
Der Watzmann rockt Valley
Auf der Pirsch: Der Bauer (Sepp Weindl)und der Bub (Vitus Jaschke. Foto: Petra Kurbjuhn
Theater in Valley
Kann ein Stück, das vor 50 Jahren Kult war, heute noch das Publikum vom Hocker reißen? Es kann, wenn ein Sepp Floßmann mit der Theatergruppe der Schloßbergler Valley die Sache in die Hand nimmt und sich weitere professionelle Unterstützung in Musik und Tanz holt, Hollaröhdulliöh!!!
Eins der größten und schwersten Stücke habe er sich dieses Jahr ausgesucht, begrüßte Trachtenvorstand Sepp Huber das Publikum in der Mehrzweckhalle der DJK Darching. Nicht im Trachtenheim wie üblich, sondern hier mit großer Bühne sollte das Spektakel stattfinden, das der langjährige Spielleiter der Schloßbergler seit eben diesen 50 Jahren, wie er sagte, mit sich herumgetragen hatte und sich nun endlich einen Traum erfüllte.
Zunächst war es ja nur 1974 eine Langspielplatte, die Bühnenfassung als Rustical folgte 1982 und dann wurde es Kult: „Der Watzmann ruft“ von Manfred Oskar Tauchen mit der Musik von Wolfgang Ambros und Liedtexten von Joesi Prokopetz. Die etwas älteren Zuschauen konnten jedes Lied mitsingen, aber auch die jüngeren Zuhörerinnen wurden mitgerissen von der Begeisterung auf der Bühne.
Das Stück und die Musik an sich sind schon der Hammer, eine köstliche Persiflage auf Heimattümelei und Ganghofer-Romantik, aber wie es die Schloßbergler unter der Regie von Sepp Floßmann auf die Bühne bringen, das muss man gesehen haben. Die Schauspieler einfach hinreißend, die Tänze mitreißend und die Musik hochprofessionell.

Großartige Ambros-Musiker. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Geschichte ist herzzerreißend. Es geht um die alte Geschichte des Kampfes vom Menschen mit dem Berg. „Der Watzmann ruft“ den Bub, der mit dem Vater am Tisch sitzt und die Suppe löffelt., mit dem kleinen Holzlöffel, den großen hat der Vater. Sepp Weindl mit großem Rauschebart und voller väterlicher Dominanz und großem Suppenlöffel aber will ihn nicht gehen lassen. Denn so viele hat er schon geholt, der Berg. „Er ist groß und i bin a Zwerg“ heißt es im Lied.

Der Bauer und der Bub beim Essen mit den Mägden. Foto: Name
Vitus Jaschke ist der Bub, den der Berg ruft und den letztlich eine Frau dazu bringt, sich in die Gefahr zu begeben. Er ist der aufmüpfige, „Scheiß-68er“, wie der Vater, der Bauer sagt, als sie miteinander auf die Pirsch gehen, Sehr erheiternd die Choreografie ihrer Jagd auf die Gams und sehr erheiternd der Regieeinfall der rotierenden Gams am Berg.
Einschub: Das Bühnenbild (Simon Epp, Andi Huber), ausgeliehen von der Theatergruppe Bad Aibling, die 2018 das Ambros- Rustical aufführte. Ein riesiges Watzmann-Panorama, der Berg rotgolden und verlockend, davor Felsen. Rechts ein richtiger Jägerstand und natürlich der Tisch, an dem Bauer und Bub sitzen.

Die Gailtalerin (Benedikt Epp) ist wieder da. Foto: Petra Kurbjuhn
Aber weder der Bauer noch die Rosenkranz betenden und wimmernden Mägde können den Bub abhalten, denn da kommt die ausgschamte Gaitalerin ins Spiel: Sie ist wieder da! Benedikt Epp ist eine überaus verführerische Nyphoman (ohne in), die ihre Brüste aus dem Dirndl presst. Wie im Original wird die Drag-Queen von einem Mann gespielt. Sie kennt jeden hier im Saal, auch den Bernhard in der 1. Reihe, den Bürgermeister Schäfer.
Das Publikum wird immer wieder einbezogen, so auch beim Echoruf, denn das schönste Echo gibt’s in der Darchinger Mehrzweckhalle und voller Inbrunst echot der Saal immer lauter werdend Hollaröhdulliöh. Denn so viel schön ist unsere Heimat.

Christoph Weber und Bernhard Weindl als großartige Knechte. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit der Besetzung der beiden Knechte hat Sepp Floßmann wie mit allen anderen Mimen auch ins Schwarze getroffen. Christoph Weber mit der Pfeife als arbeitsscheuer junger Knecht und Bernhard Weindl als alter, gebückter Knecht mit Stock sind einfach fantastisch in ihrer Überzeichnung. Am schönsten wird es, wenn sie zu tanzen und zu singen anfangen „Ich bin ein Knecht“, da biegt sich das Publikum vor Lachen.

Die Tanszenen, choreografiert und einstudiert von Isabella Winkler sind Spitze. Foto: Petra Kurbjuhn
Und kaum hat es sich erholt, da kommen die Tanzpaare zum Platteln, die Madeln allerdings in nicht echten Dirndln und bald wird aus der Volksmusik Rock’n’roll. Tanzlehrerein Isabella Winkler hat mit den Mitgliedern der Plattlergruppe des Trachtenvereins eine umwerfende Tanzshow auf die Bühne gebracht, auch eine Rauferei darf nicht fehlen und dann kommt der Gag vor der Pause. Lassen Sie sich überraschen. Helena Hepp mit Markus Kienbacher, Karo Dieterich mit Jakob Hechenthaler, Rosalie Hechenthaler mit Franz Grömeyer und Anna Müller mit Marinus Epp begeisterten das Publikum.

Verena Hitzelsperger und musikalischer Leiter Hubert Huber. Foto: Petra Kurbjuhn
Was die Aufführung trägt und umrahmt, das ist die Musik von Wolfgang Ambros. Am Ende der Veranstaltung erzählt Sepp Floßmann mit belegter Stimme, dass er die musikalische Leitung Bernhard Hagn anvertraut habe. Nach dessen überraschendem tragischen Tod sei die Zukunft der Aufführung ungewiss geworden. Letztlich aber habe Hubert Huber die Leitung übernommen. Der Profimusiker am Piano und der Ziach hatte sich eine Band zusammengestellt, die die Ambros-Musik zum Erlebnis machte. Schloss man die Augen, dann hörte man mit Leonhard Reischl die charismatische Stimme des legendären Austro-Pop-Musikers. Mit Verena Hitzelsperger kam eine Geigenstimme hinzu, die frischen Wind in das Geschehen grachte. Und die drei Gitarristen Andreas Hohenadl, Bernhard Adelsberger Und Alois Leichmann sorgten für den originalen Ambros Sound, den Max Winkler jun. am Schlagzeug untermauerte.

Das Ensemble mit Spielleiter Sepp Floßmann und Tanzlehrerin Isabella Winkler. Foto: Petra Kurbjuhn
Als Zugaben hatten sie noch die großen anderen Ambros-Songs mitgebracht, natürlich durfte „Zwickt’s mi“ nicht fehlen, und „A Mensch möcht i bleibn“ wird wohl niemanden unberührt lassen.
Ach so, wie es ausgeht? Ist doch hinlänglich bekannt. Der Bub lässt sich von der Gailtalerin becircen, geht auffi und stürzt ab. Doch das Leben auf dem Hof geht weiter, sagt der Erzähler, den Sepp Floßmann höchstselbst spricht und sich und dem Publikum mit „Der Watzmann ruft“ einen unvergesslichen grandiosen Abend bescherte.

Der Bub lässt sich auf die Versprechungen der Gailtalerin ein. Foto: Petra Kurbjuhn
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