Bruchlandung ins Paradies

Da prallen Welten aufeinander

Christina Kern als Sennerin Mirl und Andreas Kern als Milliardär Toralf Boutellier. Foto: Petra Kurbjuhn

Theater in Tegernsee

Mit seinem 25. Bühnenstück hat Andreas Kern wieder einen Volltreffer gelandet. Hier geht es um allgemeine gesellschaftliche Themen ebenso wie um ganz konkrete des Tegernseer Tals. Aber natürlich mit der typischen komödiantischen Handschrift des Autors. Das Publikum bog sich im gut geheizten Kulturzelt vor Lachen, zu verdanken ebenso den schauspielerischen Glanzleistungen des Tegernseer Volkstheaters.

„Bruchlandung ins Paradies“ macht Toralf Boutellier, der milliardenschwere Unternehmer, mit einem seiner Helikopter auf 1600 Meter bei einer Alm im Wendelsteingebiet. Mit seinem Piloten Kevin und seiner Privatsekretärin Viola findet er Unterschlupf bei Sennerin Mirl. Diese ist nicht nur damit befasst, die Alm zu bewirtschaften, sondern auch damit, Sohn Bertram zur Hochzeit mit der heiratswilligen Felizitas zu bringen. Verwirrung in die Situation bringt dann noch Renée, Milliardärssohn, der mit all seinen Projekten scheiterte und jetzt aus der Alm ein Luxusberghotel mit Lasershow machen will.

Das ist der Stoff, den Andreas Kern mit leichter Hand zu einer prallen Komödie voller witziger Dialoge und scharfzüngiger Feststellungen macht.

Lesetipp: Ein Milliardär auf der Alm

Seit Jahren beschäftige ihn die monströse Situation nicht nur in Kitzbühel, wo ein Palatschinken schon einmal 150 Euro kostet, sagte der Autor, Regisseur und Schauspieler im Interview. „So wollen wir nicht werden“, lässt er seine Mirl sagen, aber dennoch, auch am Tegernsee kann man die Flasche Schampus für 35 000 Euro bestellen.

Das ist aber noch nicht alles, es gibt Zweitwohnungsbesitzer, die sich bei jeder Kleinigkeit beschweren und die Nachbarschaft säkieren. Bürgermeister Johannes Hagn kann zweifellos über derartige Begebenheiten Arien singen.

Bruchlandung ins Paradies
Mirl schwingt die Bratpfanne. Foto: Petra Kurbjuhn

Christina Kern verkörpert die bodenständige, fleißige, humorvolle, zuweilen auch zwidere aber immer menschliche Sennerin mit einer starken Bühnenpräsenz und Authentizität. Selbst wenn sie die Bratpfanne schwingt und die ungebetenen Gäste aus dem Haus jagt, bleibt sie liebenswürdig und ihre Aussagen bekräftigen ihren gesunden Hausverstand.

Ihr gegenüber der Milliardär wirkt blutleer und sogar hilflos. Andreas Kern spielt den arroganten Überflieger, der andere Standards als Käsebrot und frisch gezapfte Milch gewohnt ist, mit Eleganz und vollzieht eine Wendung mit Würde. Beim Brot- und Käseschneiden sowie schwammerlputzen indes scheitert er, das übersteigt seine Fähigkeiten, der ansonsten mit Prinz Albert von Monaco diniert und mit Bill Gates Golf spielt.


Flo Rian Bauer als Kevin muss als erstes die Alm inspizieren. Foto: Petra Kurbjuhn

Flo Rian Bauer gibt seinen Pilot und Bodyguard Kevin komödiantisch von der ersten Minute an, als er wie ein wildgewordener Schütze eines Sonderkommandos in die Alm stürzt und nach Feinden sucht. Er scheut sich auch nicht, in Unterwäsche über die Bühne zu stolpern und liefert immer wieder akrobatische Einlagen, mit denen er für Szenenapplaus sorgt.

Diesen gibt es nicht zu knapp. Das Publikum geht mit und lacht sich bei den köstlichen Dialogen schlapp. Das beginnt schon in der ersten Szene, als Felizitas, von Lisa Schmidt liebenswürdig gespielt, Mirl gesteht, dass sie nach zehnjähriger Beziehung nun doch ganz gern einmal den Bertram heiraten würde. „Der ganze Bub, ein einziger Depp“, stellt dessen Mutter fest, denn Bertram konstatiert, wenn die Ernte herin sei, könne man über eine Hochzeit nachdenken.


Felizitas (Lisa Schmidt) würde gern Bertram (Matthias Stoib) ehelichen und Mirl mischt mit. Foto: Petra Kurbjuhn

Matthias Stoib verkörpert den Bertram ein bisschen dumpfbackig, so wie es der Autor will, ein bisschen sehr eifersüchtig, als Renée auftaucht und sehr gern zur Prügelei bereit.

Dieser Renée taucht im stylischen Bikeanzug auf der Alm auf und demonstriert schon mit diesem Aufzug wie wenig er in die natürliche Umgebung passt. Sein Plan von Luxushotel und Luxuschalets kommt dem Publikum doch recht vertraut vor. Michael Reichenwallner gibt den verwöhnten Typen, der es geil auf der Alm findet, in bekannter Weise.


Mirl und Toralf umrahmen den Überraschungsgast Renée (Michael Reichenwallner). Foto: Petra Kurbjuhn

Romina Pill ergänzt als Privatsekretärin Viola die Zweiwelten-Gemeinschaft auf der Alm. In hellblaues Kostüm und High Heels gewandet, passt sie ebenso wenig wie Renée zu Mirl in der Arbeitskluft. Sie ist übereifrig und beflissen um das Wohl ihres Arbeitgebers bemüht und hat für jedes Wehwehchen eine Pille oder ein Pflaster parat.


Romina Pill als Viola und Matthias Stoib als Bertram. Foto: Petra Kurbjuhn

Bei der Gelegenheit versäumt es Andreas Kern nicht, die Ungerechtigkeit der zweigeteilten Krankenversicherung in seine Komödie gekonnt einzuflechten, bei der der Kassenpatient wochenlang auf einen Termin warten muss. Sie möge sich doch privat versichern, rät der weltfremde Milliardär Mirl. Die koste 900 Euro und sie bekomme 800 Euro Rente, kontert sie.

So verknüpft der Autor immer wieder Gesellschaftskritik mit seiner Handlung und erzielt damit Kopfnicken im Publikum ebenso wie Gelächter bei den witzigen Szenen. Eine gelungene Mischung.

„Bruchlandung ins Paradies“ selbst erkunden

Die Inszenierung seines Stückes hat der Autor selbst in die Hand genommen und führt sein Ensemble pfeilgerade und temporeich zum Finale. Was da passiert und welche spezielle Rolle Kevin dabei zufällt, ob sich Felizitas und Bertram kriegen und ob sich Toralf endlich zum Alm-Du durchringen kann, das alles sollten Sie selbst erkunden.

Bruchlandung ins Paradies
Das Ensemble beim Schlussapplaus. Foto: Petra Kurbjuhn

„Bruchlandung ins Paradies“ vom Tegernseer Volkstheater im Rahmen der Tegernseer Woche im Kulturzelt im Kurgarten Tegernsee am 4., 11., 25. Oktober, 8., 15., 22., 29. November und 6., 13., 20. Dezember jeweils 19 Uhr. Karten gibt es bei der Tourist-Info Tegernsee, Telefon: 08022/927386 oder tegernsee@tegernsee.com. Hier sind auch Tickets für weitere Veranstaltungen der Tegernseer Woche, etwa NAU-Maxjoseph am 2.10. oder am 3.10. Musik verbindet – United in Harmony.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf