein Bekannter, aber ein Fremder bin ich geblieben.“

Ephraim Kishon
Schneeweiß Springinsfeld bleibt ein Fremder bei den Käsehochs. Foto: Petra Kurbjuhn

Das Ensemble des Komödchens steigerte sich im Laufe des Abends nach ein paar anfänglichen Hängern, die souverän von den beiden Souffleusen gerettet werden, zu einer starken Leistung. Die Mitwirkenden verstanden es, die unterschiedlichen Motive und Gewohnheiten überzeugend darzustellen. Die Überheblichkeit der weißen Mäuse, die sich als die Auserwählten sehen und die sich über eine grüne Wunderspeise freuen, die der von sich eingenommene, aber doch recht dümmliche Sohn Kalawas (Jochen Geipel) gefunden hat.

Ephraim Kishon
Mutter Kalophonia tröstet Sohn Kalawas Käsehoch, der die Wunderspeise gefunden hat. Foto: Petra Kurbjuhn

Mutter Kalophonia (Monika Stahuber-Tóth) bemüht sich beständig, typisch Mutter eben, um Harmonie, die jüngere Tochter Kuki (Steffi Wagner) ist die Gescheite der Familie.

Auch die grauen Mäuse aus dem Erdgeschoss haben ihre Vorurteile und bestehen auf den Unterschieden. So tritt Vater Soundso Springinsfeld (Karl Jakob) sehr selbstsicher mit seinen beiden Frauen (Bernadette Kornprobst und Kati Östreicher) auf.


Gespannte Atmosphäre. Foto: Petra Kurbjuhn

Den Darstellenden der beiden Familien gelang es vorzüglich, die gespannte Atmosphäre beim Aufeinandertreffen zu transportieren, das vorsichtige Abtasten, bis es zum großen Eklat kommt, das allen Mitwirkenden einiges an Körperarbeit abverlangte.

Ephraim Kishon
Es kommt zum Eklat. Foto: Petra Kurbjuhn

Nicht verraten wird, welche überraschende Nachricht vor der Pause eintrifft und wie die Geschichte ausgeht. Deshalb: Unbedingt ansehen!
Ephraim Kiskon
Beim Schlussapplaus Ensemble mit Regisseurin Lydia Starkulla und den beiden Souffleusen Hilde Ammer und Wilma Feldbauer. Foto: Petra Kurbjuhn

Die nächsten Vorstellungen. am 13., 14., 15., 22., 23., 29. und 30. April. Nähere Informationen und Tickets unter www.kultur-im-oberbraeu.de

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