DENKSTAHL rät „Denk mal“
Künstler AL alias DENKSTAHL in der Galerie ARTEG. Foto: VOLLHERZIG
Ausstellung in Tegernsee
Galerist Michael Böhnke hat diesmal einen ungewöhnlichen Künstler an den Tegernsee geholt und mit ihm ein Stück urbane Großstadt: Bei AL alias DENKSTAHL trifft Digital Art auf Street Art.
Von Außen, von der Straße aus, sieht man großformatige „Indianer“ in den Fenstern der Galerie ARTEG hängen. Die Werke heißen „They shot them“ oder „Bloody money“. AL mixt in seiner digitalen Bildkunst Porträts von Menschen und archaische Symbole mit zeitgenössischen Markenlogos. Bei „Indian to go“ findet sich der aufmerksame Betrachter bei der amerikanischen Kaffeekette Starbucks wieder, die wie alle Ketten in der Kritik steht, die kleinen Kaffees vertrieben zu haben, wie zuvor schon die „Weißen“ die „Indianer“.
Luxuslabel und Alltagssymbole
Künstler AL stellt diese gängigen, inzwischen omnipräsenten Alltagssymbole und Markenlogos in einen neuen Kontext und lädt seine Betrachter ein, sich selbst Gedanken zu machen.
Künstler AL und Galerist Michael Böhnke. Foto: IW
Die großformatigen Bilder kommen allerdings keineswegs mit dem Zeigefinger daher, sie wollen weder missionieren, noch moralisieren. Sich positionieren darf schließlich jeder selbst. Der Frankfurter Künstler AL alias DENKSTAHL gibt mit seinen Werken, die großformatig, farbenfroh, leicht und fröhlich daherkommen, lediglich Denkanstöße. Die Interpretation und Schlussfolgerungen überlässt der Künstler dem Betrachter.
Money drives you crazy
Ist der Mensch hinter dem Kühlergrill eines Rolls-Royce mit der goldenen Krone auf dem Kopf ein König auf der Sonnenseite des Lebens – oder nicht doch ein Affe im „Goldenen Käfig“? Der Titel des Bildes ist „Money drives you crazy“. Um Geld geht’s auch bei „End of Bargeld“, denn von der Umwandlung analoger Werte in digitale Formate ist unser geliebtes Tausch- und Zahlungsmittel betroffen. Auf anderen Bildern räkeln sich schemenhaft und doch sprungbereit die Logos der Luxusmodebranchen. Hat man sie einmal ins Visier gefasst, schieben sie sich aus der Fülle der Bildreize in den Vordergrund. Auch hier möchte AL nicht anprangern, sondern anregen. Der Künstler, der angibt, selbst Luxus zu lieben, stellt vielmehr die Frage: „Warum sind die hervorragend gearbeiteten, tollen Luxusgegenstände nicht für alle zugänglich?“
„Wohlstandsgesellschaft“ – Hunger, Gold und Luxusmarken. Foto: DENKSTAHL
Aus der Flut der Bildreize großformatiger Digitaldrucke, die mit ihrer Fernwirkung die Betrachter heranlocken, um sich dann in Details zu verlieren, stechen kontratsreich zweifarbig gehaltene Serigraphen heraus. So das gleich dreifache Mädchen, das als Fußfessel an einer Kette das Apple-Symbol hinter sich herschleift – „Addicted to Apple“.
Herzen und Handgranaten
Der Appell „Make love not war“ ist aktueller denn je, meint AL. 1967 nutzten ihn die Hippies als Slogan, als sie gegen den Vietnamkrieg und den Kalten Krieg protestierten. In seiner gleichnamigen Serie weist AL auf die verkorkste Sexualität und Liebesunfähigkeit des Menschen als einen der Urgründe, warum die Männer dieser Welt Krieg führen. Zwei behelmte Polizisten tragen ein großes rotes Herz, auch aus explodierenden Handgranaten schießen Herzen hervor. „Alle Vögel sind schon da“ wirkt wie ein klassischer Holzschnitt, um beim näheren Betrachten festzustellen, dass die netten Piepmatzen Handgranaten in sich tragen.
Irritation und Provokation: „Wounded MC“. Foto: DENKSTAHL
Einen Teil des künstlerischen Werkes des Autodidakten, der sich seit 25 Jahren der Kunst verschrieben hat, nehmen Poesie und Prosatexte ein, in denen er die Menschen mit der „Scheinwelt“ konfrontiert. Er irritiert, reflektiert und provoziert mit einem Spiel aus Worten und Farben, mit Gedichten, der Malerei und der visuellen Kommunikation. Seit vielen Jahren beschäftigt sich AL auch mit der Streetart, die ihm zu seinem Synonym verhalf: AL steht für ArtLife.
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