
Valley trifft Paraguay
Kiko Pedrozo und Annemarie Hagn beim Schlussaplaus. Foto: Ursula Glas
Konzert in Valley
Zwei Welten begegnen und verbinden sich auf kongeniale Weise miteinander. Das Valleyer Urgestein Annemarie Hagn singt und textet, spielt Akkordeon und Gitarre und bildet mit dem in München lebenden international gefeierten paraguayischen Harfenisten Kiko Pedrozo unter dem Motto „Das Leben ist schön“ eine perfekte Symbiose.
Annemarie Hagns anfängliche Sorge „Ob wohl gnua Leit kemma“ war völlig unbegründet. Die lokale Fangemeinde füllte den Saal im Valleyer Schloss Bräu problemlos und das trotz großer Konkurrenz. Zum einen herrschte an diesem letzten Tag im Mai ein lauer Frühsommerabend mit Biergartenwetter, zum anderen war das Holzkirchner Frühlingsfest in vollem Gange, und es gab ein spezielles Highlight, nämlich das Finale der Fußball Champions League in München. Aber viele Valleyer gaben den beiden Künstlern den Vorzug – und sie wurden nicht enttäuscht.
Ein buntes bayerisch-lateinamerikanisches Programm
„Heit lassn mir es uns guad gehn!“ So begrüßte Annemarie Hagn ihr Publikum und animierte es gleich beim Glockenjodler zum gemeinsamen Mitsingen und dem Intonieren des Glockenschlags. Sofort war die Zuhörerschaft in ihren Bann gezogen und das entspannte Wohlfühlen konnte beginnen. Mit ihrer warmen, vollen Stimme erzeugt die Sängerin einen tief-emotionalen Klang und weiche, satte Freude am Zuhören und Mitsingen. Nebenbei plaudert sie gemütlich und erzählt etwa von ihrer Liebe zu den Maiandachten, wie schön das früher immer so war. Da wirkt nichts gekünstelt oder an den Haaren herbeigezogen. Jeder Gedanke scheint spontan und stets authentisch. Ob sie vom neuen Papst oder dem früheren, unserem bayerischen, erzählt und von den Pilgern berichtet, denen schon im Chiemgau das Bier ausgegangen ist, alles ist liebenswert und voller Humor.
Mit Kiko Pedrozo und Annemarie Hagn begegnen sich zwei musikalische Welten. Foto: MH
Ihr kongenialer Partner Kiko Pedrozo schmunzelt indessen und improvisiert danach flugs an seiner Harfe. Ein Meister an seinem Instrument ist da zu hören, dessen Finger dahinfliegen, die Saiten liebevoll streicheln, sie zupfen, aber auch kräftig anschlagen und sie virtuos zu spielen verstehen. Da braucht es nicht immer Gesang. Das Instrument als Medium drückt die Liebe und Leidenschaft des Musikers perfekt aus.
Das Publikum spürt, da sind zwei Vollblutmusiker auf der Bühne, die sich blind verstehen und sich mögen, die sich gegenseitig die Bälle zuwerfen, lachen und Spaß haben.
Mit Evergreens von Paul Kuhn aus dem Jahr 1958 „Die Farbe der Liebe“ und Fred Bertelmann (1967) „Es gibt immer einen Weg“ lässt Annemarie Hagn gemeinsam mit Kiko Pedrozo den Saal an den großen Gefühlen des Lebens teilhaben.
„Der Mai“ und Pfingsten kommen doch jedes Jahr
Schon stimmt uns die Musikerin auf Pfingsten und das „Ringlspui“ ein. Da wird es lustig, ein jeder hat sich “hergerichtet“ und steuert auf das Fest zu, den Schnurrbart gezwirbelt, das Radler im Auge und freut sich, denn „a Ringlspui, des kost ned vui und a jeder kann macha, was er wui.“
Kiko Pedrozo an der Harfe und Anja Gild. Foto: MH
Nun kommt der Mai in Gestalt eines Gedichts von Erich Kästner auf die Bühne, gekonnt akzentuiert, gefühlvoll und meisterhaft vorgetragen von Anja Gild, die uns das Leben, die Zeit, den Kalender mit seinem Wechselspiel von Melancholie und Freude eindrücklich vor Augen führt. „O gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!“ seufzt der Dichter und entlässt uns in die Pause.
Es gäbe noch so viel zu singen und zu sagen
Kiko Pedrozo bringt einen Samba mit samtweicher Stimme zu Gehör, einfühlsam und gefühlvoll begleitet er sich auf der Harfe und besingt eine hoffnungsvolle Lust auf das Leben. Melancholische und romantische südamerikanische Klänge verbinden sich mit bairischen, selbstverfassten Texten oder einem ungarischen Hochzeitslied. Internationalität ist hier kein Problem, sondern strahlt künstlerische Identität aus. Alles gehört zusammen, über alles kann gesungen und gesprochen werden. Und so holt Annemarie Hagn noch einmal aus und plaudert über die „komische Welt“ heutzutage. Sie sinniert über Zeitungsartikel und Beiträge aus Magazinen und lässt die Zuhörenden an ihren Gedanken teilhaben. Weltpolitik und Gesellschaftsklatsch – über viele Themen ließe sich da spekulieren.
Unterhaltsam und anspruchsvoll ist so ein Abend mit der Künstlerin, mit vielen Klassikern und einem breiten Bogen an musikalischen Genüssen. „Ich danke dem Leben“ singt Annemarie Hagn heiter und besinnlich. Das Publikum dankt mit langem, fröhlichem Beifall.
Zum Weiterlesen: Die Welt steht Kopf