
Schülersprecherinnen gesucht, aber nicht nur
Das Podium von Bavaria ruft: Kathrin Alte, Bürgermeisterin von Anzing, Simone Strohschneider (MdL), Landtagspräsidentin und Schirmherrin von Bavaria ruft Ilse Aigner und Susanna Tausendfreund, Bürgermeisterin von Pullach. Foto: MZ
Mit einem hochkarätigen Politikerinnenpodium lud die Initiative „Bavaria ruft“ unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Ilse Aigner gemeinsam mit der vhs Oberland in das Bunte Haus Miesbach ein. Ziel: Mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen. Dabei stellte sich heraus, dass der Grundstock schon in der Schulzeit gelegt wird.
Die vhs stehe dafür, Menschen zusammenzubringen, Brücken zu schlagen und die Demokratie zu fördern, betonte Vorständin Veronika Weese. Ebenso sei dieses Foyer der evangelischen Kirche ein Begegnungszentrum, meinte Pfarrerin Anika Sergel-Kohls. Gemeinsam mit 2. Bürgermeisterin Miesbachs Astrid Güldner sei man gern dem Ruf der Bavaria gefolgt und habe diese außerordentlich gut besuchte Veranstaltung vorbereitet.

Veronika Weese und Anika Sergel-Kohls. Foto: MZ
„Bavaria ruft“ habe sie gemeinsam mit Claudia Alfons ins Leben gerufen, informierte Kathrin Alte, Bürgermeisterin von Anzing. In ihrem forschen, heiteren und unterhaltsamen Impulsvortrag zeigte sie auf, wie wichtig es sei, Frauen für die Politik zu gewinnen.
Es gebe in Bayern nur einen Anteil von 10 Prozent bei den Bürgermeisterämtern, sagte sie. Woran das läge? Fehlendes Selbstbewusstsein, zu wenig Sichtbarkeit der Kompetenz in der Öffentlichkeit, Frust bei Nichtwahl. „Frauen lassen sich unterbuttern“, resümierte sie.

Kathrin Alte, Bürgermeisterin von Anzing. Foto: MZ
Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischem Ehrenamt werde bei Männern nie thematisiert, bei Frauen schon. Sicher sei die zeitliche Belastung bei Frauen größer, es fehle ihnen das Zutrauen und sie schreckten sowohl von den männlichen Netzwerken als auch dem Ton in der Politik zurück.
Daraus folge, dass mehr Sichtbarkeit der Arbeit von Frauen erforderlich sei. Es brauche für die Kommunalpolitik kein Studium im Bauwesen, der gesunde Menschenverstand reiche aus, zudem müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden, etwa Länge der Sitzungen, Möglichkeit von Hybridsitzungen und ein verbesserter Ton.
Kommunalpolitik macht Spaß
„Kommunalpolitik macht Spaß und bringt was“, schloss sie. Dieser Aussage schlossen sich alle Rednerinnen an, die auch mehrheitlich bekannten, Schülersprecherinnen gewesen zu sein.

Moderatorin und zweite Bürgermeisterin Miesbach Astrid Güldner. Foto: MZ
Astrid Güldner, zweite Bürgermeister Miesbachs, die die Veranstaltung moderierte, ließ die Fragen im Raum stehen, wer bessere Politik mache, Frauen oder Männer. Aber sie stellte fest: „Männer klopfen sich um die vorderen Listenplätze und die Frauen tummeln sich hinten.“ Ihr Leben indes sei durch die Kommunalpolitik bereichert worden und seit sie im Kreistag eine parteiübergreifende Frauengruppe „Frauengang“ gegründet hätten, warf Ilse Aigner ein, sei die Arbeit bedeutend besser geworden. Frauen würden Macht scheuen, aber Macht komme von machen und das können Frauen, betonte sie.
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Landtagspräsidentin und Schirmherrin von Bavaria ruft Ilse Aigner. Foto: MZ
Über ihre Erfahrungen befragte Astrid Güldner die vier erfolgreichen Politikerinnen. Bürgermeisterin habe sie werden wollen, das aber nicht geschafft, bekannte Ilse Aigner, die vor der Landespolitik lange im Gemeinde- und Kreistag saß.
Kommunalpolitik sei deshalb so bereichernd, weil man schnell Ergebnisse sehe und Projekte umsetzen könne. Wichtig sei, dass Frauen Frauen wählen, ihnen Kompetenz zutrauen. Eine Quote sei gut, habe aber auch Nebenwirkungen. Für ihr Amt sei Fleiß erforderlich und man müsse Chancen wahrnehmen.

Susanna Tausendfreund, Bürgermeisterin von Pullach. Foto: MZ
Susanne Tausendfreund ist langjährige Bürgermeisterin in Pullach. Sie könne Akzente setzen, lobte sie ihr Amt, es sei allerdings anfangs ein hartes Brot gewesen, als einzige Grüne im schwarzen Pullach zum Zuge zu kommen. Man brauche für das Amt Selbstbewusstsein und müsse Menschen mögen sowie vermitteln können. Parteipolitik sei im Kommunalen weniger wichtig, es sei eher Unternehmensführung, „und das könnt Ihr alle“.

Simone Strohschneider (MdL). Foto: MZ
Seit 2003 sitzt Simone Strohschneider im Landtag und erzählte, dass es ihr ein Anliegen gewesen sei, die gute Kinderbetreuung, die sie in Frankreich und den neuen Bundeländern vorgefunden habe, auch in Bayern zu realisieren. Und das erste Gesetz im Landtag sei die Finanzierung von Kinderkrippen gewesen. Auch sie stimme absolut für die Quote, denn „wir krebsen bei 25 Prozent Frauen herum“. Genauso wichtig aber sei die Solidarität unter Frauen. „Männer sind per se kompetent, Frauen wird das per se abgesprochen.“ Für ihr Amt brauche sie Mut, auch das Scheitern zu lernen und immer weitermachen.
Kathrin Alte ist davon überzeugt, dass Menschen dann jemanden wählen, weil sie ihm oder ihr etwas zutrauen. Deshalb müssten Frauen zeigen, was sie draufhaben.
Wie gehe man mit männlicher Dominanz um und brauche es eine andere politische Kultur durch Frauen, fragte Astrid Güldner.
Nach der Sitzung ein Bier
Bei unflätigen Bemerkungen setze es schon mal eine Rüge, bekannte Susanna Tausendfreund, wichtig aber sei, nach der Sitzung herunterzufahren und noch persönlich miteinander zu reden. Dem pflichtete ihre Amtskollegin Kathrin Alte zu, „respektvoll auf Augenhöhe miteinander reden und hinterher miteinander ein Bier trinken“.
Im Landtag gebe es feste Regeln, informierte Ilse Aigner, darüber hinaus helfe ein Scharfer Blick und eine selbstsichere Körperhaltung, „Autorität muss sein.“ Dies bestätigte Simone Strohschneider und fügte an, es brauche klare Ansagen „und manchmal endet es auch im Kampf“.
„Rücken durchdrücken“
Ihre Erfahrungen brachten dann die Politikerinnen des Landkreises ein. Stellvertretende Landrätin Ulrike Küster bekannte, dass sich ihr Amt großartig anfühle. „Das Ehrenamt hält die Gesellschaft zusammen und wir tragen zum Wohl der Gesellschaft bei.“

Stellvertretende Landrätin Ulrike Küster. Foto: MZ
„Ich möchte mit und für Menschen arbeiten“, sagte Landratskandidatin Angela Falkenhahn, Kommunalpolitik mache ihr Spaß.
„Rücken durchdrücken und zeigen, dass man was kann“, sagte Johanna Wunderle, die seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik engagiert ist.
Ganz zum Schluss meldete sich noch eine Teilnehmerin und wies darauf hin, dass es bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht nur auf Frauen ankomme, sondern auch darauf, dass ausschließlich demokratische Parteien gewählt würden. Darüber waren sich alle einig.
Und auch darüber, dass Schülersprecherin nicht zwingend eine Voraussetzung für eine Kandidatur ist!
