Professor Wolfgang Haber

Ein Pionier der Nachhaltigkeit wird heute 100 Jahre alt

Glasarche auf dem Theaterplatz in Chemnitz (Ausschnitt). Foto: Joachim Hamberger

Empfehlung von KulturVision

Heute wird Professor Wolfgang Haber 100 Jahre alt. Aus Anlass dieses so besonderen Geburtstages gibt der Verein für Nachhaltigkeit e.V. unter der Ägide von Joachim Hamberger und Markus Vogt eine Festschrift unter dem Titel „Nachhaltig hoffen angesichts unbequemer Wahrheiten“ heraus, die Habers Leistung würdigen soll.

Markus Vogt, Professor für Christliche Sozialethik an der LMU München, gründete mit Professor Haber und Dr. Joachim Hamberger sowie einigen weiteren Engagierten vor 16 Jahren den Verein für Nachhaltigkeit e.V. (VfN), der heute 250 Mitglieder hat. Er sagt: „Kern des Vereins ist die Vision eine Kultur der Nachhaltigkeit.“ Professor Haber habe ganz wesentlich zur akademischen Etablierung ökologischer Forschung in Deutschland und weltweit beigetragen und die Praxis des Natur- und Landschaftsschutzes wie kaum ein anderer mitgestaltet.

Professor Wolfgang Haber
Professor Wolfgang Haber in seinem Garten. Foto: Joachim Hamberger

Professor Haber habe über Jahrzehnte viele seiner Schüler sorgfältig begleitet, die heute in Schlüsselpositionen der Wissenschaft und Politik tätig seien. Er selbst habe wesentlichen Gremien vorgestanden, er war etwa Präsident der International Association of Ecology (Intecol), des Dachverbandes der nationalen Fachverbände der Wissenschaft Ökologie. Zudem leistete er Pionierarbeit zu ökologischen Grundlagen des Naturschutzes, der Landes- und Landschaftspflege sowie Landschaftsplanung und war beratend bei der Gründung der Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgaden tätig. „Mit Ruhe und Gelassenheit hat er Konflikte und Skepsis durch seine Faktenkenntnis ausgeräumt“, sagt Markus Vogt.

Sozial-ökologische Transformation
Prof. Markus Vogt Foto: Petra Kurbjuhn

Die Festschrift erscheint in der Reihe MUTation, wobei der Titel Mut, Tat und Veränderung in einem Wort bündelt und damit für transformative Nachhaltigkeit steht. Markus Vogt erklärt: „Das Autorenteam ist namhaft. Inhaltlich geht es um Hoffnung angesichts des Klimawandels und anderer Katastrophen.“ Die um sich greifende stille Resignation sei seines Erachtens ein entscheidender Faktor für die tiefen Spaltungen und die Zuflucht bei destruktiven Scheinlösungen und Verdrängungen, die unsere Gesellschaft gegenwärtig so sehr belasten.

Der Sozialethiker betont: „Es geht um eine kritische, durchkreuzte und aktive Hoffnung, die sich grundlegend vom Geist des Utopischen unterscheidet.“ Ihn habe das Thema politisch und theologisch im vergangenen Semester in verschiedenen Kontexten intensiv beschäftigt. „Professor Haber ist für mich und viele ein entscheidender Repräsentant dieser Art von Hoffnung.“

Professor Wolfgang Haber
Glasarche auf dem Theaterplatz in Chemnitz. Die Kunstinstallation aus Glas und Holz will die Schönheit und Fragilität der Natur und unsere Verantwortung dafür aufzeigen. Durch die Gebäude im Hintergrund und die Hoffnung ausstrahlende Glasarche im Vordergrund kommt unsere „Doppelnatur“ als homo faber und homo oecologicus gut zum Ausdruck. Foto: Joachim Hamberger

In seinem Beitrag „Hoffnung angesichts der Klimakatastrophe“ charakterisiert Markus Vogt die Ambivalenz des Begriffs der Hoffnung als „Durchquerung des Unmöglichen“, deren Kern eine Mischung aus Gelassenheit und Tatkraft darstelle. Dem entgegen stehe zum einen ein unsachgemäßer Optimismus, der die Erosion in das Vertrauen der Politik beschleunige und zum anderen eine Überzeichnung der Gefahren, die die Stabilität der Demokratie gefährde. Klimaangst könne politisch missbraucht werden, andererseits gebe es ein „roll back“ der Klimapolitik. Die Illusion, das Problem allein mit Climate Engineering zu lösen, sei schon allein durch den Rebounding Effekt zum Scheitern verurteilt.

Eine ungeschönte Analyse der Situation habe Papst Franziskus mit seiner Enzyklika „Laudato Si“ vorgelegt, in der er die Probleme klar darstelle aber auch die Schönheit der Schöpfung hervorhebe, die es zu bewahren gelte.

Immer wieder bezieht sich der Autor auf die Hoffnung, die mit Vaclav Havel zu sprechen, nicht die Überzeugung ist, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht. Sie sei, so Markus Vogt, kein Wissen, sondern Erwartung.

Professor Wolfgang Haber
UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs).

Heute beobachte man zunehmend einen Rückzug ins Private, dem gegenüber aber stehe die Pflicht der Wissenschaft zur Hoffnung beizutragen. Professor Wolfgang Haber verkörpere eine lebenskluge Hoffnung, wobei er aber die Ökologie nicht als Heilslehre verstehe. „Wir müssen mit dem Scheitern umzugehen lernen und nicht aufgeben“, sagt er. Mit seiner lebensfrohen Hartnäckigkeit sei Professor Haber ein Vorbild.

Die Festschrift vereinigt auf 144 Seiten ein Kompendium zum Thema „Nachhaltig hoffen angesichts unbequemer Wahrheiten“. Im 1. Teil wird das Thema „Hoffen angesichts der ökologischen Krise“ von namhaften Autoren beleuchtet. Der 2. Teil widmet sich dem Lebenswerk von Professor Haber als Wegbereiter der Landschaftsökologie.


Kleinteilige Kulturlandschaft am Kronacher Kreuzberg mit Schlehenhecken, Streuobstwiesen und Feldrainen. Foto: Christoph Hiltl

Praxisfelder ökologischer Transformation werden von entsprechenden Experten im 3. Teil vorgestellt. Hier geht es unter anderem um grüne Städteplanung, Ernährung, Biotope, Renaturierung. Der Band schließt mit dem Beitrag „Der Wald – ein Ort der Hoffnung!“ von Joachim Hamberger.
In seinem Epilog stellt er das Beispiel des Bildungswaldes bei Heldburg in Thüringen vor, der ein „Lernort für die Herausforderungen unserer Zeit werden soll: Ressourcenknappheit, Biodiversitätsverlust, Klimakrise – und für das, was unser Hoffen ausmacht: verantwortliches Handeln, ökologisches Denken, kultureller Wandel.“


Ein instabiler Fichtenbestand wurde mit Buche unterbaut. Waldumbau ist Vorsorge, denn wenn die obere Schicht ausfällt, steht der junge Wald schon bereit. Vielfalt führt in eine hoffnungsvolle Waldzukunft. Foto: Joachim Hamberger

Die Festschrift erscheint heute zum Geburtstag von Professor Haber und ist abrufbar unter diesem Link. Am 23.9.2025 wird sie um 12h in Weihenstephan in gedruckter Form vom Laubsänger Verlag bei einem Essen übergeben.

Zum Weiterlesen: Münchner Zentrum für Nachhaltigkeit gegründet

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