Kunst aus Lindenholz

Aus einem Stamm

Nele von Mengershausen vor ihren Lindenbaumbrettern. Foto: Petra Kurbjuhn

Ausstellung in Holzkirchen

Mit einer einzigartigen Ausstellung wartet Nele von Mengershausen in der Galerie im Autopavillon Steingraber auf. Sie ist nicht nur künstlerisch beeindruckend, sondern hat philosophische und sogar ökologische Aspekte. Sie schuf etwas Neues aus einem Verlust.

Vor zehn Jahren, so erzählt die Bayrischzeller Künstlerin, sei eine Linde gefällt worden, die sie seit Kindheitstagen auf dem Tannerhof begleitet habe. Mit der Linde habe sie sich verbunden gefühlt, denn wie kein anderer Baum zeige er Phänomene der jahreszeitlichen Verwandlung und verjünge sich von innen heraus. So gebe es tausendjährige Linden, wie die von Wessobrunn.

Den Stamm der Linde habe sie gelagert und im vergangenen Jahr begonnen, ihn einer künstlerischen Verwertung zuzuführen. Und dies komplett, kein Stück blieb übrig.

Kreislauf der Natur

Kunst aus Lindenholz
Erster Blick auf die Lindenholzbretter. Foto: Petra Kurbjuhn

Betritt der Besucher die Ausstellung, so fallen zwei Exponate sofort in den Blick. An der gegenüberliegenden Wand hat die Künstlerin mehrere meterhohe Bretter aufgestellt, die sie aus dem Stamm schneiden ließ, einige mit Astlöchern, einige mit Löchern durch Holzwürmer, die an sich in ihrer naturbelassenen Form schön sind. Eingelassen mit Leinölfirnis und Bienenwachs, wird der Kreislauf der Natur deutlich, denn die Linde sei ein Bienenbaum.

Kunst aus Lindenholz
Tisch aus Lindenholz mit Druckstöcken. Foto: Petra Kurbjuhn

Rechts steht ein Tisch, dessen Platte aus dem Mittelstück des Stammes geschnitten wurde. Darauf hat Nele von Mengershausen Teile platziert, die sie für Holzschnitte gefertigt hat. In diese Druckstöcke schnitt sie ein, was sie mit dem Lindenbaum verbindet. Auch sie gehören zu den Kunstwerken der Ausstellung, sind nicht nur Mittel zum Zweck.

Vielschichtig

An den Wänden findet der Besucher den letzten Schritt der künstlerischen Verwertung des Lindenstammes. Die Holzschnitte sind sämtlich Unikate, denn Nele von Mengershausen druckte vielschichtig in mehreren Druckvorgängen von jeweils unterschiedlichen Druckstöcken. Wenn sich ein Motiv erschöpft hatte, so erzählt sie, habe sie das weiche Holz abgeschliffen und wieder neue Formen eingeschnitten.

Kunst aus Lindenholz
„Blatt und Blüte“. Foto: Petra Kurbjuhn

„Das Holz hat eine Laufrichtung mit Widerständen“, erzählt Nele von Mengershausen. Wenn sie beim Schneiden auf Widerstand stoße, dann gebe sie nach und überlasse dem Holz die Richtung des Messers. „Ich muss nicht beweisen, wer der Stärkere ist.“ Gewonnen ist dabei eine Symbiose Künstler und Material.

Transparenz und Überlagerung

Bei den Motiven fing die Künstlerin das ein, was sie als Energiefeld der Linde bezeichnet. Gezackte Blattstrukturen ebenso wie eingerollte Blätter, Blüten und Fruchtstände, Verästelungen und fallende Blätter in unterschiedlicher Form bilden die Grundstrukturen, die sich auf den Drucken überlagern. Dabei entfaltet sich eine Atmosphäre von Transparenz und Leichtigkeit, zuweilen aber auch eine Überlagerung von Form und Farbe.

Auf der rechten Seite findet man eine Vielzahl dieser kleinformatigen Drucke in der Petersburger Hängung. Ohne Glas, im direkten Kontakt zum Betrachter, der das feine Japanpapier gerade spüren kann. Nicht nur die Hängung zeigt eine Woge des Auf und Ab, auch die Farbgebung, die von Orange über Grün zu Dunkelrot und Blau geht.

Kunst aus Lindenholz
„Ausschwärmen“ – der geheimnisvolle Fehldruck. Foto: Petra Kurbjuhn

Auf der linken Seite erzeugen die größeren Arbeiten unter Glas eine gewisse Distanz und Würde. Sogar einen Fehldruck stellt die Künstlerin aus, symbolhaft für ihre Philosophie, alles zu verwenden. Hier sei der Druckstock nicht ganz eben gewesen, aber dadurch entstehe eine geheimnisvolle Struktur, sagt sie.

Aber noch ein anderer Aspekt umfasst die Ausstellung. Sie ist kein Lamento über einen gefällten Baum, sondern sie stellt das Werden und Vergehen der Natur in einen künstlerischen und auch ökologischen Kontext.

Kunst aus Lindenholz
Haikus in Lindenholz eingeschnitten. Foto: Petra Kurbjuhn

Diesem Gedanken hat Nele von Mengershausen in mehreren Haikus Ausdruck verliehen. Sie schnitzte sie seitenverkehrt in einen Druckstock und zeigt auch diese Drucke. Stellvertretend sei der Haiku für den Juni wiedergegeben:

Summender Blätterdom
Gelbgepuderte Bienen
Spannen Honigfäden

Die Ausstellung „Aus einem Stamm“ von Nele von Mengershausen ist in der Galerie im Autopavillon Steingraber in Holzkirchen bis zum 4. Mai zu sehen.

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